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Der bessere Mensch

Der bessere Mensch

Titel: Der bessere Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Wenn alle Mädchen in diesem Alter so wie Lisa wären, müsste man sich keine Sorgen um die Zukunft der Welt machen. So liebenswürdig, feinfühlig und großzügig – wenn er selbst je eine Tochter bekäme, würde er sich wünschen, dass sie so wie Lisa wäre. Er ging in die Küche und durchsuchte die Anrichte nach Schokolade oder anderen Süßigkeiten. Nichts. Wo war denn die Familienpackung Mannerschnitten hingekommen, die er vor ein paar Tagen gekauft hatte? Er zog das T-Shirt hinauf, packte mit beiden Händen das Fettgewebe unterhalb seines Nabels zwischen Daumen und Zeigefinger und zog daran. Er musste wirklich Obacht geben.

5.
    Den Kopf umwölkt von den Traumresten einer unruhigen Nacht, erschien Schäfer im Kommissariat. Sollte er seinem Therapeuten am Nachmittag von der Ausstellung auf der Baumgartner Höhe erzählen? Dass er sich freiwillig gemeldet hatte, die Schulklasse dorthin zu begleiten? Sie sollten sich nicht noch zusätzlich zu ihrer Arbeit dem Schrecken des Todes aussetzen – etwas in der Richtung würde ihm der Therapeut vorwerfen, zu dem er inzwischen nur mehr alle zwei Wochen ging. Was sollte er denn tun? Nicht hinsehen war auch eine Form der Wiederbetätigung, wie Bergmann treffend bemerkt hatte. Außerdem hing doch alles zusammen: die Mörder und ihre Opfer, die eine Grausamkeit mit der anderen; und wenn man den Tod einmal zum Reiseleiter gewählt hatte, musste man sich nicht über die Orte wundern, an die er einen führte. Er warf dem Psychiater ja auch nicht vor, dass er sich ständig mit Irren umgab.
    Als er gerade dabei war, die Gruppe zur Morgenbesprechung zusammenzurufen, rief Kamp an. Er solle noch eine halbe Stunde warten; zwei Männer vom Verfassungsschutz würden vorbeikommen, da ein politisches Motiv nicht auszuschließen sei.
    „Großartig … das heißt dann wieder einmal, dass wir jeden Schritt mit ihnen abstimmen dürfen und doppelt so lange für alles brauchen“, raunte Schäfer Bergmann zu.
    „Vielleicht nehmen sie uns auch Arbeit ab …“, erwiderte Bergmann gelassen, weil er wusste, dass sein Chef noch nie mit irgendjemand anderem jeden Schritt seiner Arbeit abgestimmt hatte.
    „Sie nehmen uns Arbeit weg und finden das heraus, was sie herausfinden wollen …“
    „Sie fürchten, dass uns Mugabe wieder hineinpfuscht …“
    „Genau“, gab Schäfer mürrisch zu. Zwischen dem Polizeipräsidenten und ihm gab es ein stilles Abkommen, sich nicht mehr als nötig zu befehden. Beide hatten sich in jüngster Vergangenheit ein paar Fehltritte geleistet, die – einmal publik gemacht – mit ihren Ämtern nicht vertretbar wären. Dabei sah Schäfer seine eigenen Entgleisungen natürlich als den Zweck heiligende Mittel, die letztendlich dazu geführt hatten, zwei Mörder zu überführen. Und der Polizeipräsident, der den renitenten Schäfer allzu gerne in die Provinz versetzt hätte, war von diesem leider mit einem der beiden Täter beim Abendessen gesehen worden. Ob die Bekanntschaft mit dem obersten Exekutivbeamten des Landes einem Mörder geholfen hatte, so lange unentdeckt zu bleiben? Dafür hatte Schäfer gar nicht erst nach Beweisen gesucht. Ein Anruf bei der Presse und der Polizeipräsident wäre aus seinem imperialen Büro katapultiert worden wie ein Kampfpilot aus einer abgeschossenen Mig. So hatten sie es bei dieser Pattstellung belassen, und wenn Mugabe wieder einmal an Schäfers Bauern rüttelte, knurrte der genauso grimmig wie jener, wenn ihm der Major an den Turm pinkelte.
    Ein Kollege von der Spurensicherung hatte ihm ein E-Mail mit dem Betreff „Borns Porn“ geschickt. Sie hatten den Laptop des Mordopfers durchsucht und waren auf eine ansehnliche pornografische Sammlung gestoßen – allerdings unbedenklichen Inhalts, wie es der Beamte formulierte: keine Kinder, keine Tiere, keine realen Gewaltszenen. Glück gehabt, sagte sich Schäfer, und dachte dabei weniger an die Ermittlungen als vielmehr an seinen Kollegen, der ebenfalls in therapeutischer Behandlung war, weil ihn das, was er regelmäßig auf konfiszierten Computern fand, in tiefe Verzweiflung gestürzt hatte.
    Eine halbe Stunde vor dem Besprechungstermin suchte Schäfer Kovacs in ihrem Büro auf.
    „Haben Sie mir wenigstens eine Flasche Roten mitgebracht von Ihrem Ausflug ins schöne Burgenland?“, begrüßte er sie halb vorwurfsvoll.
    „Verbotene Geschenkannahme“, erwiderte Kovacs trocken, rückte vom Schreibtisch weg und holte eine Papiertasche zwischen ihren Füßen hervor, die sie Schäfer

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