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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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vorher gemacht?«
    »Nichts Besonderes. Fabrikarbeit. Bin jetzt eigentlich froh, dass der Job flöten gegangen ist.«
    »Woran ist Ihr Vater gestorben?«, erkundigte sich Reynolds.
    »Lungenkrebs«, antwortete Liss ohne jegliche Gefühlsregung. »Und ich hab nicht nachgeholfen, falls Sie das denken.« Er zwinkerte Reynolds zu, der zumindest genug Anstand besaß, ein verlegenes Gesicht zu machen.
    »Wie sind Sie mit Margaret Priddy ausgekommen?«, fragte Marvel.
    Liss sah angesichts des jähen Themenwechsels ein wenig verwirrt aus, aber das war gut so  – man musste diese Leute aus dem Gleichgewicht bringen …
    »Da gab’s nicht viel, womit man auskommen konnte«, erwiderte er. »Sie konnte ja nichts sagen oder einen auch nur
wissen lassen, wie’s ihr geht.« Er hörte auf herumzuhantieren und blieb zum ersten Mal seit Beginn ihrer Unterredung still stehen. »Es war total scheißgrauenhaft, entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Ich meine, die Leute hier drin, die sind alt, und viele sind krank, aber wenigstens können sie einem sagen, was sie wollen. Aber sie …« Er hob ein Bündel schmutzige Bettwäsche vom Boden auf. »Es war, als wäre sie schon tot. Wenn sie nicht gestorben wäre, hätte ich demnächst die Biege gemacht. Total deprimierend.«
    Sie folgten ihm ins nächste Zimmer.
    »Dann glauben Sie, es war vielleicht ein Mord aus Mitleid?«, fragte Marvel behutsam, doch die Frage beeindruckte Liss nicht weiter.
    »Könnte sein«, meinte er und schüttelte ein neues Laken aus.
    »Sie hätten Verständnis für so etwas?«, erkundigte sich Marvel.
    Liss zögerte nicht. »Wenn sie meine Mutter gewesen wäre, hätte ich es selbst getan.«
     
    Reynolds und Marvel sagten lange nichts, als sie zu der Farm zurückfuhren.
    Reynolds brach schließlich das Schweigen.
    »Glauben Sie, das war ein Geständnis? So eine Art doppelter Bluff?«
    »Ich weiß es nicht.« Das war etwas, das Marvel nicht oft zugab, bei dieser Gelegenheit jedoch fand er, es sei okay, ein bisschen durcheinander zu sein.
    »Er hatte einen Hausschlüssel, er fand den Job grauenhaft, er hat eindeutig kein Problem mit Sterbehilfe …«
    »Aber das einfach so zu sagen  – zu uns!«
    »Ich weiß«, meinte Reynolds. »Dafür müsste er doch ein Psychopath sein.«
    Marvel zuckte die Achseln. »Ja, das stimmt.«

     
    Keine Stunde, nachdem Reynolds und Marvel auf der Springer Farm angekommen waren, kehrten Grey und Singh von ihrer Unterredung mit Ronnie Trewell zurück, und alle quetschten sich in Marvels Zimmer, um zu hören, wie es gelaufen war.
    »Er ist es nicht«, verkündete Grey.
    »Ja, Boss, ich glaube nicht, dass er unser Mann ist«, meinte Singh etwas taktvoller.
    Marvel war nicht gewillt, die einzige dürftige Spur, die ihnen ihre Befragungen im Dorf eingebracht hatten, so einfach sausen zu lassen.
    »Hat er ein Alibi?«
    Die beiden Detectives wechselten Blicke.
    »Na ja, er sagt, er hat geschlafen«, antwortete Grey.
    »War die ganze Nacht zu Hause«, fügte Singh hinzu.
    »Ungemein überzeugend«, bemerkte Marvel sarkastisch.
    »Er scheint ganz einfach nicht der Typ für so was zu sein, Sir«, sagte Grey. Als er sah, wie sich Marvels Gesicht daraufhin zornig verspannte, setzte er hinzu: »Ich hab keine Täterschwingungen von ihm gefühlt. Und Armand auch nicht.« Er wandte sich an Singh. »Stimmt’s?«
    »Nein«, bestätigte Singh. »Überhaupt keine Schwingungen. Der Kerl ist durch und durch Autodieb. Total besessen. Konnte gar nicht aufhören, von Autos zu reden, auch als wir ihn wegen ’nem Mord ausgequetscht haben!«
    »Genau«, fügte Grey hinzu. »Das Einzige, was ihn anscheinend an Mrs. Priddy interessiert hat, ist, dass sie mal einen Sportwagen hatte, einen BMW.«
    »Einen Drei-Liter CSi«, erinnerte sich Singh.
    »Feines Auto«, bemerkte Grey voller Anerkennung, und Pollard nickte zustimmend.
    Marvel funkelte sie alle wütend an. Er dachte daran, wie Margaret Priddy durch die Ritzen der Gesellschaft gerutscht war, wie sie von einer Reiterin und BMW-Besitzerin zu einem Pflegefall geworden war, während ihre Ersparnisse von
ihrem Konto rannen wie Wasser aus einem durchlöcherten Planschbecken. Er dachte an Peter Priddy und daran, wie diesem dabei zumute gewesen sein musste. Er dachte an Ronnie Trewell und überlegte, ob er es damit bewenden lassen oder ob er hinfahren und den kleinen Dieb persönlich einschüchtern sollte. Es wurmte ihn, dass Jonas Holly den Mann als Verdächtigen ausgeschlossen hatte; ein Teil von ihm

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