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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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transportieren, das sind Äste, Harz und zu Tauen geflochtene Kiefernnadeln.«
    »Rick, ist das vielleicht so ein Indiz?«
    »Warte auf den Höhepunkt.«
    »Nein, Rick. Hier, siehst du? Fußspuren. Aber neben jedem Fußabdruck vier Löcher wie von einer Gehhilfe, die im Sand eingesunken ist. Könnte das jemand sein, der eine Gehhilfe braucht?«
    »Ich glaube nicht. Hier haben wohl nur viele Sonnenschirme gestanden, und der oder die Betreffende ist zwischen ihnen hindurchgegangen. Hier wimmelt es von Sonnenschirmen, und die Löcher, die sie im Sand hinterlassen, sind in meinen Augen nicht mit denen einer Gehhilfe vergleichbar. Außerdem, wie du vielleicht bemerkt hast, gibt es hier keine Dünen ...«
    »Du hast wahrscheinlich Recht ...«
    »Und um die Geschichte auf angenehme Weise abzukürzen, sei gesagt, dass der theoretische Dentist und die geradezu schmerzlich schöne Frau heiraten. Sie verlieben sich rettungslos ineinander und beschließen ihre immerwährende Vereinigung, und die Frau schildert dem Dentisten ihren ganzen neurotischen Formenkreis, und der Dentist reagiert wahnsinnig feinfühlig und sagt, das mache gar nichts, anschließend geht er hin und spricht mit dem inzwischen zumindest körperlich genesenen Psychologen und vergibt ihm den Übergriff auf eine wehrlose Patientin und bittet ihn aus Mitleid und Nettigkeit sogar, ihr Trauzeuge bei der heraufziehenden, drohenden Hochzeit zu sein. Ja, die Hochzeit steht drohend am Horizont, und der Psychologe ist erst einmal nur erleichtert über die Diskretion des Dentisten, gleichzeitig ist er aber immer noch rasend verliebt in die geradezu schmerzlich schöne Frau und zieht sie während der Hochzeitszeremonie – in Anwesenheit u. a. des Bruders des Dentisten und des gesamten Clans der Frau aus Indianapolis sowie allem, was auf dem Felde der theoretischen Zahnheilkunde Rang und Namen hat –, zieht sie bereits während der Hochzeitszeremonie heimlich feixend mit seinen unholden Augen aus.«
    »Ich bin müde.«
    »Was an diesem Punkt der Entwicklung allerdings wirkungslos bleibt, da die Bedürfnisse der Frau trotz fortbestehenden pathologischen Liebeshungers zur Abwehr ihrer neurotischen Anfälle von dem theoretischen Dentisten mehr als erfüllt werden, in dem nämlich seinerseits durch den Einfluss der geradezu schmerzlich schönen Frau eine Leidenschaft und Sehnsucht nach Intimität erwacht sind, wie er sie seit Jugend- und Pfadfindertagen nicht mehr erlebt hat. Hier folgt nun eine recht lange, langwierige und drastische Passage über die Folgen der neu erwachten Leidenschaften und erfüllten Bedürfnisse, von denen einige den Missbrauch bestimmter medizintechnischer Apparate einschließen, welche zwar auf die emotional unschuldigste Weise und deswegen, schätze ich mal, letztendlich zulässige Weise eingesetzt werden, doch in der Praxis selbst die wildesten Phantasien eines Dentisten weit übersteigen. Wenn du verstehst, worauf ich anspielen will.«
    »Vielleicht beschleunigst du deine Anspielungen ein bisschen, damit wir endlich reden können.«
    »Glaub mir, Lenore, das ist mir nicht entgangen. Aber machen wir es innerhalb des gegebenen kontextualen Rahmens.«
    »Dann red schon weiter.«
    »Der theoretische Dentist und die geradezu schmerzlich schöne Frau heiraten also und erklimmen gemeinsam unglaubliche Ebenen der Intimität, und keiner lehnt etwas ab, was der andere gut findet, oder findet es nicht schön oder krank im Kopf, und die Frau ist unheimlich glücklich, weil sie bis über beide Ohren verliebt ist in den zugegebenermaßen etwas älteren, aber immer noch sehr vorzeigbaren theoretischen Dentisten, bei dem alle ihre pathologischen Bedürfnisse innerhalb eines emotional wie sozial akzeptablen gesellschaftlichen Rahmens erfüllt werden. Und der theoretische Dentist ist auch unheimlich glücklich wegen seiner leidenschaftlichen und allumfassenden Liebe zu seiner geradezu schmerzlich schönen Frau und weil die Erfüllung ihrer vielfältigen Bedürfnisse für ihn alles andere als eine Qual darstellt. Kurz und gut, das Ganze ist einfach nur wunderbar.«
    »...«
    »Bis zu dem Tag, an dem der theoretische Dentist Opfer eines schrecklichen Autounfalls wird, an dem er zwar nicht schuld ist, den er aber nur taub, stumm und vollständig gelähmt überlebt, wie gesagt, alles ohne eigene Mitwirkung.«
    »Wieder mal eine von deinen aufbauenden Geschichten, sehe ich.«
    »Und jetzt liegt der theoretische Dentist in einem Krankenhausbett, das ihm für den Rest

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