Der Bernstein-Mensch
Coreys Stimme aus dem statischen Krachen herauszuhören.
„Ich habe dich immer beneidet, weil du den Menschen so nah warst.“
„Verdammt noch mal, du bist auch ein Mensch, Corey. Anders, aber ein Mensch.“
„Nein, ich bin etwas anderes. Wie diese Wesen, die auf mich eindringen, Mara. Ihre Harmonien sprechen zu mir. Zu meiner anderen Hälfte, zu dem Teil, der dich beneidet hat.“
„Lauf weg, Corey!“
„Ich kann nicht laufen. Ich habe keine Beine. Ich bin der Mann aus Metall.“
„Verflucht noch mal, du …“
„Deswegen habe ich deinen Luftschlauch beschädigt und dein Shuttle sabotiert.“
Langes, summendes Schweigen.
„Du hast das getan?“ sagte sie.
„Du bist genauso wie ich, aber du hattest so viel mehr.“
Maras Kehle zog sich zusammen, bis sie kaum noch sprechen konnte.
„Corey, ich …“
„Ich wußte, ich würde nicht zur Erde zurückkehren. Ich würde diese wissenschaftliche Expedition niemals überstehen. Ich habe dich beneidet. Ich habe dich geliebt. Du hattest so eine Art, dich vor mir auszuziehen, Mara. Deine Brustwarzen waren wie die Augen eines Blinden. Sie sahen mich nie. Aber ich … ich wußte, ich würde diese Zeit mit dir zusammen niemals überleben. Und ich will, daß wir zusammen gehen, Mara. Ich bin ein Mann … ein Mann.“
Bradley ließ sich zurücksinken.
Also hatte er recht gehabt. Es war Corey. Anscheinend wußte er nicht, daß er auf einem offenen Kanal sendete. Nun, es machte nichts. Es würde etwas geschehen, dort unten.
„Wie … wie hast du es gemacht? Ich dachte, du hättest keine mechanischen Fähigkeiten?“
„Ich sehe aus wie ein umhertreibender Ausrüstungsgegenstand. Ich bin durch die Schleuse hinausgegangen, habe mich langsam bewegt, damit die Leute, die das Orb-Zentrum beobachteten, mich nicht bemerkten. Ich habe gewartet. Dann habe ich den Luftschlauch angeschnitten. Und ich habe dein Shuttle studiert und herausgefunden, was man daran tun mußte.“
„Zünde das Kompressionstriebwerk!“
„Es braucht noch drei Minuten zum Aufladen. Noch drei Minuten, Mara.“
Die geschwollenen Kugeln füllten den Bildschirm. Bradley beugte sich vor und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen das komplizierte, schraffierte Muster, das rhythmisch über die körnige Oberfläche wellte.
Beim Wal, das wußte er, kommen die Töne aus der Bauchhöhle und werden von den Fettablagerungen in der Stirn gebündelt. Wie bringt ihr diese komplexen elektrischen Signale hervor, die da über eure Oberfläche spielen? fragte er sich. Seid ihr wie die Wale – intelligent, aber so fremdartig, daß wir euch wahrscheinlich niemals verstehen können? Und wenn Corey uns schon fremd ist, um wieviel fremder seid dann ihr?
8
„Sie sind zu nah. Ich habe es mit dem Kompressionstriebwerk versucht. Es zündet nicht.“
„Versuch’s noch einmal.“
„Ich will … ich … nein, nichts.“
„Corey, du mußt ihnen ausweichen, verdammt!“
„Nein, sie haben mich erreicht. Sie singen, und die Melodie ist so … so wunderbar verschlungen. Sie steigt und fällt. Sie hat etwas, was ich nicht beschreiben kann.“
„Corey!“
„Der Große, er ist schon so nah. Und wir gehen zusammen, Mara. Du und ich, wir gehen zusammen.“
Bradley schaltete sich hastig in Maras Leitung.
„Mara! Paß auf! Spring!“
„Was? Corey sagt …“
„Spring, verdammt!“
Plötzlich begriff sie. Sie riß den Haltegurt auf und stieß sich vom Shuttle ab. In ihrem Kopfhörer erklang ein prasselndes Rauschen, und sie hörte jemanden schreien. Sie schaltete ihre Steuerdüsen ein und beschleunigte.
Ein blitzartiger Schmerz durchzuckte ihr linkes Bein. Sie krümmte sich und umklammerte es. Unter sich sah sie die Silhouette des Shuttle gegen die Sichel des Jupiter. Der
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