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Der Besen im System

Titel: Der Besen im System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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sehe mir nur etwas an«, sagte sie.
    Mr. Bloemker trat näher. Er roch wie eine nasse Windel.
    »Was ist das?«, fragte er und sah Lenore von hinten über die Schulter.
    »Wenn es das ist, was ich denke«, sagte Lenore, »dann ist das so eine Art Witz, so eine, wie heißt das nochmal ... Antinomie.«
    »Antinomie?«
    Lenore nickte. »Großmutter mochte Antinomien. Und ich glaube, dieser Mann hier«, und schaute auf die Zeichnung, »dieser Mann hier, das ist der Barbier, der alle rasiert, aber nur die, die sich nicht selber rasieren.«
    Mr. Bloemker sah sie an: »Ein Barbier.«
    »Die Killerfrage«, sagte Lenore zu dem Zettel, »lautet: Rasiert der Barbier auch sich selber oder nicht? Deshalb explodiert ihm der Kopf.«
    »Entschuldigung, da komme ich nicht mit.«
    »Aber ja. Denn wenn er sich rasiert, tut er es nicht. Und wenn er es nicht tut, tut er es doch.«
    Mr. Bloemker starrte auf die Zeichnung. Strich sich über den Bart.
    »Ich denke, ich gehe jetzt«, sagte Lenore. »Es ist wirklich heiß hier. Ich muss hier raus.«
    »Auf jeden Fall.«
    Lenore steckte das Stonecipheco-Etikett in ihre Handtasche und schloss die Schublade. »Den Schlüssel lege ich hier auf den Schreibtisch, aber außer der Polizei, falls sie denn gerufen wird, was ich richtig fände, sollte niemand mehr in Großmutters Sachen rumwühlen.«
    »Ganz meine Meinung. Und diese...«
    »Antinomie?«
    »Ja.«
    »Die würde ich gerne mitnehmen, wenn das geht.«
    »Nun, ich habe keine gegenteiligen Anweisungen erhalten.«
    »Danke.«
    Es klopfte an der Tür. Eine Angestellte des Wohnheims reichte Mr. Bloemker einen Zettel. Mr. Bloemker las den Zettel. Die Angestellte schaute einen Moment lang auf Elenores Kleid und Schuhe und ging dann.
    »Wie ich sagte, Concarnadine Beadsman in Bereich J weilt immer noch unter uns«, sagte Mr. Bloemker. »Wollen Sie sie sehen, bevor Sie...«
    »Nein wirklich, vielen Dank«, sagte sie schroff. »Ich muss unbedingt zur Arbeit. Wie viel Uhr ist es eigentlich?«
    »Kurz vor zwölf.«
    »Mist, die werden mich schlachten. Ich hoffe bloß, Candy ist für mich eingesprungen. Gibt es hier irgendwo ein Telefon, mit dem ich nach draußen telefonieren kann? Ich muss unbedingt sagen, dass ich zu spät komme.«
    »Es gibt Münztelefone an jeder Rezeption. Ich zeige Ihnen, wo.«
    »Richtig, jetzt erinnere ich mich.«
    »Natürlich.«
    »Hören Sie, ich melde mich bald wieder. Ich rufe meinen Vater an und sage ihm, er soll sich mit Ihnen in Verbindung setzen.«
    »Das wäre mir eine große Hilfe, vielen Dank.« Auf Mr. Bloemkers Hemd zeichnete sich, entlang der Revers, ein dünnes V ab.
    »Und wenn Sie sich bitte bei mir melden, sobald Sie Näheres wissen. Entweder auf der Arbeit oder bei den Tissaws.«
    »Seien Sie gewiss. Sie arbeiten immer noch bei Frequent &. Vigorous?«
    »Ja. Haben Sie die Nummer?«
    »Die habe ich sicher noch irgendwo.«
    »Nein, warten Sie, ich schreibe Sie Ihnen noch einmal auf, nur zur Sicherheit. Wir kriegen eh schon so viele falsche Anrufe.« Lenore schrieb die Nummer auf eine Visitenkarte, die sie aus ihrer Handtasche geholt hatte, und gab sie Mr. Bloemker. Mr. Bloemker sah auf die Vorderseite der Karte.
    »›Rick Vigorous: Lektor, Leser, Geschäftsführer, Allgegenwärtige Literarische Lichtgestalt, Frequent & Vigorous Publishing, Inc.‹?«
    »Bitte beachten Sie das nicht, es geht nur um die Nummer. Zeigen Sie mir nur noch das Telefon. Ich bin furchtbar spät dran, und es bringt Lenore auch nicht zurück, wenn ich länger hier bleibe.«
    »Natürlich. Warten Sie, ich mache Ihnen auf.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
│f│
25. August
    In Nächten, in denen ich leonorelos im Bett liege, habe ich regelmäßig einen schrecklichen Alptraum. Und zwar muss ich mit der Schildpattseite einer Haarbürste die Klitoris von Königin Victoria stimulieren. Ihre voluminösen Röcke wirbeln um ihre Hüften und um meinen Kopf. Ihre mächtigen Schenkel mit Cellulite wie Hüttenkäse lasten schwer auf meinen Schultern und quellen vor meinem schweißnassen Gesicht. Man hört das Klimpern dicker Klunker, während sie sich in die günstigste Position bringt. Dann die Gerüche. Ihr ungeduldiges Schnaufen klingt wie Donner über mir, während ich vor ihrem Thron knie. Zeit vergeht. Schließlich höre ich ihre Stimme, metallisch vor Ekel und Frustration: »Wir sind nicht stimuliert.« Eine Wache schlägt mir gegen den Arm, und man wirft mich in eine Grube, auf deren Grund zahllose Mäuse brodeln. Ich wache auf mit dem Mund

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