Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
erklärte Walker Parrish, der fast genau neben ihm stand. „Mein Kampf.“
Hutch hatte beim Hereinkommen keinen der beiden Parrishs gesehen, weshalb er sich in diesem Moment überrumpelt vorkam. Gleich darauf schubste Walker McQuillan weg von Brylee und holte mit seiner Faust aus, die den Deputy genau am Kinn traf.
Das war der gesamte Kampf gewesen, das und nichts weiter. Aber in den kommenden Tagen würde jeder, der einem anderen davon erzählte, noch irgendeine Kleinigkeit ergänzen, bis irgendwann eine Version kursierte, die mit den tatsächlichen Begebenheiten nichts mehr zu tun hatte.
McQuillan verdrehte die Augen, seine Knie knickten ein, und er landete auf dem Boden. Gleichzeitig fasste Walker seine Schwester am Arm, die gerade noch Zeit genug hatte, ihre Handtasche an sich zu nehmen. Dann wurde sie von ihrem Bruder in Richtung Ausgang gezogen.
„Wir fahren jetzt heim“, verkündete er dabei in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
„Verdammt noch mal, Walker“, brüllte Brylee ihn an und versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu befreien. „Lass mich los! Ich kann auf mich selbst aufpassen!“
Unwillkürlich musste Hutch lächelte, denn Brylee hatte völlig recht: Sie konnte auf sich selbst aufpassen, und auf lange Sicht würde sie damit auch gut fahren.
Ja, diese Frau besaß Temperament, daran gab es keinen Zweifel. Sein Leben hätte so viel einfacher sein können, wenn er nur in der Lage gewesen wäre, sie zu lieben.
Kurz darauf waren die Parrish-Geschwister schon auf dem Parkplatz, und irgendwer half McQuillan hoch. Der rieb sich das Kinn, und er hatte heftiges Nasenbluten, doch davon abgesehen schien er in Ordnung zu sein. Jedenfalls machte er nicht den Eindruck, als müsste man irgendwas nähen oder in Gips legen.
„Ich werde ihn verklagen!“, tobte McQuillan. „Ihr seid alle Augenzeugen! Ihr habt gesehen, was Walker Parrish mir angetan hat!“
„Ach, Treat“, gab einer der Männer zurück. „Gib doch Ruhe. Du hast seine Schwester angefasst, obwohl sie dir gesagt hat, dass sie nicht mit dir tanzen will …“
McQuillans kleine Glupschaugen funkelten wütend. Er versuchte, das Nasenbluten mit dem Hemdsärmel zu stillen, jedoch ohne Erfolg. Ein Teil der Sägespäne auf dem Fußboden würde man heute Abend wegfegen müssen, so viel stand schon mal fest.
„Das ist mein Ernst“, beharrte er aufgebracht. „Parrish hat einen Polizisten tätlich angegriffen, und das wird nicht ohne Konsequenzen bleiben!“
Hutch, der ganz in der Nähe stand, öffnete seine Faust und wartete, bis der Wunsch nachgelassen hatte, McQuillan gleich wieder zu Boden zu schicken, damit der Typ endlich Ruhe gab.
Es gelang ihm auch, und er drehte sich weg, um dorthin zurückzugehen, wo er sein Bier abgestellt hatte. Dabei hätte er fast Brylees beste Freundin Amy Jo DuPree angerempelt.
„Du besitzt tatsächlich die Dreistigkeit, dich hier blicken zu lassen, Hutch Carmody?“, fauchte sie ihn an und stellte sich so dicht vor ihn, dass sie sich fast den Hals verrenken musste, um ihm ins Gesicht zu sehen. Mit ihren knapp eins fünfzig und einem Gewicht von kaum fünfzig Kilo war die Tochter von Frank und Marge DuPree ein Fliegengewicht, ein hübsches dazu, aber sie hatte vor nichts und niemandem Angst, ganz gleich, wie groß ihr Gegner auch war.
In Montana schien es kaum andere als diese zierlichen Frauen zu geben.
Hutch zog eine Braue hoch. „Wie bitte?“, gab er zurück und musste erst lauter werden, da die Jukebox zu dröhnen begann, als Carrie Underwood von Baseballschlägern und Kerosin zu singen begann, die als Rachewerkzeuge zur Anwendung kommen sollten.
Vielleicht ist das ja der Grund, wieso es in letzter Zeit so unmöglich war, mit Frauen zurechtzukommen, überlegte Hutch beiläufig. Denkbar, dass es an diesen aufhetzenden Texten lag, denen sie tagtäglich auf ihren iPods lauschten.
„Du hast mich genau verstanden“, knurrte sie und schlug ihm in die Magengrube, zwar nicht schmerzhaft, aber doch so, dass er den Treffer spürte.
Davon beeindruckt, aber auch verärgert über dieses unfaire Verhalten ihm gegenüber, nahm er Amy Jo am Arm und brachte sie nach draußen. Auf dem Parkplatz war es nur unwesentlich leiser als in der Kneipe, da sich Walker und Brylee erst noch eine Weile gegenseitig anbrüllten, ehe sie dann endlich in Walkers Truck abfuhren. Gleich darauf traf Boone in seinem Streifenwagen ein und ließ seine Sirene einmal kurz und ohrenbetäubend aufheulen, damit auch
Weitere Kostenlose Bücher