Der Bernstein-Mensch
Zähnen. „Morgen kommt eine Gruppe von Leuten aus Washington her. Sie wollen sich mit deinen Schoßhündchen unterhalten. Es scheint, daß niemand – und Vonda am allerwenigsten – mit deinen Fortschritten besonders glücklich ist.“
„Ich schon.“
Sims zuckte die Achseln, als wollte er sagen: Das ist ziemlich egal.
„Die Aliens werden sie niemals empfangen“, murmelte Reynolds.
„Was wollen sie denn machen? Die Fußmatte reinholen? Das Licht ausknipsen? Das wird nicht klappen.“
„Aber das wird alles verderben. Meine ganze bisherige Arbeit.“
„ Welche Arbeit?“ Sims stand auf, kam um den Tisch herum und blieb hoch aufragend vor Reynolds stehen. „Kein Mensch kann sehen, daß du irgend etwas erreicht hast, seit du dich dort oben herumtreibst. Die Leute wollen Resultate, Bradley, und nicht einen Haufen heiße Luft. Und bis jetzt hat man von dir nur die Luft gekriegt. Das ist nicht dein Privatvergnügen. Dies ist eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte der menschlichen Rasse. Wenn das jemand wissen sollte, dann du. Herrgott noch mal.“ Und er wanderte wieder zu seinem Stuhl zurück. Seine Pfeife wippte auf und nieder.
„Was wollen sie von mir?“ fragte Reynolds. „Sieh mal – sie haben bekommen, was sie wollten. Die Aliens haben zugestimmt, daß ein Team von Wissenschaftlern ihr Schiff studiert.“
„Wir wollen jetzt aber mehr als das. Unter anderem wollen wir, daß ein Alien herunterkommt und Washington besucht. Denk doch nur an den Propagandawert! Und im Augenblick haben wir so etwas verdammt nötig. Hier sind wir, das einzige Land mit genug Verstand, um auf dem Mond zu bleiben. Und unsere Anwesenheit hier hat sich endlich in einer Weise bezahlt gemacht, die die Politiker verstehen können. Sie haben dir einen Monat Zeit gegeben zum Herumspielen – schließlich bist du ein Held, und die Publicity ist auch nicht schlecht –, aber wie lange sollen sie denn deinetwegen noch warten? Nein, sie wollen, daß etwas passiert, und ich fürchte, sie wollen, daß es jetzt passiert.“
Reynolds war bereit zu gehen. Mehr würde er hier kaum erfahren können. Außerdem wußte er schon, was er würde tun müssen. Er würde Kelly suchen und ihr sagen, sie müsse die Männer von der Erde von den Aliens fernhalten. Falls sie nicht zustimmte, würde er hinaufgehen und die Aliens informieren, und sie würden zur Sonne abreisen. Aber wenn Kelly ihn nun nicht gehen lassen wollte? Damit mußte er rechnen. Aber nein – er würde einfach folgendes sagen:
Wenn Sie mich nicht zu ihnen lassen, wenn Sie versuchen, mich von ihnen fernzuhalten, dann werden sie wissen, daß etwas nicht stimmt, und abreisen, ohne sich noch einmal umzusehen. Vielleicht könnte er ihr sogar weismachen, die Aliens seien Telepathen. Er bezweifelte, daß sie es besser wußte.
Er hatte sich alles genau zurechtgelegt. Es konnte gar nicht schiefgehen.
Er hatte die Hand bereits auf der Türklinke, als Sims ihn zurückrief.
„Da ist noch etwas, was ich dir besser sagen sollte, Bradley.“
„Was?“
„Vonda. Sie ist auf deiner Seite. Sie hat ihnen gesagt, sie sollten wegbleiben, aber es hat nichts genützt. Man hat sie beurlaubt. Der Nachfolger kommt zusammen mit der Gruppe.“
6
Reynolds saß in seinem Druckanzug im Cockpit der Fähre und beobachtete den Piloten neben ihm, wie er das Ritual der letzten Inspektion vor dem Start vollzog. Die tote, trostlose Oberfläche des Mondes erstreckte sich ein Stück weit vor der Raumfähre; der Horizont lag so nahe, daß man glaubte, ihn berühren zu können. Reynolds mochte den Mond. Wenn er ihn nicht gemocht hätte, hätte er kaum beschlossen, für immer hierher zurückzukehren. Es war die Erde, die er haßte. Noch besser als der Mond war der Weltraum selbst, jene dunkle,
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