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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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end­lo­se Wei­te, die die häß­li­chen, tas­ten­den Hän­de des Men­schen nicht mehr er­rei­chen konn­ten. Dort­hin war Reynolds jetzt un­ter­wegs. Hin­auf. Hin­aus. In die Lee­re. Er konn­te es nicht ab­war­ten ab­zu­rei­sen.
    Die Stim­me des Pi­lo­ten drang durch sein Helm­ra­dio lei­se an sein Ohr, ein sanf­tes Ge­mur­mel, nicht laut ge­nug, daß er ver­stan­den hät­te, was der Mann sag­te. Der Pi­lot sprach mit sich selbst, wäh­rend er ar­bei­te­te, und das Sum­men sei­ner Stim­me diente ihm als Weg­wei­ser für sei­ne Ge­dan­ken, da­mit sei­ne Kon­zen­tra­ti­on nicht nachließ. Er war ein jun­ger Mann, Mit­te zwan­zig, wahr­schein­lich ei­ne Leih­ga­be der Air For­ce – ein Leut­nant oder al­len­falls ein Cap­tain. Er war kaum alt ge­nug, um sich an die Zeit zu er­in­nern, da der Welt­raum wirk­lich noch ei­ne Gren­ze war. Die Mensch­heit hat­te be­schlos­sen, sich hin­aus­zu­wa­gen, und Reynolds war ei­ner der Aus­er­wähl­ten ge­we­sen, die die Rie­sen­schrit­te voll­zie­hen soll­ten, aber viel Zeit war ver­gan­gen: Was vor zwan­zig Jah­ren rie­si­ge Schrit­te ge­we­sen wa­ren, das wa­ren jetzt nur noch Ab­drücke im Staub der Jahr­hun­der­te, und der Mensch kehr­te zu­rück. Von sei­nem Sitz aus konn­te Reynolds drau­ßen ex­akt fünf­zig Pro­zent des ame­ri­ka­ni­schen Raum­fahrt­pro­gram­mes se­hen: die hoch­ge­wölb­te Bla­se der Mond­ba­sis. Die an­de­re Hälf­te war das Space Lab im Or­bit der Er­de selbst, ein ver­wit­ter­tes Re­likt aus den ex­pan­si­ven sieb­zi­ger Jah­ren. Ein Stück hin­ter dem na­he ge­le­ge­nen Ho­ri­zont – viel­leicht hun­dert Mei­len ent­fernt – hat­te es ein­mal ei­ne zwei­te Bla­se ge­ge­ben, aber die war jetzt ver­schwun­den. Die tap­fe­ren Män­ner, die dort ge­lebt und ge­ar­bei­tet hat­ten, ge­stor­ben oder da­von­ge­kom­men wa­ren – auch sie wa­ren al­le fort. Wo­hin? Die Rus­sen be­trie­ben im­mer noch ei­ne Raum­sta­ti­on im Or­bit, und ein paar der frü­he­ren Mond­ko­lo­nis­ten wa­ren zwei­fel­los dort, aber wo war der Rest? In Si­bi­ri­en? Ob sie jetzt dort ar­bei­te­ten? Hat­ten die Rus­sen nicht ent­schie­den, daß Si­bi­ri­en, das al­te git­ter­lo­se Ge­fäng­nis­land der Za­ren und der frü­hen Kom­mu­nis­ten, als Grenz­land prak­ti­scher sei als der Mond?
    Und hat­ten sie nicht viel­leicht recht? Die­ser Ge­dan­ke be­hag­te Reynolds nicht, denn er hat­te sein Le­ben die­ser Sa­che ge­wid­met – dem Mond und der end­lo­sen Lee­re da­hin­ter. Aber wenn er, wie jetzt, durch das künst­li­che Fens­ter sei­nes An­zu­ges späh­te und die kah­le Bla­se der Ba­sis sah, die am Ran­de die­ser to­ten Welt hing wie ei­ne War­ze im Ge­sicht ei­nes al­ten Wei­bes und über­aus ver­wund­bar, dann fiel es ihm schwer, einen Sinn dar­in zu se­hen. Er war alt ge­nug, um sich dar­an zu er­in­nern, wie ihn der Geist der Er­obe­rung zum ers­ten Mal be­rührt hat­te. Als Schul­jun­ge hat­te er einen Film über die Erst­be­stei­gung des Mount Ever­est ge­se­hen – das war 1956 oder 1957 ge­we­sen –, und als er die­sen Film sah, die Schat­ten der blei­chen Berg­stei­ger, wie sie sich an den Rand des wei­ßen Got­tes klam­mer­ten, da hat­te er ge­wußt, daß es das war, was er wer­den woll­te. Und man hat­te ihn nie ei­nes an­de­ren be­lehrt – doch als er end­lich alt ge­nug war, wa­ren al­le Ber­ge längst er­obert ge­we­sen. Und so war er Astro­nom ge­wor­den, und wenn er schon nichts an­de­res zu tun ver­moch­te, so konn­te er doch we­nigs­tens hin­aus auf die fer­nen, leuch­ten­den Gip­fel in der Wei­te bli­cken; und von dort aus hat­te er sein Trach­ten in den Welt­raum ge­rich­tet. So war er zum Mars ge­kom­men und be­rühmt ge­wor­den – aber der Ruhm hat­te ihn nach in­nen ge­kehrt, und so wä­re er oh­ne sei­ne strah­len­de Ver­gan­gen­heit jetzt nur ei­ner von je­nen zahl­lo­sen, an­ony­men al­ten Män­nern ge­we­sen, die ver­streut in den Städ­ten der Welt le­ben, in iden­ti­schen, schmuck­lo­sen Bü­cher­zim­mern, und täg­lich in mie­sen Re­stau­rants es­sen, in Ge­dan­ken im­mer Mil­li­ar­den von Mei­len weit fort von den to­ten Hül­sen ih­rer Kör­per.
    „Wir

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