Der Bernstein-Mensch
wir einen Haufen Geld hier draußen.
MARA: Aber sie kommen von dort.
VANCE: Es muß schön sein, sich in allem so sicher zu sein.
BRADLEY: Sicher ist für mich gar nichts, aber ich habe mit Delphinen gearbeitet. Corey ebenfalls. Wenn wir auf Jupiter kein Leben finden, gibt es im Sonnensystem nichts, was unserer hypothetischen Lebensform näher käme als sie. Die Delphine hatten lange vor uns ein stattliches Vorderhirn und ein ausgeprägtes Kleinhirn. Schon vor fünfzehn, zwanzig Millionen Jahren. Sie entwickelten eine komplexe Geschichtenerzähler-Kultur. Es ist verblüffend. Sie hatten niemals die geringste Ahnung von Technologie.
MARA: Oder die Wale. Sie waren intelligent – das hat sich in sämtlichen Analysen gezeigt –, aber ihr habt sie ausgerottet. Sie waren nicht in der Lage, sich gegen ein paar technologische Ahabs zu verteidigen.
BRADLEY: Sie haben ihren Verstand für andere, bessere Dinge benutzt.
MARA: Inwiefern ist Sterben denn besser?
BRADLEY: Die Wale benutzten die Oberfläche der Ozeane als Ruheplatz. Dort atmeten sie, sie arbeiteten, paarten sich, gebaren ihre Jungen. Wir fingen sie da, wo sie am verwundbarsten waren. Sie haben nie gelernt, sich dieser Bedrohung zu erwehren.
MARA: Dies können wir also nicht verallgemeinern. Nichts auf dem Jupiter könnte wissen, daß es so etwas wie eine Oberfläche gibt. Das Ammoniak ist Hunderte von Kilometern dick.
TSUBATA: Aber die Mondhypothese haben wir nie verworfen. Mir kam sie immer schon einleuchtender vor.
BRADLEY: Vielleicht. Ich habe gerade ein paar Berichte von Ganymed gesehen. Die Umgebung wirkt durchaus vielversprechend, wenn man sich eine Lebensform vorstellen kann, die sich bei 150° Kelvin entwickelt. Aber Titan sieht schon besser aus.
MARA: Hat man schon etwas über die Strahlungstransfer-Mechanismen in der Titanatmosphäre herausgefunden? Die Konvektion zwischen den einzelnen Schichten dürfte ausreichen, um eine recht umfassende Ökologie hervorzubringen.
BRADLEY: Ja, aber sie tut es nicht. Es gibt kein Leben auf Titan.
VANCE: Soweit wir wissen.
MARA: Was ist mit diesen Kristallstrukturen?
VANCE: Tja, sie bewegen sich nicht. Allerdings scheinen sie untereinander Material auszutauschen, aber man kann nicht von einer Ökologie sprechen.
MARA: Er sagte nicht ‚Ökologie’, er sagte ‚Leben’. Bradley, ich dachte, diese Kristalldinger seien abhängig von den Kältefallen bei den Polen, wo sich das Methan und das Ammoniak ansammelt. Damit bleibe Wasser doch das einzige flüchtige Kondensat bei 150° Kelvin.
TSUBATA (leise summend): Was ist das für eine Musik?
MARA: Rossini. Ich will ja zugeben, daß die Mondhypothese etwas für sich hat. Aber wieso zeigt das Puzzle überhaupt keinen Mond? Ich halte es für unwahrscheinlich, daß sie nicht zwischen Satelliten von Planeten und den Planeten selbst unterscheiden können.
TSUBATA: Vielleicht halten sie das für selbstverständlich.
VANCE: Wieso?
TSUBATA: Für etwas, das auf einem Mond lebt, muß ein Planet wie der Jupiter bösartig und feindselig wirken. Wir, andererseits, geben viel mehr Geld aus, um den Jupiter zu studieren, als für die Erforschung von Titan. Alles wird von Vorurteilen geprägt.
VANCE: Dieser Nachtisch ist scheußlich. Ich glaube immer noch, daß auch Wesen auf einem Mond einen Unterschied erkennen würden. Sie würden wissen, daß manche Planeten ebenso groß sein können wie Monde.
MARA: Aber die erdähnlichen Planeten im Alpha-Libra-System sind wahrscheinlich zu nahe und deshalb völlig verbrannt. Es ist schon, wie Kurt sagt – Vorurteile beherrschen alles.
COREY: Vielleicht führen sie uns in die Irre –
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