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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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laienhaft ausgedrückt: Sind diese Kontroll- und Hemmmechanismen außer Kraft, kann das Gleichgewicht zwischen Bestie und Mensch aus den Fugen geraten, was eine Tendenz zu schwereren Straftaten und impulsiven Aggressionsdelikten begünstigt …“
    „Aha … und was … wie kann man denen helfen?“
    „Nun … erfolgt ein entsprechendes Trauma im erwachsenen Stadium, lässt sich über Medikamente, Gesprächs- und Verhaltenstherapie durchaus einiges bewerkstelligen … die meisten Erwachsenen haben sich ja im Laufe ihrer Entwicklung ein emotionales Bewusstsein angeeignet – Mitgefühl, Empathie, sozial verträgliche Verhaltensweisen auch unter Stress – und sie sind unter Umständen auch in der Lage, das trotz einer Verletzung wieder abzurufen. Schwieriger wird es bei Störungen im frühen Alter … Kinder mit derartigen Verletzungen und Folgeschäden, die zum Glück nicht sehr häufig sind, haben oftmals zwar normale kognitive Fähigkeiten, aber ein schwer gestörtes Sozialverhalten … sie können die Konsequenzen ihrer Handlungen nicht antizipieren und ihr Verhalten entsprechend ihren Erfahrungen ändern. Sie sind quasi unbelehrbar. Dementsprechend beschränkt sind die Möglichkeiten einer Therapie … zumindest ist das meine berufliche Erfahrung …“
    „Also bringt es bei einem Schüler, der wegen so einem Hirnschaden einen anderen schwer verletzt, auch nichts, wenn ihn der Schulpsychologe vollquatscht?“, wollte Schäfer wissen, der unweigerlich an das Protokoll über Kastor denken musste.
    „Hm“, machte der Psychiater und sah Schäfer irritiert an, „das entspricht dieser Theorie, aber es verleitet, so wie Sie es ausdrücken, auch dazu, einen jungen Menschen mit so einem Verhalten von jeder Verantwortung und Schuld freizusprechen …“
    „Aber das haben Sie doch eben gesagt …“
    „Na ja“, meinte der Psychiater geziert, „wissen Sie: Nur weil ich das als medizinische Hypothese formuliere, dürfen wir das nicht als Grundlage für die Verantwortlichkeit sozialen Verhaltens nehmen. Vor allem, da die besagten Läsionen nur einen Teilaspekt ausmachen. Erziehung, soziales Umfeld und genetische Disposition sind diesbezüglich ebenso wichtig … also das sogenannte Böse nur an besagten Abweichungen und Störungen festzumachen, diese Theorie hat zwar ebenfalls Anhänger, doch konsensfähig ist sie nicht …“
    „Ja“, erwiderte Schäfer, der sich erinnerte, das schon einmal aus dem Mund eines anderen Psychiaters gehört zu haben. Konnten sich diese Typen denn nie festlegen? „Und was heißt das jetzt in Bezug auf unseren Fall?“
    „Zum einen, dass die Neurologen, die hier tätig waren, intellektuell und in Bezug auf Forschungsergebnisse weit über dem Durchschnitt dessen stehen, was ich hier betreibe … und zum anderen, dass sie höchstwahrscheinlich neurologische Versuche jenseits aller ethischen Standards durchgeführt haben … weil sie die Auswirkungen ihrer Methoden unmöglich abschätzen haben können … da sind wir jetzt, zwölf Jahre später, so weit, dass wir uns das bei Ratten trauen …“
    „Wie aufwendig ist so etwas … ich meine: Da braucht man doch ein Team, ein Labor, einen OP, was weiß ich …“
    „Zweifelsohne … und vor allem brauchen Sie Kontrollfreiheit … hier wurde mit fötalen Stammzellen und fremdem Gehirngewebe experimentiert … das hat es zu dieser Zeit nur in dubiosen Anstalten in China und anderen Diktaturen gegeben, die es mit den Menschenrechten nicht so genau genommen haben …“
    „Und was war das Ziel des Ganzen?“
    „Da fragen Sie mich zu viel … wie gesagt: das sind protokollartige Aufzeichnungen in einem persönlichen Abkürzungscode … von Zielvorgaben oder Erwartungen des Verfassers ist darin nicht die Rede, da müssten Sie sein Tagebuch finden …“
    „Hm“, machte Schäfer, dessen Gehirn sich kurz ausruhte wie australische Buschläufer, die auf ihren Wanderungen immer wieder innehalten, um der Seele Zeit zu geben, den Körper einzuholen. Er wartete, dass er etwas verstand, doch es kam nichts nach.
    „Also, meine Empfehlung ist, dass wir meinen Kollegen Doktor Hofer mit ins Boot holen, da er der führende …“
    „Kommt gar nicht in Frage!“, rief Schäfer, der sich vor lauter Befragungen, Diskussionen und Telefonaten gar nicht mehr erinnern konnte, wen er über Hofers mögliche Verstrickungen eingeweiht hatte. Seinen momentanen Gesprächspartner offenbar nicht. „Ich meine, zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht, aber jetzt …

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