Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
umzuwandeln.
Für Kendra war sofort klar, dass dieser Kunde das Haus nicht kaufen würde, aber das machte ihr nichts aus. In der Immobilienbranche ging es immer nur darum, die im Bestand befindlichen Häuser wieder und wieder zu präsentieren, bis der Richtige gefunden war. Es war normal, dass sie eine Menge Köder auswerfen musste, bevor endlich jemand angebissen hatte.
Allerdings war ihre Arbeit im Moment ohnehin das, was sie am wenigsten interessierte. Vielmehr kreisten ihre Gedanken die ganze Zeit über um den Ausdruck dieser Website, der tief in ihrer Handtasche vergraben schlummerte.
Gegen Mittag schloss sie das Büro, packte die stets abenteuerlustige Daisy in ihren Volvo und machte sich auf den Weg in die Nachbarstadt Three Trees.
Sie kannte Brylee Parrish nur flüchtig, immerhin klaffte zwischen ihnen eine Lücke von fünf Jahren, außerdem waren sie in zwei verschiedenen, wenn auch benachbarten Städten aufgewachsen. Aber zumindest wusste sie genau, wo sie sie finden konnte. Brylees erfolgreiches Unternehmen zur Planung perfekter Partys hatte seinen Sitz mit Lagerhaus und Büros am Stadtrand von Three Trees.
Während der Fahrt probte Kendra nicht, was sie ihr sagen würde, weil sie das noch gar nicht so genau wusste. Sie zweifelte außerdem daran, dass Brylee persönlich etwas mit dem Foto im Internet zu tun hatte, doch sie würde wissen, an wen sich Kendra wenden musste.
Als sie vor dem Gebäude von Brylees Firma Décor Galore anhielt, ließ sie das Seitenfenster einen Spaltbreit offen, damit Daisy genug frische Luft bekam. Sie versprach der Hündin, bald wieder da zu sein.
Eine Empfangsdame begrüßte sie mit einem förmlichen Lächeln und einigen verstohlenen Blicken, als sie ihre Chefin anrief, um ihr zu sagen, dass Kendra Shepherd sie sprechen wollte. „In ein paar Minuten hat sie Zeit für Sie“, sagte sie, nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte. Wieder sah sie Kendra nur aus dem Augenwinkel an, als wollte sie ihr einfach nicht direkt ins Gesicht schauen. Mit einem Nicken deutete sie auf eine kleine, geschmackvoll zusammengestellte Sitzgruppe. „Nehmen Sie doch ruhig Platz.“
„Danke, aber ich bleibe lieber stehen“, sagte Kendra höflich.
Als Brylee schließlich den Kopf durch eine Seitentür ins Vorzimmer steckte, reagierte Kendra völlig verblüfft, weil diese Frau mit ihren großen nussbraunen Augen und den zum Pferdeschwanz zusammengebundenen, kastanienfarbenen Haaren so unglaublich gut aussah.
„Kommen Sie bitte?“, bat Brylee sie, wobei ihre geröteten Wangen mit einem Mal blass wurden.
Kendra folgte ihr durch einen langen Korridor, der durch ein Lager führte, in dem hektisches, lautes Treiben herrschte. Schließlich hatten sie ein erstaunlich schlicht eingerichtetes Büro erreicht. Die Einrichtung - ein Schreibtisch, zwei Stühle, unterschiedliche Aktenschränke und ein einzelnes Regal - wirkte so, als sei sie aus ehemaligen Armeebeständen zusammengestellt worden. An den Wänden hingen keine Fotos, nirgendwo fand sich irgendwelche Dekoration oder auch nur irgendein Schnickschnack.
„Setzen Sie sich doch bitte“, sagte Brylee und nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz.
Nachdem Kendra sich ihr gegenüber hingesetzt hatte, holte sie den Ausdruck aus der Tasche und schob ihn über den Tisch. Bei seinem Anblick schluckte Brylee sichtlich, ihre Hände - die nicht im Mindesten manikürt waren - zitterten leicht, als sie das Blatt auseinanderfaltete und glattstrich.
Kendra verspürte ein gewisses Mitgefühl mit dieser Frau. Sie verstand nur zu gut, wie traumatisch es für sie gewesen sein musste, Hutch Carmody zu verlieren, nachdem sie bereits in ihrem Hochzeitskleid dagestanden hatte, umgeben von ihrer Familie und all ihren Freunden, die Zeuge dieses Ereignisses hatten werden wollen.
Brylee seufzte schwer, schloss die Augen und kniff mit Daumen und Zeigefinger ihren Nasenrücken zusammen. Dann straffte sie ihre schmalen Schultern und sah Kendra in die Augen.
„Ich kann nicht davon ausgehen, dass Sie mir glauben werden“, erklärte sie so würdevoll, wie es die Situation zuließ. „Aber ich kann nur sagen, dass ich davon nichts wusste.“
„Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen das nicht glauben sollte“, erwiderte Kendra verhalten. Sie atmete tief durch und redete weiter, wobei sie sich fast von einem Wort zum nächsten hangelte. „Manche Leute … vielleicht sogar sehr viele Leute … würden sagen, dass das nur ein harmloses Foto ist und dass ich deswegen nicht so ein
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