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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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wollte, dass Ronnie Trewell der Mörder war, allein aus diesem Grund. Aber Grey und Singh waren gut. Er vertraute ihrem Urteil. Für gewöhnlich. Während diese Gedanken durch seinen Kopf zuckten, wandte er den Blick nicht von den beiden Detectives ab, denen immer unbehaglicher wurde.
    Ohne etwas von Marvels Gedankengang zu ahnen, beschloss Singh, eine weitere hilfreiche Bemerkung beizusteuern. »Er scheint einfach nicht… ganz richtig zu sein, Sir.«
    »Nein.« Grey nickte mit enthusiastischer Zustimmung. »Nicht ganz richtig.«
    Jonas’ Worte aus Greys Mund zu hören war für Marvel der Auslöser. Er gab einen abfälligen Allzwecklaut von sich, griff sich die Schlüssel des Ford Focus und stampfte hinaus, um sich selbst ein Urteil über Ronnie Trewell zu bilden.
     
    Der Junge stand vor der Haustür und blinzelte in die trübe Sonne, die hinter dem Hochmoor versank. Ronnie Trewell war dürr, so ausgezehrt, dass er aussah wie ein Statist aus einem Gefangenenlager-Film. Er hatte dichtes schwarzes, in Heimarbeit geschnittenes Haar und eine Stirn, die von dem Wirrwarr, den sein Leben darstellte, dauerhaft zerfurcht war.
    Er sah Marvel vorfahren, ließ die selbstgedrehte Zigarette fallen, die er gerade rauchte, und wich zur Tür zurück.
    »Ich will mit Ihnen reden!«, brüllte Marvel ihn durch das Beifahrerfenster an, und der junge Mann blieb stehen und wartete.
    Marvel mochte unterwürfige Diebe. Er stieg aus und ging den von Unkraut überwucherten Weg hinauf.

    »DCI Marvel«, sagte er. »Sind Sie Ronnie Trewell?«
    »Ja«, antwortete der Junge. »Ich hab nichts gemacht. Ich hab doch schon mit euch geredet. Ich hab nichts gemacht. Ist das ein Zetec?«
    Der plötzliche Schwenk brachte Marvel ein wenig aus dem Gleichgewicht. Er blickte zu dem Ford Focus hinüber. »Ich bin nicht hier, um über Autos zu quatschen, Kumpel. Bin wegen ’nem Mord hier.«
    »Ja, ich weiß.« Ronnie zuckte die Achseln. »Aber da hab ich doch den anderen schon von erzählt. Kann ich den mal fahren?«
    Noch während er sprach, trat er auf den Weg hinunter und strebte auf den Wagen zu. Marvel fand sich in einer würdelosen Verfolgerrolle wieder.
    »Nein. Sagen Sie mir, wo Sie Samstagnacht waren.«
    »Hier. Hab gepennt. Nur mal ganz kurz. Sie können auch mitkommen. Ich klau ja wohl keine Polizeikarre, oder? Jedenfalls nicht, wenn Sie drinsitzen.«
    »Hören Sie endlich auf, über das verdammte Auto zu quasseln!« Schon jetzt bekam Marvel allmählich das Gefühl, dass er hier seine Zeit verschwendete. »Haben Sie Zeugen?«
    »Nö. ’n ST ist das aber nicht, wie?«, meinte Ronnie mit einem kleinen hämischen Grinsen in der Stimme, während er durch das Fenster spähte. Marvel interessierte es einen Scheiß, was der Ford war oder nicht war, doch dieses kleine Grinsen weckte plötzlich den Wunsch in ihm, den Dienstwagen zu verteidigen.
    »Fährt sich aber ganz prima«, sagte er und kam sich blöd vor, als wäre er wieder siebzehn und versuchte, sein erstes Anfängermotorrad  – eine Honda Bentley 125cc mit handbemaltem Tank  – gegenüber den älteren, reicheren Jungs mit ihren RD250-Maschinen schönzureden …
    »Echt?«, fragte Ronnie Trewell. »Glaub ich erst, wenn ich’s sehe.«
    Fast hätte es geklappt. Eine Sekunde lang war Marvel
drauf und dran, hinters Steuer zu springen und im Schlamm am Ende der kleinen Straße hinter dem schmutzigen Häuschen eine Schleuderkehre hinzulegen. Das Gaspedal durchzutreten und den Jungen mit Schotter zu bespritzen. Ihn vielleicht selbst mal fühlen zu lassen, wie …
    »Nicht schlecht, Ronnie«, bemerkte er nicht ohne Respekt.
    Marvel öffnete die Tür und dachte bei sich, dass er wohl lieber einen autoritären Abgang hinlegen sollte. »Bleiben Sie ja hier in der Gegend, okay?«
    »Wo soll ich ’n hin?« Ronnie Trewell hob die Schultern und musterte das immer düsterer werdende Moor ringsum. Er wirkte aufrichtig ratlos.
    Marvel ignorierte die Frage und fuhr davon.
    Ronnie Trewell war nicht der Mörder. Er war nicht … ganz richtig.

17 Tage
    Die mobile Einsatzzentrale traf ein, und sie war total beschissen.
    Gerade so, wie Marvel es gern hatte.
    In den Schreibtischen lagen aufgeweichte Pfefferminzbonbons, die Außenwände waren schlammverschmiert, zwei schwarze Müllsäcke waren mit Fast-Food-Verpackungen vollgestopft worden, und irgendjemand hatte mit nicht entfernbarem grünem Filzstift auf der Weißwand herumgekritzelt und dann allem Anschein nach versucht, das Resultat mit einer Art

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