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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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er­war­te­te, ir­gend­wo hier drau­ßen zu ster­ben. Sie hat­ten ihm Tu­ne­si­en ge­nom­men, aber er hat­te sich ein neu­es Klos­ter ge­schaf­fen, hier ne­ben dem Ju­pi­ter – sein Bü­ro.
    Bin ich gleich­gül­tig ge­wor­den? frag­te er sich, und er dreh­te die Nach­richt in den Hän­den. Ist mein Herz im Lau­fe der Jahr­zehn­te kalt und ver­krus­tet ge­wor­den? Oder bin ich nur spar­sa­mer mit mei­ner Zu­nei­gung? Füh­le ich noch ge­nau­so wie frü­her, und sind nur die Din­ge, die mir am Her­zen lie­gen, we­ni­ger ge­wor­den?
    Er fand, daß Ma­ra und Co­rey ihm am Her­zen la­gen, wenn er sie auch nicht gern hat­te. Die­se ge­ne­ti­schen Fre­aks, die­se Nip­pies – ih­re blo­ße Exis­tenz war ihm schon ein Ab­scheu. Ei­ne mit­tel­al­ter­li­che Ein­stel­lung viel­leicht, aber fest ver­wur­zelt in sei­nem Glau­ben, daß man die mensch­li­che Ras­se im Großen nicht voll­kom­me­ner oder bes­ser ma­chen konn­te. Er hat­te die letz­ten fünf­zig Jah­re sei­nes ei­ge­nen Le­bens mit dem ver­geb­li­chen Ver­such hin­ge­bracht, ei­ne ein­zel­ne See­le (sei­ne ei­ge­ne) zu­min­dest in man­chen Punk­ten zu ver­voll­komm­nen, und er war ganz und gar nicht si­cher, daß ihm das ge­lun­gen war. War Ma­ra ein Fort­schritt? In sei­nen Au­gen nicht. In­tel­li­genz war ei­ne Tu­gend, de­ren Be­deu­tung da­hin­schwand, wenn man äl­ter wur­de. Und Co­rey? Der Ge­dan­ke ließ ihn schau­dern.
    Er dach­te zu­rück an ei­ne jun­ge Frau, die er in sei­nen letz­ten Jah­ren in dem tu­ne­si­schen Klos­ter ge­kannt hat­te, Ca­the­ri­ne Mc­Clair, ei­ne from­me, ge­bil­de­te Chris­tin, die ihm ei­nes stil­len, schweig­sa­men Nach­mit­tags an­ver­traut hat­te, daß der Mes­si­as zur Er­de ge­kom­men sei.
    Er nahm leicht ih­re Hand; die glat­te, zar­te und vom Al­ter un­be­rühr­te Haut zu spü­ren er­weck­te ein glück­li­ches Ge­fühl in ihm. „Wel­chen meinst du?“ Er er­war­te­te einen Scherz. „Es gibt meh­re­re.“
    „Nein, kei­ner von de­nen.“ Ih­re Lip­pen wa­ren rot ge­schminkt, ei­ne ur­al­te Mo­de; ihr ein­fach zu­rück­ge­bun­de­nes Haar ent­hüll­te ein ova­les Ge­sicht. „Chris­tus war die In­kar­na­ti­on Got­tes. Ich mei­ne die In­kar­na­ti­on des Men­schen.“
    „Das mußt du mir er­klä­ren, Cas­sie.“
    Sie schwitz­te nie­mals in der Um­hül­lung ih­res oliv­far­be­nen Ka­pu­zen­man­tels. Die Wüs­ten­hit­ze stieg tro­cken und bren­nend zum Him­mel. „Gott schuf den Men­schen. Glaubst du das nicht auch?“
    „Ge­le­gent­lich, ja.“
    „Dann mußt du mir auch zu­stim­men, daß es das höchs­te Ziel des Men­schen sein muß, die­sen Pro­zeß um­zu­keh­ren und Gott zu schaf­fen.“
    „Nein.“
    „Und das hat man ge­tan. Durch die Ma­ni­pu­la­ti­on …“
    „Nicht die­se Mons­ter, Cas­sie!“ Der Schock des Grau­ens ließ sei­ne Hän­de zit­tern. Bis zu die­sem Au­gen­blick hat­te Br­ad­ley die Frau be­nei­det. Er woll­te ihr hel­fen. „Ich bin nicht völ­lig un­in­for­miert. Ei­ner von ih­nen ist in Hou­ston. Ein Ding in ei­nem Stahl­kas­ten. Es ist nicht ein­mal ein Mensch, Cas­sie. Wie kannst du es Gott nen­nen?“
    „Und Ma­ra?“ frag­te sie.
    „Wer?“ Ihm fiel ein, daß Cas­sies Va­ter Ge­ne­ti­ker war. Hat­te sie ih­re Ide­en viel­leicht von ihm?
    „Va­ter kennt sie. Ma­ra ist die, mit der es ge­klappt hat. Bis jetzt ha­ben sie sie un­ter Ver­schluß ge­hal­ten. Die Schwach­köp­fe kön­nen das Wun­der, das sie ge­schaf­fen ha­ben, nicht be­grei­fen. Aber sie ist es, Br­ad­ley. Ma­ra ist … sie ist gött­lich.“
    Manch­mal frag­te er sich, wie­vie­le zu­künf­ti­ge Ca­the­ri­ne Mc­Clairs wohl auf der Er­de le­ben moch­ten. Hat­te es des­we­gen je­mand so ei­lig ge­habt, Ma­ra hier­her zum Ju­pi­ter zu schi­cken?
    Die Bü­ro­tür öff­ne­te sich und Ma­ra trat ein. Co­rey, ti­ckend in sei­nem Kas­ten, war bei ihr.
    „Mach es kurz, Br­ad­ley“, sag­te Ma­ra. „Tsuba­ta und ich wol­len in ei­ner Stun­de hin­aus.“
    Br­ad­ley be­trach­te­te sei­nen Schreib­tisch, die ge­schlif­fe­ne Plat­te, den Ach­ten Avat­a­ra. Hoch oben auf ei­nem der Bü­cher­re­ga­le tanz­te Shi­va eben­falls – das kon­trol­lier­te

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