Der Bernstein-Mensch
Chaos. Er hatte versucht, seinen Raum so einzurichten, daß er in jeder geistigen Stimmung Trost finden könnte. Aber jetzt gab es nichts, was ihm Halt gegeben hätte, nicht Christus und nicht Buddha. Die war ein ganz und gar weltliches Problem, wie Sex.
„Ich fürchte, ich habe unangenehme Nachrichten für euch, Mara, Corey. Ich habe soeben diesen Funkspruch erhalten.“ Er wies auf einen Stuhl.
Mit einer geübten Bewegung griff sie über den Tisch und nahm ihm die Nachricht aus der Hand. Blitzschnell hatte sie sie gelesen. „Das habe ich erwartet.“ Sie reichte ihm die Nachricht zurück.
„Und was willst du tun?“
Sie grinste. „Siehst du das nicht verkehrt herum, Bradley? Du bist es, der etwas tun muß.“
Er wußte, daß sie recht hatte. „Mara, ich muß …“
Sie ignorierte ihn einfach und flüsterte mit dem Kasten. „Man hat uns unserer Menschenrechte entkleidet, Corey. Man hat uns die Bürgerrechte genommen. Die Erde hat endlich entschieden, daß ein Supermensch kein Mensch ist. Wir sind jetzt Staatseigentum. Sie haben uns gemacht, und wir gehören ihnen.“
Wenn die beiden so vertraulich miteinander redeten, fühlte Bradley sich immer verloren, wie ein Alien in einem Lande, dessen Sprache nicht die seine war. „Mara, die Sache ist ernst. Genetische Experimente sind verboten worden. Auf der Erde entsteht eine Art religiöser Renaissance. Ich fürchte, ich habe die Nachrichten der letzten Zeit nicht gebührend beachtet.“
Corey gab plötzlich summend Informationen von sich. „Das Wiedererstehen des Christentums. Der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen. Manips eine Lästerung, eine Blasphemie. Vierzehn Sitze bei der letzten Wahl zum Vereinigten Kongreß.“
Mara zündete eine ihrer langen Zigarren an und paffte ruhig. Sie betrachtete den wachsenden Aschekegel und klopfte ihn dann ab; angelegentlich beobachtete sie, wie die Asche zu grauen Fragmenten zerfiel.
„Wenn der Elefant im Zelt des Arabers steht, ist es zu spät, um noch ‚Besetzt!’ zu rufen.“
Corey sirrte. Gelächter?
„Was ist daran komisch?“ fragte Bradley.
„Ihr denkt nicht schnell genug.“ Mara ließ sich abrupt in den Stuhl fallen und legte die Stiefel auf seinen Schreibtisch. „Wie hoch ist gegenwärtig die Nippiebevölkerung – ich liebe dieses Wort – auf der Erde?“
Ihm blieb nichts übrig, als mitzuspielen. „Ein paar Hundert.“
„Dreihundertsiebzehn. Und weißt du, wo sie sind, wo sie leben, arbeiten, denken, defäkieren? Überlege es dir, Bradley. Sind es Bauern, Ingenieure, Programmierer, Dichter, Maler?“
„Sie sind in der höheren Wissenschaft tätig, denke ich.“
„Und die höchste der höheren Wissenschaften?“
Sein Lehrer in Tunesien war ähnlich vorgegangen; er hatte seine Schüler gezwungen, die Quellen ihrer eigenen Weisheit freizulegen. „Ist das nicht Ansichtssache? Physik? Biologie?“
„Himmel, Bradley!“ Wieder wehte ein Stück Asche zu Boden. „Krieg.“
„Krieg?“
„Wir kontrollieren eure Arsenale. Ohne uns werden sie nicht funktionieren. Glaubst du, wir sind dumm und sehen die Wahrscheinlichkeiten nicht? Dies kommt nicht ganz unerwartet.“
„Du sprichst von einer Art nuklearer Erpressung.“
Sie grinste. „Jetzt hast du begriffen. Erschrocken?“
„Eher entsetzt.“ Er beugte sich vor und sah in ihre blauen Augen. „Erpressung ist nur wirksam, wenn man bereit ist ernstzumachen.“
„Das sind wir.“
„Mara, ihr werdet die Welt nicht in die Luft sprengen.“ Ein vibrierendes Schweigen hing zwischen ihnen. Bradley fühlte, wie Angst in ihm hochstieg.
„Wer redet denn von der Welt? Sucht euch eine Stadt aus. Dann zwei. Laßt uns in Ruhe, oder wir jagen sie eine nach der anderen in die Luft.“ Sie schnippte mit den
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