Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
lustlos auf den Teller geklatscht, damit Kendra auch ja begriff, dass ihre Großmutter diese Arbeit als Belastung empfand. Dass sie Kendra als Belastung empfand.
Diese Zeiten liegen in ferner Vergangenheit, hielt sie sich vor Augen. Außerdem hatte sie sie ja ganz gut überstanden. Jetzt konnte sie für Madison eine gute Mutter sein, und das auch aus dem Wunsch heraus, das Mädchen besser zu behandeln, als es ihr selbst widerfahren war.
„Ich würde ja zu gern wissen, was dir gerade durch den Kopf geht“, hörte sie auf einmal Hutch sagen, der sich so dicht neben sie gestellt hatte, dass er sie ohne Weiteres berühren könnte, wenn er das wollte. Warum musste er sie nur immer so aufmerksam beobachten?
„Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, wie glücklich ich bin“, antwortete sie.
Grinsend sah er zu, wie Madison dabei „half“, das Backblech in den zweiten Ofen zu schieben, der in die Wand eingebaut worden war. „Das bist du wirklich“, erwiderte er. In seiner Stimme schwang etwas mit, das ihn nicht mehr ganz so bissig klingen ließ wie zuvor.
Das war eine von Hutchs Eigenarten, die sie bei ihm hatte beobachten können: In dem einen Moment konnte er nett und freundlich sein, und gleich darauf zeigte er sich wieder von dieser anderen, gar nicht so netten Seite. Die meiste Zeit über war es ihr unmöglich, aus ihm schlau zu werden.
Wenig später saßen sie alle - Opal, Madison, Kendra und Hutch - beim Abendessen zusammen, was für Kendra ein wenig zu sehr dem entsprach, was sie sich wünschte. Nachdem sie so hart gekämpft hatte, um ihre Gefühle wieder ins Gleichgewicht zu bringen, kam es ihr nun wieder so vor, als stehe sie kurz vor einem völligen Zusammenbruch.
Aber so nervös sie auch war, hatte sie doch großen Hunger und schaffte es, eine ordentliche Portion von Opals köstlicher Pastete sowie zwei Biskuits zu essen.
Madison hatte einen aufregenden Tag hinter sich, und als das Abendessen vorüber war und alles benutzte Geschirr bereits in der Spülmaschine stand, konnte man ihr anmerken, dass sie mit sich ringen musste, um nicht noch am Tisch einzuschlafen. „Mommy hat gesagt, ich darf Ruffles noch Gute Nacht sagen“, beharrte sie, obwohl sie ständig gähnen musste.
Als Hutch die Kleine vom Stuhl hob und an sich gedrückt hielt, sah er Kendra an, während er antwortete: „Und wenn deine Mommy etwas sagt, dann hält sie auch, was sie verspricht. Komm, wir gehen in den Stall.“
Was hatte das denn heißen sollen? War diese Bemerkung eine Anspielung auf irgendetwas gewesen? Doch Kendra beschloss, nicht noch mehr von ihrer allmählich schwindenden Energie auf Spekulationen zu verwenden, die sich ohnehin nicht aufklären ließen. Sie dankte Opal für das Abendessen und dafür, dass sie Madison bei den Vorbereitungen hatte helfen lassen, dann folgte sie Hutch, Madison und der hellwachen Daisy durch die Hintertür nach draußen. Sie überquerten den Hof und gingen zum Stall, während Madison bereits im Halbschlaf den Kopf auf Hutchs Schulter hatte sinken lassen.
Hutch machte das Licht an, als sie eintraten, und trug Madison bis zu Ruffles‘ Box. Mit gemischten Gefühlen sah sie mit an, wie sich Madison über die Boxentür beugte und den Kopf des Ponys streichelte.
„Gute Nacht, Ruffles“, sagte sie, während sie den anderen Arm fest um Hutchs Hals gelegt hatte, um nicht den Halt zu verlieren. Ganz ernst wies sie das kleine Pferd an, es solle gut schlafen und etwas Schönes träumen.
Dabei spürte Kendra, wie ihr ein Stich durchs Herz ging und wie sich ihre Kehle zuschnürte. Zu spät bemerkte sie Hutchs Blick, der auf sie gerichtet war und wie üblich mehr zu sehen bekam, als es ihr hätte recht sein können.
„Wir sollten jetzt besser gehen“, erklärte sie und musste sich zwingen, diese Worte auszusprechen. Hutch verließ vor ihr die Scheune und setzte mit einer Selbstverständlichkeit Madison in ihren Kindersitz, als würde er das seit Jahren jeden Tag mindestens zweimal machen. Als die Hündin mit einem Satz auf den Rücksitz sprang, lachte er laut auf.
Nachdem er fertig war, musste sich Kendra zurückhalten, damit sie nicht überprüfte, ob er alle Gurte auch wirklich richtig geschlossen hatte. Natürlich hatte er alles richtig gemacht, schließlich war er Hutch Carmody, der Mann, der immer alles richtig machte - jedenfalls dann, wenn er es wollte.
„Danke“, sagte Kendra und stand neben ihrem Wagen. Obwohl es warm war, hatte sie die Arme eng um sich geschlungen. Damit Hutch
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