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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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schweinekalt.«
    Lang räusperte sich. »Aber nach einiger Zeit gab es den ersten Samstag, an dem wir nicht hinfuhren. Wir hatten alle keine Zeit. Mein Daddy hatte sich um einen Notfall zu kümmern, und ich hatte andern Scheiß zu tun. Also wurde an diesem Samstag nichts daraus. Und am folgenden Tag auch nicht. Ging einfach nicht. Aber am Montag darauf fuhren wir hin, sozusagen als Überraschungsbesuch und um es wieder gutzumachen, was nur fair war. Wir stiegen also am Montagnachmittag nach der Schule alle in den Wagen und fuhren hin, und als wir den langen Weg den Hügel hochfuhren, wunderten wir uns schon, weil wir sie hinten am Eingang sehen konnten mit ihren weißen Haaren und dem Rollstuhl, und alles um sie herum war dunkel und düster wegen der Color-Verglasung. Und mein Daddy so: ›Zum Teufel, ich fasse es nicht‹, weil es ja Montag war und nicht Samstag. Und es war auch ziemlich kühl draußen, wie im November, wo es schon mal kühler wird. Aber egal, sie sitzt jedenfalls vor dem Eingang in ihrem Rollstuhl und mit Wolldecken und so.
    Wir also ausgestiegen und zum Eingang hin, und sie freut sich total, was man immer daran sieht, dass ihre Augen noch weißlicher werden, und das tun sie nur, wenn sie glücklich ist. Klatscht in die Hände, aber ganz langsam und schlapp, so etwa, und holt schnell den neuen Topflappen und den anderen Kram unter der Decke hervor für meine Mutter, und grabscht nach uns und will gar nicht mehr loslassen, bloß mein Daddy sagt was von ›Momma, es ist doch Montag, nicht Samstag, Samstag konnten wir nicht, deshalb kommen wir heute. Aber woher hast du gewusst, dass du heute auf uns warten musst, denn wir haben niemandem gesagt, dass wir heute kommen?‹, und so weiter. Und ich weiß noch, wie sie meinen Daddy daraufhin anguckt, so, als hätte sie erst nicht kapiert, aber dann lächelt sie echt nett und zuckt mit den Schultern und guckt uns alle an und sagt, dass sie jeden Tag auf uns wartet, und nickt dann. Jeden Tag, verstehst du? Und sie sagt das so, als wüssten wir das längst, dass sie jeden Tag auf uns wartet: vielleicht, damit wir sie jeden gottverdammten Tag besuchen kommen.«
    Lenore sah Lang an.
    »Es stellte sich heraus, dass sie die Wochentage gar nicht mehr unterscheiden konnte«, sagte Lang. »Sie wusste auch nicht, dass die Samstage eine feste Einrichtung waren.« Er sah an Lenore vorbei in die Ferne. »Oder vielleicht hat sie es ja gewusst, aber trotzdem immer gewartet, weil sie dachte, vielleicht passiert ja ein Wunder und wir kommen sie sogar an einem Tag besuchen, an dem wir gar nicht müssen. Sogar wenn es kalt war, sie wartete immer am Eingang, wie sich herausstellte. Dabei guckte sie meinen Daddy an, als kapierte sie gar nicht, was hier das Problem war, weil das eben jetzt ihr Leben war und ob wir das noch nicht gemerkt hätten? Und wir standen nur da und fühlten uns ziemlich mies. Ich weiß noch, ich fühlte mich richtig Scheiße an dem Tag.« Lang rieb sein Auge. »Und bevor ich viel älter war, starb sie.«
    Lenore sah, wie sich Lang am Auge rieb. Sie dachte an ihre eigene Großmutter. Lang hörte auf, sich am Auge zu reiben, und sah sie an. Lenore tat wieder der Hals weh. Sie fing an zu weinen, aber kaum der Rede wert.
    »Ach, ich will dich nicht deprimieren«, sagte Lang. Er lächelte freundlich. »Das ist meine traurige Geschichte, nicht deine traurige Geschichte.«
    Er fing an, ihr die Augen zu küssen, um die Tränen wegzunehmen. Er machte es so zärtlich, dass Lenore die Arme um seinen Hals legte. Nach einer Weile zog er sie über sich, machte mit einer Hand das Häkchen ihres BHs auf. Lenore ließ ihn und ließ auch ihre Arme um seinen Hals. Lang spielte an Lenores Brüsten, während sie nur weinte und sich an ihn klammerte und an den Himmel in Texas dachte, an einem Tag im November hinter Color-Verglasung.
│18│   1990
│a│
    »Guten Morgen, Patrice.«
    »Guten Morgen. Wie geht es Ihnen?«
    »Gut, danke. Die Krankenschwester sagte, Sie hätten etwas für mich?«
    »Ja.«
    »Darf ich fragen, was es ist?«
    »Drei Männer gehen zum Zelten in den Wald. Einer der drei Männer übernimmt das Kochen, doch die drei Männer vereinbaren, dass derjenige, der sich als Erster über das Essen beschwert, automatisch der nächste Koch wird.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann, Patrice.«
    »Der Koch kocht und kocht, und die beiden anderen Camper lächeln und sagen, das Essen sei sehr gut, und lassen sich also weiter bekochen. Im Lauf der Zeit

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