Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Wally‘s Wedding World geliehen hatte. Er war bleich und fest entschlossen, nicht zu heiraten, ganz gleich, was er tun musste, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Und das waren nur die Fotos. Videos gab es auch noch. In einem dreißig Sekunden langen Clip war mitanzusehen, wie er auf dem mit Kies bedeckten Parkplatz der Presbyterianerkirche in seinen rostigen Pick-up stieg und eine riesige Staubfahne hinter sich aufwirbelnd in Richtung Horizont fuhr.
Ja, das war er, wie er in aller Eile den Rückzug antrat, wie ein Feigling, der nicht schnell genug weglaufen konnte.
Dieses Bild von ihm hinterließ einen unangenehmen Geschmack im Mund.
Trotz allem ging er davon aus, dass Brylee eines Tages den richtigen Mann finden, heiraten und viele Kinder bekommen würde - und dann würde sie ihm noch mal dankbar dafür sein, dass er diese Hochzeit abgesagt und eine Katastrophe verhindert hatte. Allerdings ging er auch davon aus, dass „eines Tages“ momentan noch in weiter Ferne lag.
Das Zusammentreiben der Ausreißer aus der Herde gemeinsam mit seinen Ranchhelfern hatte Hutch müde gemacht, und sein Ausflug ins Internet hatte keine Ablenkung gebracht. Also fuhr er den Computer herunter und drehte sich vom Sekretär weg, der sich bereits zu Lincolns Zeiten als Präsident im Besitz seiner Familie befunden hatte. Er stand auf, streckte sich ausgiebig, schnappte sich den Kaffeebecher und ging hinüber die Küche.
Er hatte sich an Slades Ratschlag gehalten und die Woche über jegliches Auftauchen in der Öffentlichkeit vermieden. Auch wenn es ihm schwergefallen war, war er nicht zu Brylee gefahren, hatte sie nicht angerufen und ihr nicht einmal eine E-Mail geschickt.
Nicht in Schuldgefühlen zu ersticken war ihm hingegen erstaunlich leichtgefallen. Was vermutlich der Beweis dafür war, dass es sich bei ihm tatsächlich um einen „egoistischen, herzlosen, selbstverliebten Mistkerl“ handelte, wie das einhellige Urteil des Brylee-Fanclubs lautete, der sich mittlerweile vor Neuanmeldungen nicht mehr retten konnte.
Natürlich tat es ihm leid, dass er Brylee wehgetan hatte, und er hätte ihr diese öffentliche Blamage liebend gern erspart. Trotzdem verspürte er vor allem eine so intensive Erleichterung, dass ihm auch jetzt noch, beinahe eine Woche später, immer noch ein wenig schwindlig wurde.
Er hatte die Apokalypse abgewendet, nur das zählte.
Was ihm aber seit einer Woche wirklich zu schaffen machte, das war das Wiedersehen mit Kendra Shepherd im Haus von Slade und Joslyn. Als er sie dort gesehen hatte, war ihm die Luft weggeblieben, so als hätte ein Mustang ihn abgeworfen und rücklings auf einem steinharten Untergrund landen lassen.
Er hatte Kendra einmal geliebt und war der Meinung gewesen, dass sie seine Gefühle erwiderte. Er war davon ausgegangen, mit ihr den Rest seines Lebens zu verbringen, viele Kinder zu zeugen und mit ihr auf der Whisper-Creek-Ranch zu leben, die sie beide als gleichberechtigte Partner führen würden.
Doch dann hatte Jeffrey Chamberlain die Bühne betreten, ein Mann mit Titel und Ländereien in England. Für eine Frau wie Kendra war er praktisch so etwas wie ein Prinz, war sie doch in einer Kleinstadt in Montana von der Großmutter aufgezogen worden, der es überhaupt nicht gefallen hatte, sich um das Kind ihrer Tochter kümmern zu müssen. Chamberlain hatte zu der Zeit Freunde besucht - irgendwelche Hollywoodgrößen, die im prunkvollen Stil das führten, was sie für das Leben auf einer Ranch hielten -, und wie der Zufall es so wollte, kam Sir Jeffrey im Postamt mit Kendra ins Gespräch. Daraus entwickelte sich innerhalb weniger Wochen eine Romanze so epischen Ausmaßes, dass sie einfach kein gutes Ende hatte nehmen können. Dabei hatte Kendra sich nicht einmal Hals über Kopf in Chamberlain verliebt. Anfangs bezeichnete sie ihn nur als einen Freund, einen interessanten und witzigen Freund. Hutch hatte ihre Erklärung akzeptiert, wenn auch unübersehbar zähneknirschend und innerlich vor Eifersucht kochend. In kurzer Zeit wurde das Verhältnis zwischen ihm und Kendra immer angespannter. Chamberlain wusste ganz genau, was er da in Gang gesetzt hatte, und präsentierte immer neue Ausreden, um zu erklären, warum er noch nicht aus Parable abreisen musste. Geduldig wartete er ab und beobachtete, wie sich Kendra und Hutch immer heftiger und bösartiger stritten.
Schließlich hatte Kendra ihn vor die Wahl gestellt: Entweder er vertraute ihr oder er sollte sich von ihr trennen.
Als
Weitere Kostenlose Bücher