Der Bernstein-Mensch
würde man mich nicht nur feuern, sondern auch lynchen. Du warst einmal draußen – mit Kurt. Es hat nichts gebracht.“
„Diesmal will sie weiter“, sagte Tsubata.
„Zum Jupiter“, sagte Mara. Sie holte tief Luft und ließ ihre Worte dann in einem Schwall explodieren. „Mit einem Gleitschiff in die Atmosphäre.“
Bradley schüttelte verdattert den Kopf. Er sah Tsubata an, nicht Mara. „Jetzt ist einer von euch beiden verrückt geworden. Was könnt ihr denn da finden, was eine unbemannte Sonde nicht finden könnte?“
„Leben. Intelligentes Leben.“
„Du wirst zu einem Häufchen Asche verbrennen, Mara.“
„Dann lassen Sie mich gehen“, sagte Tsubata. „Mara ist wichtig. Es ist eine Beeinträchtigung für das Orb, wenn sie stirbt. Aber ich bin ersetzbar. Mich können Sie aufs Spiel setzen.“
„Nicht für nichts.“ Bradley blieb unerschüttert auf seinem Standpunkt. „Mara hat keinem von uns erklärt, wieso es nötig ist, daß jemand stirbt.“
„Weil …“ begann Mara.
Ein Summen unterbrach sie. Ein Grollen. Ein Surren. Corey leuchtete plötzlich voller Leben. Seine Stimme kam schnurrend. „Dann lassen Sie mich gehen.“
Bradley fuhr herum. Maras Herz begann zu flattern wie ein kleiner Vogel, erfüllt von Mißtrauen.
„Sie können mich gehen lassen“, fuhr Corey fort, „denn mein Leben bedeutet niemandem etwas. Ich bin das Ding im Kasten, ein Mensch aus Metall. Wenn es mir nicht gelingt, wem dann?“
„Mir“, sagte Mara.
„Irgend jemandem“, sagte Tsubata.
„Nein. Corey.“ Bradley nickte mit plötzlicher Entschlossenheit. „Er hat recht. Er muß es tun.“
5
Bradley saß untätig da und ließ die Dinge in ihrem eigenen, schwerelosen Rhythmus geschehen.
Sein Schreibtisch war leer (bei einem guten Computer gibt es nur wenig Schreibarbeit), und so legte er die Füße hoch und verlagerte den leichten Druck seines Gewichtes auf das knotige Ende seiner Wirbelsäule. Schlecht für die Haltung, erinnerte er sich. Margo Landau (Biochemikerin, achtundsechzig, und mit einem besonderen Talent, ihn so zu halten, mit gespreizten Beinen in der schwachen Gravitation, während er, bebend vom Alter, seinen Höhepunkt erreicht) würde ihn, sanft nörgelnd, darauf hinweisen. Aber mit einhundertsiebenundzwanzig Jahren war er fast sein halbes Leben lang alt gewesen, während sie gerade erst am Anfang des Alters stand; eigentlich waren die aufgeschrammten Knie ihrer Kindheit noch kaum verheilt. Margo war genau das, was er brauchte, um den Kontakt zu den anderen zu behalten. Er war ziemlich sicher, daß sie eben deswegen zur Besatzung des Orb gehörte. Alles hier war kalkuliert. Das Zusammensein mit ihr glich jenen zufälligen Augenblicken, da er gedankenlos Daumen und Fingerspitzen zusammenpreßte; dann fühlte er das gedämpfte Pochen seines eigenen Pulses, den Herzschlag, der alle warmen Dinge durchwirkte.
Er streckte die Hand aus und schaltete seinen Videoschirm ein. Bläulich verwischtes Licht wand und kräuselte sich und erstarrte dann abrupt zu einem 3-D-Bild aus der Achse des Orb. Kleine Punkte in Grün, Orange, Rot und Gelb – Männer in ihren Raumanzügen – schoben langsam ein großes Beschleunigungstriebwerk in seine Halterung. Die Triebwerke bildeten ein Fünfeck rings um die spinnenartigen Verstrebungen von Coreys Raumfähre, der Aurora. Das schlanke Gleitschiff rotierte nicht, und so badeten die Starkstrom-Bogenlampen es in ständig wiederkehrenden Mustern von grellem Licht und gefleckten Schatten.
Mit dem Daumen schaltete Bradley auf eine stärkere Vergrößerung. Mit Hilfe der Nummer machte er Maras Anzug ausfindig. Neben ihr schwebte der schwerfällige Kasten Coreys. Sie zeigte ihm ihr
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