Der Beschützer
erwarten, daß sie ihm folgten. Der Fähnrich zupfte ungeduldig am Arm der Klingonin. Sein Appetit galt nicht nur etwas Eßbarem, sondern auch Antworten, und deshalb war er froh, daß die Maquisard keinen Widerstand leistete.
Der Arzt lächelte, als sie zu ihm aufschlossen, führte sie tiefer in die sterile Stadt.
»In den Überlieferungen heißt es, daß er eine tiefe Schlucht öffnete«, erklärte er, sah dabei nicht seine beiden Begleiter an, sondern die Ocampa-Passanten. »Er führte unsere Vorfahren hierher, und seit damals kümmert er sich um uns.«
Aber er hat vergessen, euch Heiterkeit und Farbe zu geben, dachte Kim. Und wenn es an diesem Ort noch stiller gewesen wärec Dann hätte er sicher den Wunsch verspürt, tief Luft zu holen und zu schreien.
Er beugte sich an Torres vorbei, spähte durch den nächsten Torbogen und hielt nach Leuten Ausschau, die gemütlich zusammensaßen und miteinander plauderten. Mehrere Ocampa erwiderten seinen Blick, sahen sich an und zeigten das typische Verhalten von Personen, die miteinander sprachen. Allerdings ertönte kein einziger Laut.
»Bitte verzeihen Sie ihnen.« Der Arzt trat vor Kim, vollführte eine entschuldigende Geste und winkte die Schaulustigen fort.
»Hier weiß man, daß Sie vom Beschützer kommen. Niemand von uns ist ihm jemals begegnet.« Er zögerte, als die Männer und Frauen weggingen. Hinter ihnen wurde ein Platz sichtbar.
Wartende Ocampa bildeten dort eine lange Schlange.
»Oh.« Der Doktor stellte sich auf die Zehenspitzen. »Ich fürchte, einer der Lebensmittelsynthetisierer ist wieder defekt.
Der zuständige Wartungstechniker scheint mit anderen Dingen beschäftigt zu sein.« Er schob sich an einigen in der Nähe stehenden Ocampa vorbei und erstaunte Kim mit jener s onderbaren Stimme, die nicht nur seine Ohren erreichte, sondern auch etwas zwischen den Schläfen berührte: *Wenn Sie uns bitte entschuldigen würdenc *
V ielleicht blieb die Stadt nur für Besucher still, nicht aber für die Ocampa.
Überall um sie herum blickten Leute auf, als die Worte des Arztes sie berührten. Ihre blassen Gesichter wandten sich Kim und Torres zu, wie Blumen einer fernen Sonne. Der Fähnrich erwiderte die staunenden Blicke mit einem nervösen Lächeln und fühlte sich irgendwie schuldig, so viel Aufmerksamkeit zu genießen. Als sie den Beginn der langen Schlange erreichten, trat der Arzt am ersten Ocampa vorbei, öffnete eine Klappe in der Wand und zog zwei Tabletts mit feuchter, breiiger Nahrung aus dem Fach dahinter. Das Zeug sah wie Hundefutter aus, fand Kim, und es roch nachc nichts. Er rümpfte die Nase und schwieg, gab ein Tablett an Torres weiter, als der Doktor ein drittes für sich selbst aus dem Synthetisierer zog.
Alles sah völlig gleich aus: Tabletts, Teller, Besteck, selbst die Anordnung der Nahrung. Es gab keine erkennbaren Unterschiede.
Torres blickte mit offensichtlicher Skepsis auf ihr Essen hinab. »Kümmert sich der Beschützer auch um Ihre Mahlzeiten?«
Trotz der Schärfe in ihrer Stimme lächelte der Ocampa-Arzt und führte sie zu einigen grauen Tischen. »Das ist tatsächlich der Fall. Nach der Warnung entwarf und baute er die Stadt für uns. Die Lebensmittelsynthetisierer liefern alle vier Komma eins Intervalle Nahrung.« Nachdenklich sah er auf seinen Teller. »Sie hat nicht den exotischen Geschmack, den sich einige unserer jungen Leute wünschen, aber sie wird unseren Bedürfnissen gerecht.«
Jenseits der Tische glühte ein Projektionsfeld, das so groß war wie der zentrale Bildschirm im Kontrollraum der Voyager.
Es zeigte Bilder von einer Welt, die hier im steinernen Grab wie ein Paradies erscheinen mußte: Meere und Flüsse; rollende Wellen im Takt sanfter Musik. Dann folgten Wälder und Prärien. Ein Nagetier rückte in den Mittelpunkt der
Darstellung, als es unter bunten Herbstblättern hervorkroch.
Die an den Tischen sitzenden und speisenden Ocampa starrten wie gebannt zu dem großen Schirm.
Kim nahm Platz und nickte in die entsprechende Richtung.
»Setzt sich der Beschützer auf diese Weise mit Ihnen in Verbindung?«
Der Arzt sank ebenfalls auf einen Stuhl und schüttelte den Kopf. »Er kommuniziert nie direkt mit uns. Wir interpretieren seine Wünsche so gut wie möglich.«
»Interessant.« Kim zwang seinen Blick fort von den wie hypnotisch wirkenden Bildern – und bemerkte ähnliche Projektionsflächen in anderen Bereichen des Platzes. Er konzentrierte sich auf den Ocampa ihm gegenüber, während Torres noch
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