Der Besen im System
strich mit der Hand über ihre Flanke und lächelte. »Ich weiß es nicht. Es kommt mir irgendwie nicht mehr richtig vor. Ich meine, mit unterschiedlichen Leuten reden wir unterschiedlich. Mit diesem Cowboy-Zeug bin ich aufgewachsen, und auf dem College wusste man natürlich, dass ich aus Texas kam und hat so etwas von mir erwartet. Und so wurde es mein Ding. Auf dem College muss jeder sein Ding haben.«
»Habe ich auch gehört.«
»Ohne Ding, glaub mir, bist du nichts«, sagte Lang. Sein Finger war wieder im heißen Teil ihres Beins.
»Und was war mit Biff Diggerence?«, sagte Lenore. »Was war sein Ding? Nein, lass mich raten. Ich wette, sein Ding war Rülpsen.« Sie zog ein Gesicht.
Lang zog seine Hand zwischen ihren Beinen hervor und kratzte sich am Kinn. »Das ist eigentlich nicht lustig, Lenore«, sagte er. »Denn Old Biff hat es nicht gepackt. Das College hat ihn krank gemacht. Er ist dann ziemlich seltsam geworden.«
»Und was ist aus ihm geworden?«
»Ich weiß es nicht. Ich glaube, er ist zurück nach Pennsylvania gegangen oder wohin auch immer. Aber das College hat ihn krank gemacht.«
»Wie krank? Hat er durch eine Unterschrift auf seinem Hintern Tetanus eingefangen oder was?«
»Das ist nicht komisch, Lenore«, sagte Lang. Er setzte sich auf und lehnte sich über die Bettkante, um an seinen mittlerweile warmen Wein zu gelangen. Während er trank, schaute Lenore auf seinen Rücken. »Nein, ich meine richtig krank. Krank im Kopf«, sagte er. »Es fing damit an, dass er den ganzen Tag auf seinem Zimmer blieb. Und ich meine den ganzen Tag. Er hat mit niemandem mehr geredet. Er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und den Schlüssel umgedreht.«
»Na ja, das ist für sich genommen noch nicht schlimm«, sagte Lenore. »Viele Leute bleiben lieber für sich. Oder bleiben auf ihrem Zimmer. Ich war auf dem College auch viel auf meinem Zimmer.«
Lang drehte sich zu ihr um und schüttelte den Kopf. »Yeah«, sagte er. »Aber wenn es so weit geht, dass du in leere Bierdosen pinkelst, damit du dein Zimmer nicht verlassen musst, um kurz über den Flur zum Klo zu gehen, dann stimmt ernsthaft etwas nicht, meiner Meinung nach.«
»Kein Einwand.«
»Er wurde mit der Zeit richtig unheimlich. Er wurde verrückt.«
»Vielleicht hat er seinen Kopf eben zu lange gegen die Wand geschlagen.«
Lang grinste. »Was du nicht weißt: Er hat damit eine regelrechte Tradition begründet. Irgendwann tat es jeder. In seinem letzten Jahr war er eine richtige Legende. Obwohl die wenigsten wussten, dass er derselbe war, der sein Zimmer nicht mehr verließ. Ich glaube, alle hielten ihn für jemand anderen.«
Lenore dachte an Biff Diggerence allein in seinem Zimmer. Biff Diggerence, der ab und zu im Zimmer herumging. In Bierdosen aufs Klo ging. Sie erinnerte sich an seinen Hintern und daran, wie er mit Sue Shaws Haaren gespielt hatte.
»Also hat er Sue Shaw gar nicht geheiratet?«
»Das Mädchen da?«, fragte Lang. »Guter Gott, nein. Also meines Wissens nicht. Es sei denn, du hast etwas anderes gehört.«
Später wechselten sie. Lang lag, wo Lenore gelegen hatte, und umgekehrt. Lang hatte seine Stofftasche unters Bett geschoben und Hemden und Socken in einer Schublade verstaut, in der sich noch Sachen von Misty Schwarz befanden. Der große Fernseher war an, aber der Ton heruntergedreht. Aus den Augenwinkeln sah Lenore riesengroße Köpfe, die immer abwechselnd zu sehen waren und die über die Nachrichten des Tages sprachen. Es gab auch Bilder von einer Turnveranstaltung, aber Lenore schaute kaum hin.
Lang erzählte Lenore, dass er unglücklich gewesen war. Er erzähle ihr, dass er sich schon geraume Zeit wie in einer Falle fühlte, eingesperrt, erwürgt, bedrängt. Dass er die Arbeit in der Buchhaltung hasste und wohl auch jeden Grund dazu hatte. Lenore erzählte Lang ein bisschen mehr über LaVache und über Clarice und Alvin Spaniard und deren Schwierigkeiten und Familientheater.
Lang erzählte Lenore, er wolle, da sei er sicher, wieder bei Industrial Desert Design einsteigen. Er erzählte ihr von der Great Ohio Desert und von Neil Obstat jr. und Ed Roy Yancey jr. und von der Wüste auf Korfu. Er erzählte ihr davon, wie sein Vater gesagt hatte, eine jüdische Lady käme ihm nicht ins Haus und dass, sollte er sie trotzdem heiraten, die Firma für ihn gestorben sei. Der Vater hatte sich dumm und störrisch benommen, aber Lang nicht minder, und deswegen sei er in den vergangenen Jahren Buchhalter gewesen.
»Dabei war
Weitere Kostenlose Bücher