Der Bernstein-Mensch
Sprache, und wir sprechen eine andere. Wer wäre da besser geeignet, das Rätsel zu lösen, als ich? Ich spreche auch nicht dieselbe Sprache.“
„Für mich klingt es wie Englisch.“
„Ja und nein. Ich habe nichts gegen dich, aber weder du noch irgendein anderer Mensch kann auch nur im geringsten verstehen, was im Innern meines Verstandes vor sich geht. Und ich bin noch nicht halb so unergründlich wie beispielsweise Corey.“
„Weil du intelligent bist?“
„Unter anderem.“
„Weil du keine Eltern hattest?“
„Das ist nicht so wesentlich. Nein, es ist einfach, weil ich anders bin – ich weiß nicht, wie ich es sonst ausdrücken soll.“ Sie lächelte. „Wenn ich es besser beschreiben könnte, würde es das Problem überhaupt nicht geben.“
Bradley kam überraschend schnell. Die Falten in seinem Gesicht schienen sich in den letzten Tagen verbreitert und vermehrt zu haben. Zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, spürte Mara die wahren Auswirkungen, die das ungeheure Alter dieses sonderbaren Mannes hatte. Er hatte immer wie fünfzig oder höchstens sechzig ausgesehen. Jetzt hatte er die hundert hinter sich gelassen.
„Gerade als ich mein Büro verließ, kam wieder ein Signal herein. Das Ultimatum ist noch einmal verlängert worden.“
„Welches Ultimatum?“ fragte Tsubata.
Bradley runzelte ärgerlich die Stirn. „Das, welches ihre Nippies gesetzt haben, ehe sie zehn Millionen Menschen vernichten.“
„Sie werden es nicht tun“, sagte Mara. „Du hattest die ganze Zeit recht, Bradley. Es ist nur ein Bluff.“
Ihre Worte trösteten ihn nicht. Er hockte sich auf den Boden in den grauen Schatten des Schachtisches. Es war keine eindrucksvolle Pose; er sah sehr müde aus. „Wenn ich sie wäre, wäre es keiner.“
„Du würdest die Welt zerstören, um dich zu retten?“ fragte Mara verblüfft.
„Ja.“ Er nickte traurig. „Um mein Volk zu retten.“
„Nun, aber es wird nicht geschehen.“ Ihre Stimme klang gedämpft. „Du sagst, es habe eine Verlängerung gegeben.“
„Wir werden sehen.“ Er stand abrupt auf, wie mechanisch. „Aber deswegen hast du mich nicht gerufen.“
„Nein.“ Sie streckte den Arm aus und nahm das Papier mit dem Puzzle vom Bett. „Es geht um das hier. Ich habe eine Idee.“
Er nickte. „Sagtest du schon. Und was für eine?“
„Ich …“ Sie sah, daß ihn das nicht zufriedenstellen würde. „Ich möchte es dir eigentlich jetzt nicht sagen, noch nicht. Ich weiß nicht genug. Es kam durch etwas, was Corey mir einmal erzählt hat. Über die Delphine.“
„Ich weiß von den Delphinen.“
„Ja, aber das war erst der Anfang.“
Kaum ein Funke von Interesse war in seinen Zügen aufgeflackert. Sie sah, daß Bradley die Streitereien und den beständigen politischen Stellungskrieg satt hatte. Tom Rawlins wollte immer noch, daß Bradley seines Amtes als Commander enthoben wurde. Es war seltsam, aber Rawlins erwies sich oft als ein Mann von machtvoller Überredungsgabe. „Kurt“, sagte Bradley, „wissen Sie mehr darüber?“
„Kein bißchen. Ich war nicht hier, als sie ihre Idee hatte.“
Bradley schüttelte den Kopf. „Mara, das alles kommt mir nicht sehr dringlich vor.“
„Aber es ist nicht alles.“ Mara merkte, wie ihre Stimme lauter wurde, und bemühte sich, einen schrillen Ton zu unterdrücken. „Ich brauche deine Erlaubnis. Meine Idee. Ich will es nicht dabei belassen. Ich will hinaus.“
Bradley runzelte verständnislos die Stirn. „Das ist unmöglich.“
„Sagen Sie das“, fragte Tsubata mit überraschender Heftigkeit, „oder ist es Rawlins?“
Mara war taktvoller. „Es ist unbedingt notwendig, Bradley.“
„Nein, das ist es nicht. Wenn es das wäre, würdest du mir sagen, worum es sich handelt. Wenn ich es wagen wollte, dich aus diesem Zimmer zu lassen,
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