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Der Beschütze

Der Beschütze

Titel: Der Beschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Belinda Bauer
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rissen sich darum, ihm einen auszugeben. Als er sagte, dass er im Dienst sei, und das mit der Nachtstreife erklärte, wurde die Atmosphäre noch herzlicher.
    »Gute Idee, Jonas«, stellte Mr. Jacoby unter allgemeiner Zustimmung fest, und Graham Nash brachte ihm einen Kaffee aufs Haus.
    Die Gespräche im Pub drehten sich alle um die Todesfälle. Morde, so nannten sie sie bereits, denn niemand glaubte, dass Yvonne Marsh ihr ganzes Leben lang in Shipcott gewohnt hatte und sich ausgerechnet diese Woche ausgesucht hatte, um in den Bach zu fallen und zu ertrinken. Jonas konnte dem nicht widersprechen, obgleich er nicht laut für die anderen
spekulieren wollte. Das störte sie nicht; Jonas als Stimme der Vernunft hätte ihnen nur ihre Theorien verdorben.
    »Ich wette, das is’ irgend so ’n Bekloppter aus Tiverton«, sagte der alte Jack Biggins, der mit der Kuh und dem Gittertor. Bei seiner Makro-Xenophobie war jeder jenseits von Dulverton verdächtig.
    »Könnt’ jeder sein, der einfach nur hier durchkommt«, meinte Billy Beer; das war vage genug, dass die anderen sich trauten, anderer Meinung zu sein.
    »Also, wenn das so wäre«, behauptete Graham Nash, »dann hätten wir den doch bemerkt.« Was auch stimmte, dachte Jonas, denn ein Fremder fiel in einem Dorf von dieser Größe mitten im Winter auf wie ein bunter Hund.
    »Vielleicht is’ ja dann einer von uns auf die schiefe Bahn gekomm’«, bemerkte Stuart Beard achselzuckend.
    Beard war die Sorte Mensch, dessen Ansichten meistens allenthalben bedächtiges Nicken auslösten, diesmal jedoch bemerkte Jonas, dass nur ein paar verhaltene Grunzlaute der Zustimmung zu hören waren, halbherzig genug, dass er aufblickte und Clive Trewell  – Ronnie Trewells Vater  – mit einer Halben am Fenster sitzen sah.
    Jonas ging zu ihm hinüber und sagte: »Hallo.«
     
    Ronnie Trewell war ein guter Junge gewesen, doch jetzt lief er völlig aus dem Ruder, und Clive Trewell war es nicht gewöhnt, unter anderen als offiziellen Umständen mit Jonas Holly zu sprechen.
    Clive gab sich selbst die Schuld; er hatte seinem Sohn geraten, Fahrstunden zu nehmen, und Fahrstunden waren für Ronnie Trewell der Startschuss gewesen. Manche Menschen hatten eine Berufung. Sie waren dazu berufen, Missionare in Afrika zu sein, sie waren dazu berufen, zarte Kunstwerke zu entdecken, die in Marmorblöcken verborgen waren. Sie waren dazu berufen, Igeln oder streunenden Katzen ein neues Zuhause zu geben. Ronnie Trewell war dazu berufen, Auto
zu fahren. Sehr schnell. Und weil er sich von dem Wochenlohn, den er in Mr. Marshs Autowerkstatt verdiente, nichts Schnelleres als einen dreizehn Jahre alten Ford Fiesta leisten konnte, war er dazu berufen, diese sehr schnellen Wagen zu stehlen.
    Nachdem er wegen seines schiefen Ganges, der von einem nicht korrigierten Klumpfuß herrührte, von der Schule gehänselt worden war, hatte »Ronnie Hinkefuß« sich alles angeeignet, was man zum Autodiebstahl brauchte, außer der Arglist, diese Diebstähle zu verbergen. Er fuhr einfach in seinem Fiesta umher, bis er ein Auto sah, das er gern fahren wollte. Dann klaute er es und ließ stattdessen seinen Fiesta zurück, die Schlüssel der Einfachheit halber im Zündschloss. Man brauchte Sherlock Holmes nicht, um auszuknobeln, wer es gewesen war. Doch je nachdem, wo Ronnie Trewell den Wagen gestohlen hatte, dauerte es manchmal eine Weile, bis die Polizei vor der Tür stand. Während dieser Zeit raste Ronnie mit halsbrecherischer Geschwindigkeit übers Moor, und wenn er das gestohlene Auto nicht gerade fuhr, dann bastelte er daran herum, tunte es in der Garage seines Vaters und baute alle möglichen Extras ein. Da er die Autos nicht stahl, um sie zu verkaufen  – und da die Wagen schließlich jedes Mal wieder auftauchten  –, hatte der Neunzehnjährige bisher handfesten Haftstrafen entgehen können. Autobesitzer, die ihre Wagen in besserem Zustand wiederbekamen als vorher, neigten nicht dazu, Anzeige zu erstatten. Der Halter eines alten, aber sportlichen Honda CRX stellte fest, dass ein durchgerosteter Radlauf herausgeschnitten, geschweißt und fachmännisch neu lackiert worden war. Eine Frau in Taunton war entzückt, ihren Toyota MR2 mit einem neuen, angenehm kehlig klingenden Auspuff ausgestattet zurückzubekommen, und der Besitzer eines Alfa Romeo GTV war von der verbesserten Fahrleistung seines wiederbeschafften Wagens so beeindruckt, dass er sich schriftlich bei Ronnie bedankte.
    Clive wusste, dass Ronnie nicht

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