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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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Schä­del, und ihm wur­de schlecht. „Mein Gott“, rief er. „Er ist tot.“

3

    Lo­ret­ta Mor­gan glaub­te, daß sie die furcht­ba­re Feind­se­lig­keit die­ses Pla­ne­ten un­ter­schätzt hat­ten. Seit dem Ta­ge der Schöp­fung hat­te der Mars ei­ne Ewig­keit un­ge­stört und pas­siv ge­ruht. Wir sind wie Flö­he, die durch ein Hun­de­fell krab­beln, dach­te sie. Viel­leicht zuckt der Mars und schüt­telt uns ab.
    Sie dach­te dar­an, wie sie den ar­men McIn­ty­re be­gra­ben hat­ten – sie hat­ten sei­nen Leich­nam ver­sie­gelt wie einen ih­rer Müll­sä­cke, um je­de Mög­lich­keit der Ver­un­rei­ni­gung zu ver­hin­dern. Kas­tor hat­te sie ein eis­kal­tes Biest ge­nannt, weil sie sich wei­ger­te zu trau­ern. Sie hät­te ihm ins Ge­sicht la­chen kön­nen. In ih­ren Au­gen war das Le­ben ein Ge­schenk, und zu wei­nen, weil es nicht mehr da war, wä­re ge­nau­so, wie wenn ein ver­zo­ge­nes Gör quen­gelt, weil der Weih­nachts­mann nur vier Ge­schen­ke statt der er­war­te­ten fünf ge­bracht hat­te. Wir sind zum Mars ge­kom­men, auf den wir nicht ge­hö­ren, dach­te sie, und des­halb wer­den wir al­le ster­ben. Wir ha­ben nicht das Recht, ir­gend et­was von die­sem kal­ten Uni­ver­sum zu er­war­ten, und das gilt auch für das kost­ba­re Ge­schenk des Le­bens selbst.
    Der Ge­dan­ke an das Le­ben ließ sie auch an den Tod den­ken. Und bei dem Ge­dan­ken an den Tod dach­te sie an den ar­men McIn­ty­re. Und mit McIn­ty­re war sie gleich wie­der bei Co­lo­nel Kas­tor.
    Die­ser dum­me, ein­fäl­ti­ge Schwei­ne­hund, dach­te sie. Erst hat­te er ge­wollt, daß sie trau­er­te, und jetzt, wo es wirk­lich wich­tig für ihn war, gab es ab­so­lut nichts mehr, was er tun könn­te, so oder so.
    Co­lo­nel Kas­tor war heu­te ge­stor­ben. Er hat­te ein Kriech­fahr­zeug in einen zwan­zig Me­ter tie­fen Spalt ge­steu­ert und war um­ge­kom­men. Ein Un­fall. Ein ver­dammt dum­mer, sinn­lo­ser, acht­lo­ser, zweck­lo­ser Un­fall.
    Schei­ße, dach­te sie. Das war kein Un­fall.
    Der Mars hat­te sich er­ho­ben – ein schla­fen­der Hund war er­wacht – und hat­te ein zwei­tes Le­ben zer­kratzt.
    Erst McIn­ty­re und jetzt Kas­tor.
    Zwei wa­ren noch üb­rig: sie und Reynolds.
    Bald wür­de es nur noch ei­ner sein.
    Und die­ser ei­ne wür­de nicht sie sein.
    Die har­ten, straf­fen Flä­chen des Schutz­zel­tes um­hüll­ten sie bei­de. Drau­ßen herrsch­te ei­ne kal­te Mars­nacht, aber sie hat­te ih­ren Abend­spa­zier­gang schon hin­ter sich. Nach Son­nen­un­ter­gang, so­bald das ko­kon­ar­ti­ge Ge­we­be des Zel­tes im Sand stand, pfleg­te sie al­lein spa­zie­ren­zu­ge­hen. Als Kas­tor noch leb­te, hat­te er die­se pri­va­ten Streif­zü­ge als ein Zei­chen weib­li­cher Sen­ti­men­ta­li­tät be­zeich­net. Sie wuß­te es nicht. Aber sie wuß­te, daß sie hoch auf­ge­rich­tet auf der Spit­ze ei­ner Dü­ne stand und aus ih­rem bla­sen­för­mi­gen Helm auf die ste­ti­ge grü­ne Ku­gel der Er­de starr­te. Fünf Mi­nu­ten stand sie so da und wand­te den Blick nur, um zu blin­zeln, und schließ­lich sag­te sie ein stum­mes Le­be­wohl. Die Mensch­heit war in den Welt­raum vor­ge­drun­gen, dach­te sie, um ein für al­le­mal zu ler­nen, wie ver­flucht be­deu­tungs­los sie ei­gent­lich war. Das war es, was der grü­ne Stern ihr sag­te. Und das sag­te ihr auch dies hier: Le­ben auf dem Mars. Und das sag­ten McIn­ty­re und jetzt auch Kas­tor, bei­de tot und un­be­weint, sieb­zig Mil­lio­nen Ki­lo­me­ter ent­fernt von dem, was sie ihr Zu­hau­se nann­ten. Und sie wür­de es selbst sa­gen, wenn sie an die Rei­he käme, wenn sie eben­so tot wä­re wie die bei­den. Wer (oder was), so frag­te sie sich, scher­te sich auch nur im min­des­ten um ein ein­zel­nes mensch­li­ches We­sen, ob tot oder le­ben­dig oder bei­des?
    Nein, sie glaub­te nicht, daß sie ver­rückt war. Smith war ver­rückt, und Kas­tor wahr­schein­lich auch, aber nicht sie. Dies war der Mars, und sie hat­te die gan­ze Zeit ge­wußt, daß sie hier ster­ben wür­de. Es war kei­ne Vor­ah­nung – kein ver­stoh­le­ner Blick in ei­ne mög­li­che Zu­kunft. Nein, es war Wis­sen – es war ei­ne Not­wen­dig­keit. Sie wa­ren hier­her­ge­kom­men, um

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