Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
Vom Netzwerk:
senkrechte Falte zwischen seinen Brauen erschienen.
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    Steven rollte weiter, doch sein Rhythmus war ihm abhandengekommen. Das Skateboard schaffte es kaum bis zur Kante  – oder schoss darüber hinaus, so dass er schwankte  –, und seine Arme arbeiteten jetzt, anstatt locker neben dem Körper zu hängen.
    »Ich muss wissen…«, setzte Jonas an. »Ich muss wissen, worauf ich achten muss. Ich muss wissen, was man in den Augen eines Mörders sieht.«

    Das Skateboard kippte laut klappernd um, als Steven heruntersprang und ein paar stockende Schritte machte, um nicht hinzufallen. Es rutschte die Rampe hinunter auf ihn zu. Er bückte sich, hob es zornig auf und marschierte auf seinen Spaten und seinen Anorak zu.
    »Gar nichts«, sagte er und sah Jonas nicht an. Er riss den Spaten aus dem Schnee, schulterte ihn und zerrte dabei den Anorak vom Griff. Seine verkrampfte Körperhaltung schrie Jonas an, dass er in Ruhe gelassen werden wollte.
    Doch Jonas konnte ihn nicht in Ruhe lassen. Eindringlich sprach er auf den Jungen ein. »Ich weiß, du möchtest dich nicht daran erinnern, Steven. Ich frage dich das wirklich nicht gern, glaub mir. Aber ich muss es wissen. Bevor er wieder jemanden tötet, ich muss es wissen. Bitte!«
    Steven schickte sich an, einen Bogen um ihn zu schlagen, und Jonas streckte die Hand aus, um ihn aufzuhalten. Doch der Junge blieb stehen, bevor er berührt werden konnte. Er wandte den Blick von Jonas ab; seine Brust hob und senkte sich heftig, und seine Wangen waren gerötet.
    »Gar nichts!«, sagte er leise und heftig. »Man sieht nichts.«
     
    Marvel und Reynolds saßen so dicht nebeneinander auf einem Veloursofa, dass sich ihre Oberschenkel berührten. Alan Marsh saß ihnen gegenüber in einem Sessel, der zum Sofa passte.
    Reynolds sah sich im Zimmer um.
    Auf dem Kaminsims standen vier oder fünf Beileidskarten und ein paar Weihnachtskarten zwischen Familienfotos und einem immer wiederkehrenden Motiv: altmodische Keramikfigürchen von stupsnäsigen Knäblein, die Jungendinge taten wie Pfeifen oder Zeitungen verkaufen. Auf dem Tisch lagen noch mehr Karten  – geöffnet, aber auf einem Haufen liegen gelassen. Außerdem war ein altes Foto von Yvonne Marsh an einen Stapel sauberer Wäsche gelehnt worden, wie eine Art Schrein des Andenkens an hausfrauliche Pflichten.

    »Also, was war da neulich mit Danny und Jonas Holly?«, fragte Marvel und deutete mit dem Daumen aufs Geratewohl auf die hässliche Streifentapete hinter ihm.
    Alan Marsh seufzte und spreizte in einer »Keinen blassen Schimmer«-Geste die Hände.
    Elizabeth Rice war mit Danny Marsh in den Pub gegangen. Schwer war das nicht gewesen  – sie hatte ihnen erzählt, dass er ein bisschen in sie verschossen sei und dass sie versprochen hatte, ihm einen auszugeben.
    Marvel sagte nichts weiter, und das betretene Schweigen machte Alan Marsh klar, dass dies hier kein Höflichkeitsbesuch war.
    »Na ja …«, begann der Mann stockend, dann hielt er inne. Er trug eine Arbeitshose, obwohl Rice berichtet hatte, dass er nicht arbeitete. Anscheinend schaffte er es nicht, sich aus dieser alten Gewohnheit zu lösen, wenn sein Verstand bereits durch den Mord an seiner Frau gefordert war. Allerdings trug er Hausschuhe und keine Arbeitsstiefel mit Stahlkappe, stellte Reynolds fest  – als wäre ihm beim Anziehen plötzlich wieder eingefallen, dass seine Frau tot war und er nicht in die Werkstatt gehen würde.
    Reynolds seufzte und fragte sich, wieso Marvel so um den heißen Brei herumschlich, bevor er gezielter nach Danny fragte. Das war sonst gar nicht seine Art.
    Er wünschte sich, er könnte Marvels Hüfte nicht an der seinen spüren.
    »Die beiden war’n mal Freunde. Als sie klein war’n. Weiß nich’, was da passiert is’ …«
    Alan Marsh verstummte erneut.
    Marvel wurde klar, dass er die Informationen mit der Pinzette aus Alan Marsh würde herauspulen müssen wie Splitter. Das war eine Aufgabe, die ihm verhasst war. Er zog derbere Werkzeuge vor.
    »Wie alt waren sie damals?«
    »So etwa zehn, glaub ich.«

    »Waren sie sehr eng befreundet?«
    »Wie mein’ Sie’n das?«
    »Ich meine, waren sie beste Freunde?«
    »Ich weiß nich’«, erwiderte Alan ein wenig abfällig, »ich hab die meiste Zeit gearbeitet. Yvonne würd’s wissen.«
    Ja, aber sie ist tot, hätte Marvel am liebsten eingewendet, tat es jedoch nicht. Er konnte ganz schön einfühlsam sein, wenn er sich Mühe gab.
    »Haben sie oft hier

Weitere Kostenlose Bücher