Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
Vom Netzwerk:
tun.«
    »Vielleicht«, pflichtete sie ihm zögernd bei, während sich Tom Hanks’ Gesichtshaut in der weißglühenden Sonne schälte.
    »Oder«, fuhr sie achselzuckend fort, »das ist vielleicht gar nicht der Job , den du seiner Meinung nach tun sollst.«
     
    Der Tag verging für Marvel als verschwommener Schemen.
    Noch ein Leichensack. Noch ein Tatort. Noch mehr hysterische Greisinnen. Die Entscheidung, jetzt doch alle Heimbewohner umzuquartieren, und die logistischen Details, dies während eines Schneesturms zu bewerkstelligen, wo sämtliche Straßen, die aus dem Dorf herausführten, für alles außer Traktoren oder Wagen mit Allradantrieb unpassierbar waren.
    Jetzt  – wieder in seinem winzigen Apartment, während sein dürftiger Wasserkessel ungefähr eine Woche brauchte, bis er kochte  – saß Marvel zusammengesunken und trübsinnig am Fußende seines Bettes.
    Gary Liss war also ein kleiner Dieb, aber kein Mörder.
    Ohne Zweifel hatte es der Täter ursprünglich nicht auf ihn abgesehen, sondern Liss war ermordet worden, weil er ihn überrascht hatte, und war dann wie ein weihnachtliches Überraschungsgeschenk hinter das Klavier gestopft worden. Der schwere braune Vorhangstoff hatte schon seit Jahren zusammengerollt hinter dem Klavier gesteckt, hatte Rupert Cooke ihnen mit schockweißem Gesicht berichtet. Er sagte, er fungiere als Schalldämpfer, damit es den Heimbewohnern nicht zu laut wurde.
    Nach Marvels kurzer Erfahrung mit den Heimbewohnern konnte kein Geräusch laut genug für sie sein.
    Doch das hieß, dass der Mörder das mit den Vorhängen
gewusst haben und daher auf jeden Fall von hier sein musste. Nicht dass das das Feld sonderlich eingegrenzt hätte  – er konnte sich vorstellen, dass jeder in Shipcott irgendwann im Laufe der letzten paar Jahre einmal einen Verwandten oder Freund in der Sunset Lodge gehabt hatte.
    Außerdem hatte der Mörder Liss die Treppe hinuntergeschleift oder -getragen, ganz nahe am Schwesternzimmer vorbei, wo die beiden Frauen saßen, und sich die Zeit genommen, ihn einzuwickeln und hinter dem Klavier zu verstecken. Das kündete von großer Kraft, und es zeugte von Besonnenheit, nicht von Panik. Gewiss, der Mörder war gestört worden  – doch er hatte sich so brutal und so effizient auf diese Störung eingestellt, dass Lynne Twitchett und Jen Hardy keinen Laut von Liss gehört hatten.
    Dieser jüngste Tatort war in den fast achtundvierzig Stunden, die seit dem Tod des Opfers vergangen waren, durch Wärme und das ständige Kommen und Gehen vieler Menschen übel zugerichtet worden. Kein Wunder, dass es dort drinnen zu stinken begonnen hatte. Wenn er nicht so viel Zeit in dem Raum verbracht hätte, hätte er es selbst gemerkt. Und sie wussten noch nicht einmal, wo Gary Liss getötet worden war. Der Leichnam wies nur minimale Blutspuren auf  – eine einzige Blutkruste über einer Depressionsfraktur im vorderen Schädelbereich und Schmierspuren an der Kehle, wo es aussah, als wäre er gewürgt worden.
    Noch eine Vorgehensweise …
    I once was found, but now am lost.
    Marvel seufzte und hängte einen Teebeutel in einen Becher, in der Hoffnung, dass der Kessel zu ihm aufschließen würde, wenn er die Führung übernahm.
    Sein Handy klingelte, es war Jos Reeves mit einer knisternden Verbindung. An dem Spazierstock waren keine Fingerabdrücke, und das Blut auf dem Dach stammte nicht von dem Mörder, sondern von Lionel Chard, es trug also nichts zu ihrem Wissensfundus bei.

    Marvel war so verärgert über diese miesen Neuigkeiten, dass er brüllte: »Ich kann Sie nicht verstehen!«, die Verbindung abbrach und Reeves mitten im Satz abwürgte.
    Also konnten sie wieder von vorn anfangen. Nur mit mehr Toten.
    Super.
    Alan Marsh? Danny Marsh? Scheiß-Peter Priddy? Marvel verspürte große Lust, einen handfesten Wutanfall zu kriegen. Er hatte Peter Priddy so »vielversprechend« gefunden, dieses unbestimmte Bauchgefühl gehabt, dass er »derjenige, welcher« war. Jetzt aber kam ihm Peter Priddy vor wie ein bester Freund aus der Schulzeit, an dessen Namen er sich kaum noch erinnerte.
    Er schaltete den Kessel aus und öffnete stattdessen eine Flasche Jameson. Der würde ihm beim Nachdenken helfen; Whiskey hatte immer geholfen und würde es auch immer tun. Das war es, was Debbie nie begriffen hatte. Du bist krank, hatte sie einmal zu ihm gesagt. Du besäufst dich und liegst hier rum und denkst über Mord und Totschlag nach: Das ist doch krank!
    Er war nahe dran gewesen, sie zu

Weitere Kostenlose Bücher