Der Besen im System
sie nicht einmal richtig jüdisch«, sagte Lang. »Sie ist nie in eine jüdische Kirche gegangen. Und Gott weiß, ihr Daddy auch nicht. Ihr Daddy ist ein pantheistischer Irrer, der seinen Rasen anbetet.« Lang erzählte Lenore noch weitere interessante Einzelheiten zu Rex Metalman und seinem Rasen und Ricks Exfrau Veronica. Dann küsste er sie lange.
Sie küssten sich gut und gern fünf volle Minuten lang. Lang küsste so unbeschreiblich zärtlich, dass Lenore es anfangs ja fast nicht geglaubt hätte. Ricks Küsse dagegen waren ziemlich intensiv gewesen. Rick sagte, sie seien Spiegel und Ausdruck seiner Leidenschaft und seines Engagements für sie.
Und während er mit seinem Finger überall seine Linien strich, erzählte ihm Lenore von ihrem Bruder in Chicago, von einem seltsamen Traum, den sie in der Nacht zuvor gehabt hatte und in dem sie träumte, ihre Mutter habe geträumt, wo er sich gerade aufhalte, und genau dorthin habe ihn der Traum dann versetzt, einen Ort mit vielen hellen Lichtern und Menschen, denen man ansah, dass sie freundlich waren.
Lang sagte, er habe das Gefühl, dass jetzt alles gut werde, auch die Sache mit John, und dass er sicher sei, dass die Scheidung von Mindy problemlos über die Bühne ginge. Dann erzählte er Lenore eine Geschichte über seinen Bruder, seinen Halbbruder genauer gesagt, der viel älter gewesen sei als er selber, ein Sohn aus der ersten Ehe seines Vaters, und dass dieser Bruder im Vietnam-Konflikt getötet worden sei, bei den Marines.
Folgendes war passiert. Langs Bruder war zusammen mit anderen Marines in einem Lager in Virginia ausgebildet worden, wo man ihnen unter anderem beigebracht hatte, wie man Handgranaten in feindliche Gebäude warf und dann draußen neben der Tür wartete, dass drinnen die Granate explodierte und die Schlitzaugen ausschaltete, und dass man dann hineinging und den Rest erledigte. Und wie er sich dann in Vietnam wiederfand, frisch aus dem Flugzeug, und wie er in einem kleinen Dorf den Handgranaten-Stunt abziehen wollte, was er auch machte, weil die fragliche Hütte eben aussah wie eine richtige Feindhütte, nur dass sie, eigentlich wenig überraschend, aus Gras und Stroh und Dung von Wasserbüffeln gebaut war, sodass die Explosion der Handgranate glatt durch die Wand durchging und Langs Bruder an Ort und Stelle tötete, wo er eigentlich noch reingehen wollte, um die Schlitzaugen zu erledigen, und dass er deshalb seinen Bruder so gut wie gar nicht gekannt hätte. Er sagte, danach hätten die Marines ihre Ausbildung entsprechend geändert, weil ziemlich viele Marines auf diese Weise umgekommen seien, aber das sei eben noch ganz am Anfang des Vietnam- Konflikts gewesen.
Lenore erzählte Lang von der Sache mit Lenore Beadsman, ihrer Urgroßmutter. Es stellte sich heraus, dass Lang über Neil Obstat jr. schon ziemlich gut informiert war.
»Er hat noch immer dein Bild im Portemonnaie, weißt du«, sagte Lang. »Also Neil.«
»Ich fand ihn immer ein bisschen unheimlich«, sagte Lenore. »Er ist mir auf der Schule dauernd nachgelaufen, hat aber nie etwas gesagt.« An dieser Stelle küsste Lang die Stelle unmittelbar unter ihrem Kinn, denn Lenore hatte ihr Kinn in die Hand gestützt. »Ich mochte ihn schon deshalb nicht, weil sein Kopf aussieht wie ein Totenschädel. Tut mir Leid, ich weiß, das klingt jetzt ziemlich oberflächlich.«
Sie massierte Langs Hinterkopf, während er ihren Hals küsste. »Einmal haben ihn ein paar Größere vor der Sporthalle mit seiner Unterhose an einen Kleiderhaken gehängt, ich habe ihn selbst gesehen, und ich weiß noch, ich dachte, da hängt ein Toter, weil sein Kopf so totenschädelig aussah, die Augen zu und alles, und wir konnten seinen nackten Hintern sehen.«
Lang sagte, dass Neil Obstat in Wirklichkeit gar nicht so übel sei. Er sagte, dass er und Obstat sich morgen freinehmen wollten, weil Samstag war, vielleicht irgendwohin fahren. Er sagte, Lenore sei natürlich mit eingeladen, er werde dann schon dafür sorgen, dass sich Obstats Unheimlichkeit in Grenzen halte. Darauf lachte Lenore. Dann sagte sie Lang, dass sie ja schon mit Rick Vigorous in die Great Ohio Desert fahre, dass alles schon fest verabredet sei und deshalb unabänderlich. Lang war nicht sehr erfreut.
»Außerdem hat Rick dort irgendetwas vor«, sagte Lenore. »Schon heute konnte er sich kaum beherrschen und hätte mich beinahe angeschrien. Alle, mein Bruder, mein Vater, Mr. Bloemker vom Altenheim, alle wollen unbedingt von mir, dass ich dort
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