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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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Küche.
    »Versprich mir, dass du das immer bei dir hast, wenn ich nicht da bin.«
    Sie lachte. »Jonas!«
    »Ich mein’s ernst, Lu. Ich muss das hier tun, aber ich lasse dich wirklich nicht gern allein …«
    »Mrs. Paddon ist keinen halben Meter weit weg, gleich hinter der Wand.«
    »Ich weiß. Und ich will ja auch gar nicht, dass du nervös wirst. Aber bitte. Mir zuliebe, damit ich nicht nervös werde.«
    Er hielt ihr das Messer hin, mit dem Griff voran, und nach einem weiteren Moment des Zögerns nahm sie es.
    »Versprich es mir«, wiederholte er.
    Lucy zeichnete mit dem Messer ein Zorro-Z in die Luft und legte einen gekünstelten spanischen Akzent auf. »Ich dir gebe mein Wort, amigo! Jeder Schurke wird fühlen meine Klinge an seinen Eiern!«
    »Versprich es mir«, verlangte er ernst.
    »Ich verspreche es«, sagte sie und lächelte diesmal nicht, weil sie ihm zeigen wollte, dass sie ihn sehr wohl ernst nahm, selbst wenn sie das Ganze für eine Überreaktion hielt.
    Dann küsste er sie und ging, um die Nacht mit dem Dorf zu verbringen.
     
    Nachdem er gegangen war, lächelte Lucy das Messer an und nahm es dann mit ins Wohnzimmer.
    Sie legte Scream ein und verfluchte ihre unbeholfenen Hände, die die Disk zweimal fallen ließen, ehe sie es schaffte, sie in den DVD-Player zu schieben. Manchmal brachte sie einfach nicht die schiere Willenskraft auf, die nötig war, um nicht gebrechlich zu sein.

    Nachdem der Film zehn Minuten gelaufen war, beschlich sie allmählich ein unbehagliches Gefühl.
    Sie hörte ein Geräusch am Fenster.
    Sie krallte die Finger in die Troddeln des Kissens.
    Sie vergewisserte sich, dass das Messer in Reichweite war.
    Sie befahl sich, nicht blöd zu sein.
    Nach zwanzig Minuten ging ihr auf, dass sie gerade Desperate Housewives verpasste.
    Lucy hatte die Serie schon seit einer Weile nicht mehr gesehen, dachte jedoch, es wäre nett, sich wieder auf den neuesten Stand zu bringen. Also schaltete sie den Horror aus und verlor sich stattdessen an einem Ort, wo schlimme Dinge durch Sonnenschein und traumhafte Schuhe lachhaft gemacht wurden.
     
    Erst als er sich kurz nach neun anschickte, die Barnstaple Road auf einer Straßenseite hinaufzugehen, wurde Jonas klar, wie verloren er gewesen war.
    Dass es dunkel war, spielte keine Rolle; er war wieder auf Streife, war wieder da, wo er sein sollte, und  – was noch wichtiger war  – er war wieder dort, wo die Leute mit ihm rechneten. Die Straße war bis auf ein paar spätabendliche Hundebesitzer verwaist. Er grüßte Rob Ticker und seinen Spaniel Jerry, und John Took  – der Master des Jagdvereins  –, bedankte sich bei ihm für das tote Pony und berichtete, dass sich Jagdsaboteure in der Gegend herumtrieben. Sie hatten eine falsche Fährte für die Tiverton-Meute gelegt, die auf dem Parkplatz eines Supermarktes geendet hatte. Typisch Jäger, dachte Jonas bei sich, während er die passenden Äußerungen von sich gab  – zwei ermordete Frauen, und John Took zerbrach sich den Kopf wegen eines Fuchses, der ihm durch die Lappen gegangen war. Er fragte Took, ob er das von Yvonne Marsh gehört hätte, und Took meinte: »Verdammt grässlich. Aber da ha’m Sie Ihren verdammten Gemeinschaftssinn«  – worauf es keine Antwort gab, außer Took
zu sagen, er würde sich alle Mühe geben, anwesend zu sein, wenn die nächste Fuchsjagd angeblasen wurde, nur für den Fall, dass es Ärger gab.
    Dann blieb er stehen, um mit Linda Cobb zu plaudern, die mit Dixie unterwegs war.
    »Schauen Sie mal rein, wenn Sie vorbeikommen«, sagte sie.
    Jonas meinte, er würde morgen wieder Türwache schieben, dann würde er vorbeischauen.
    »Und das hier machen Sie außerdem noch?« , fragte sie und zeigte mit einer weit ausholenden Geste auf die Straße.
    Jonas bestätigte, dass dem so sei, und der Blick, mit dem sie ihn bedachte, entschädigte ihn für alles  – sogar dafür, dass er Lucy allein lassen musste.
    Mit ein bisschen Glück würde es sich morgen in ganz Shipcott herumgesprochen haben, dass er nachts Streife ging. Wenn dort draußen ein Mörder war, dann überlegte er es sich daraufhin vielleicht ja noch einmal.
    Aus demselben Grund schaute er im Red Lion vorbei und wurde so freundlich begrüßt, dass die gestrigen Eindrücke tatsächlich nicht mehr zu sein schienen als Paranoia. Er kam sich blöd vor. Anscheinend wusste inzwischen jeder an der Bar, dass er in den eiskalten Bach gesprungen war und versucht hatte, Yvonne Marsh wiederzubeleben, und alle

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