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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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schlagen.
    Marvel kippte die ersten zwei Fingerbreit auf einen Sitz und schenkte sich dann für die zweite Runde ein klein wenig mehr ein. Daran nippte er langsamer, während er sich die Abendnachrichten ansah. Ohne Ton; es war besser so.
    Der Fall war ohnehin schon wie »Die Reise nach Jerusalem«, und dann kommt Jonas Holly mit einem wichtigen Beweis an, den er gehortet hatte wie ein beschissener Hamster , während sie alle ihren eigenen Ärschen nachgejagt waren.
    Schon der Gedanke daran ließ Marvels Blutdruck erneut ansteigen.
    Das lief auf Beweisunterschlagung hinaus, und sobald dieser Fall abgeschlossen und Jonas Holly nicht mehr von Nutzen war, würde Marvel Beschwerde gegen ihn einreichen. Scheiß auf den Papierkram. Nichts wie weg von der Straße
mit diesem Vollidioten und ihn an einen Schreibtisch oben in Taunton verbannen, da konnte er Notrufe für richtige Cops entgegennehmen.
    Marvel hatte keinerlei Bedenken, was das betraf. Jonas hatte mächtig Scheiße gebaut, und das nicht zum ersten Mal. Er hatte den ersten Tatort potenziell kontaminiert, indem er das Opfer begrapscht und zugelassen hatte, dass andere dasselbe taten. Das zweite Opfer hatte er vom Fundort entfernt, und obwohl das eigentlich nicht seine Schuld gewesen war, war Marvel mittlerweile sauer genug, um diese Tatsache zu übersehen. Die Kotze war verschwunden, während Jonas Holly Wache gehabt hatte. Und dann hatte er einen unerwarteten Mangel an Selbstbeherrschung an den Tag gelegt, als er auf Danny Marsh losgegangen war, der eigentlich nur eine ordentliche Ohrfeige gebraucht hätte, um ihn aus seiner Hysterie zu reißen.
    Natürlich hatte er Marvel in Margaret Priddys Cottage außerdem eine Heidenangst eingejagt, aber das bezog er in seine Überlegungen nicht mit ein.
    Da war er sich ziemlich sicher.
    Mörder waren ein sonderbares Pack. Manche kehrten zum Tatort zurück. Manche sammelten Trophäen und machten Fotos und horteten detaillierte Zeitungsberichte. Manche hängten sich in die Ermittlungen rein und versuchten, der Polizei »zu helfen«. Manche waren selbst bei der Polizei.
    Jetzt, wo er Jonas’ sämtliche Verfehlungen im Geiste säuberlich in chronologischer Reihenfolge aufgelistet hatte, überraschte es Marvel, wie stark der junge Constable in diesen Fall involviert zu sein schien, wenn man bedachte, dass er den größten Teil davon vor einer verdammten Haustür verbracht hatte.
    Je mehr er über diese Verfehlungen nachdachte, desto weniger sahen sie nach Inkompetenz aus, und desto mehr erschienen sie ihm wie ein gezielter Täuschungsversuch.
    Und je gezielter das Ganze aussah, desto misstrauischer
wurde DCI John Marvel, bis er schließlich  – nach einer halben Flasche  – begann, Jonas Holly vielversprechend zu finden.
    Allerdings nicht im guten Sinne.

4 Tage
    »Meinen Sie, wir sollten Danny Marsh in Gewahrsam nehmen?«
    Reynolds brachte das Thema behutsam vor, denn Marvel war nur seinen eigenen Ideen gegenüber aufgeschlossen.
    Sein Vorgesetzter starrte ihn mit vom Trinken und vom Schlafmangel rot geränderten Augen über die Flaschengasheizung hinweg an.
    Reynolds spann den Faden weiter. »Wir haben die Handschuhe in der Garage, und wir haben den Fußabdruck auf dem Fensterbrett. Glauben Sie, das reicht?«
    Marvel starrte ihn weiter an, bis Reynolds sich fragte, ob er gerade einen Schlaganfall gehabt hatte.
    Endlich rührte sich der DCI. »Ist nicht gerade viel.«
    »Es ist mehr, als wir gegen irgendjemanden sonst vorzuweisen haben.«
    Marvel nickte langsam. »Reden wir erst mal mit seinem Vater.«
    Reynolds nickte erleichtert und griff zum Telefon.
     
    Jonas brauchte Hilfe.
    Er stand am Rand des Fußballplatzes und dachte über das Böse nach.
    Die Szenen, die er in der Sunset Lodge gesehen hatte, würde er nie wieder loswerden. Das mit Margaret Priddy war traurig, das mit Yvonne Marsh dramatisch und mitleiderregend. Die schiere, kalte Brutalität der Morde in dem Altenheim jedoch war etwas, das er nicht recht zu erfassen vermochte. Das Gemetzel an den alten Leuten, wehrlos in ihren
Betten, der abgebrühte Mord an Gary Liss und die Dreistigkeit, die der Leichnam hinter dem Klavier darstellte.
    Jonas’ Verstand huschte unruhig um das Verbrechen herum, schielte verstohlen um die eine oder andere Ecke herum danach, duckte und wand sich und versuchte, einen genaueren Blick darauf zu werfen. Doch letzten Endes war er vollkommen aufgeschmissen: Er konnte nicht einmal ansatzweise verstehen, was einen Menschen zu einem

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