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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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um­kreist, und Reynolds war recht zu­frie­den mit den Fort­schrit­ten, die er bis jetzt ge­macht hat­te, vor al­lem wäh­rend der letz­ten zehn Ta­ge, da Kel­ly auf­ge­hört hat­te, ihn auf sei­nen täg­li­chen Fahr­ten zu dem Raum­schiff im Or­bit zu be­glei­ten. Seit­her hat­te er sie nicht ein­mal zu Ge­sicht be­kom­men, und sie hat­ten nur ein ein­zi­ges Mal mit­ein­an­der te­le­fo­niert. Und jetzt war sie auch nicht hier. Das war merk­wür­dig, denn es war Mit­tags­zeit, und sie aß stets hier mit den an­de­ren.
    Reynolds hat­te in der Ca­fe­te­ria einen Tisch für sich. Das Es­sen war mi­se­ra­bel, aber das war es im­mer ge­we­sen, und er hat­te sich mitt­ler­wei­le dar­an ge­wöhnt. Was ihn al­ler­dings be­un­ru­hig­te, jetzt, da er dar­über nach­dach­te, war Kel­lys Ab­we­sen­heit. Er selbst Heß das Mit­tages­sen meis­tens aus. Er ver­such­te sich zu er­in­nern, wann er zum letz­ten Mal hier­ge­we­sen war. Es war mehr als ei­ne Wo­che – nein, mehr als zehn Ta­ge her. Die Er­kennt­nis er­füll­te ihn mit Un­be­ha­gen.
    Er beug­te sich vor und ver­such­te, die Auf­merk­sam­keit ei­nes Mäd­chens am Ne­ben­tisch zu er­re­gen. Er kann­te sie flüch­tig; ihr Va­ter war ein ho­hes Tier bei der NA­SA ge­we­sen, als er noch ein Star-Astro­naut war. An den Na­men des Man­nes konn­te er sich nicht mehr er­in­nern. Die Toch­ter hat­te ein sü­ßes klei­nes Ge­sicht und einen kur­ven­rei­chen Kör­per, der et­wa zwei Num­mern zu groß für ih­ren Kopf war. Au­ßer­dem hat­te sie ein Hirn, das für die meis­ten Din­ge zu be­schränkt war. Sie ar­bei­te­te in der Ver­wal­tung, und das be­deu­te­te, daß sie mit den meis­ten Män­nern auf der Ba­sis ir­gend­wann ein­mal ge­schla­fen hat­te.
    „Ha­ben Sie Kel­ly ge­se­hen?“ frag­te er sie.
    „Muß in ih­rem Bü­ro sein.“
    „Nein, ich mei­ne, wann ha­ben Sie sie zum letz­ten Mal hier ge­se­hen?“
    „Hier drin? Oh …“ Das Mäd­chen dach­te einen Mo­ment lang nach. „Ißt sie nicht mit den an­de­ren Chefs?“
    Kel­ly aß nie­mals mit den an­de­ren Chefs. Sie aß im­mer in der Caféte­ria – aus Grün­den der Mo­ral –, und die Tat­sa­che, daß das Mäd­chen sich nicht er­in­ner­te, sie ge­se­hen zu ha­ben, be­deu­te­te, daß es min­des­tens ein paar Ta­ge her sein muß­te, seit Kel­ly das letz­te Mal auf­ge­tre­ten war. Reynolds ließ sein Es­sen ste­hen und stand auf. Er nick­te dem Mäd­chen höf­lich zu und eil­te da­von.
    Der Weg war nicht weit, aber er rann­te. Er hat­te nicht vor, Kel­ly auf­zu­su­chen. Er wuß­te, daß das nutz­los sein wür­de. Statt des­sen woll­te er zu John Sims. Mit zwei­und­fünf­zig war Sims der Zwei­t­äl­tes­te Mann auf der Ba­sis. Wie Reynolds war er ein ehe­ma­li­ger Astro­naut. 1999, als Reynolds, da­mals noch ein be­rühm­ter Mann, in Sào Pau­lo leb­te (das ers­te von drei Ma­len), hat­te Sims die zwei­te (und die ers­te er­fol­grei che) Mars­ex­pe­di­ti­on ge­lei­tet.
    Sims und sei­ne Mann­schaft wa­ren in ei­nem be­schleu­nig­ten, ener­gie­auf­wen­di­gen Bo­gen zum Mars ge­flo­gen, sorg­fäl­tig be­ob­ach­tet von Psy­cho­ana­ly­ti­kern, die das Höchst­maß an ver­träg­li­cher Iso­la­ti­on her­aus­fan­den und ih­re auf­knos­pen­den Neu­ro­sen glatt­bü­gel­ten. Nach ih­rer An­kunft und in gu­ter Ge­müts­ver­fas­sung hat­ten sie da­mit be­gon­nen, die Wahr­heit über das mar­sia­ni­sche Le­ben her­aus­zu­fin­den – näm­lich, daß ein­hei­mi­sche Le­bens­for­men exis­tiert hat­ten, in­zwi­schen aber von vi­ru­len­ten Erd­mi­kro­ben so weit ver­än­dert wor­den wa­ren, daß man ih­re wah­re Na­tur nie mehr wür­de in Er­fah­rung brin­gen kön­nen. Kei­ne noch so um­fang­rei­che che­mi­sche Ana­ly­se konn­te die Wol­ke der Kon­ta­mi­na­ti­on durch­drin­gen und einen Blick auf die Ver­gan­gen­heit er­mög­li­chen.
    Die­se end­gül­ti­ge, de­mü­ti­gen­de Ant­wort war zehn Jah­re spä­ter ge­kom­men, aber für ein paar kur­ze Mo­na­te war Sims ein be­rühm­ter Mann ge­we­sen. Den­noch, er hat­te nicht mehr er­reicht als man na­tur­ge­mäß er­war­tet hat­te; nie­mals hat­te er dem Tod ins Au­ge ge­se­hen. Reynolds da­ge­gen

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