Der Besen im System
von Indiana aufgehalten haben, dass die Frau unter einer beinahe hirnerweichenden Neurose leidet, die sie zu ständiger erotischer Kontaktaufnahme zwingt, um ihre Gefühle von Paranoia und verlorener Dreidimensionalität nicht übermächtig werden zu lassen.«
»Komm, gehen wir. Hier ist der Bus, und die meisten Leute steigen ein. Lass uns aus dem Schatten herausgehen.«
»Hast du bis jetzt alles verstanden?«
»Ja. Dentist, Pfadfinderleiter, Leistungsnadel, Rettung, Frau mit Dimensionsproblemen. So weit alles klar. Aber eigentlich möchte ich mal was sagen, Rick.«
»Lenore, ich habe eine Idee. Sollen wir mitfahren? Nur so zum Spaß? Na, was meinst du?«
»Bist du verrückt? Weißt du, was in der Inneren Wüstenei jetzt los ist? Heute ist Samstag, das hast du wohl vergessen. Bleiben wir lieber am guten alten See.«
»Warum diese Fixierung auf Seenähe, Lenore?«
»...«
»Jedenfalls, wir erfahren, dass der nach wie vor bewusstlose Psychologe in seinen Therapiesitzungen erklärt hat, die psychologischen Probleme der geradezu schmerzlich schönen Frau gingen ursächlich auf den fortgesetzten Ansturm erotischer Situationen zurück, mit denen die Frau in ihrem Alltagsleben im sozialen Raum einer Stadt wie Indianapolis konfrontiert wird, wo sie nämlich lebt, sodass das Problem als zweigeteilt zu betrachten ist, a) als Angriff erotischer Situationen auf die sexuelle Identität der Frau durch andere Mitglieder im sozialen Raum der Stadt Indianapolis, aber zugleich b) als Versagen der Frau, sich ein hinreichend starkes Selbstwertgefühl aufzubauen, das ihr erlauben würde, bei Annäherungsversuchen zumindest so wählerisch zu sein, dass daraus persönlich ein positiver Effekt für ihr Selbstwertgefühl gewonnen werden kann.«
»Ich kriege einen Sonnenbrand auf der Nase, ich fühle es.«
»Ich nehme an, du willst mich etwas über diese Turnveranstaltung fragen? Nun, der Plain Dealer hat mit Kritik nicht gespart.«
»Hör zu, wenn du reden willst, reden im Sinn von Gedankenaustausch, umso besser, denn wir müssen dringend miteinander reden. Setzen wir uns doch einfach in den Sand und ...«
»Nein, nein, warte. Noch nicht. Noch hängt die Geschichte in der Luft.«
»Was?«
»Um zu der Geschichte zurückzukehren: Der weitere Kontext gibt uns zu verstehen, dass der Psychologe im günstigsten Fall als gestört, im schlimmsten Fall schlicht als kriminell anzusehen ist, und dass er, unter dem Vorwand einer Therapiesitzung fern von den nachteiligen und belastenden erotischen Anstürmen ihres normalen sozialen Raums, seine Patientin nur deshalb in die dichten Nadelwälder von Indiana gelockt hat, um sie zu verführen, ein Vorsatz, der auch umgesetzt wird, sobald sie den Einzugsbereich der Zivilisation einige Meter hinter sich gelassen haben, also auf recht dämliche, durchschaubare Weise, aber immerhin doch so, dass sich die verunsicherte Frau aus verschiedenen Gründen nicht zu einer Gegenwehr imstande sieht, wodurch die ersten beiden Tage praktisch nur wie verrückt gebumst wird, immer auf dem nadelbedeckten Boden der weitläufigen Nadelwälder, und tatsächlich geschieht es bei einer dieser Gelegenheiten, dass das magnetische Klemmbrett des Psychologen mit dem Kompass der Frau in Berührung kommt und diesen so desaströs beschädigt, dass er als – ihre einzige! – Orientierungshilfe fortan ausfällt.«
»...«
»Das katastrophische Potenzial dieses Vorfalls bleibt trotz einwöchiger Harzdiät indes gering dank des rechtzeitigen Eintreffens des theoretischen Dentisten mit seinem Fähnlein, welches der Frau gleich einen wahren Sturzbach kontextueller Erklärungen entringt, weil sie nämlich dem Dentisten auf der Stelle verfällt, obwohl er mit einer beginnenden Glatzenbildung zu kämpfen hat, egal, jedenfalls führt die dramatisch-romantische Rettungssituation, nicht zu vergessen die geradezu schmerzliche Schönheit der Frau zu einer reziproken Aufwallung seitens des Dentisten, und nach einer etwas seltsamen und vollkommen unangemessenen Szene wird klar, dass das zarte Pflänzchen Liebe seine ersten Triebe durch den toten nadelbedeckten Waldboden treibt, während ringsum die Pfadfinder wuseln, Leistungsnadeln erwerben und Orientierungsmärsche absolvieren, dies zum Teil nur mit Hilfe von Sternen und kosmischen Nebeln, und sich natürlich sofort bereit erklären, den mehr als angeschlagenen Psychologen mittels eines allein aus den Baustoffen der sie umgebenden Natur gefertigten Schleppschlittens aus der Wildnis zu
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