Der bessere Mensch
rücksichtsvollsten und zuvorkommendsten Menschen, die nach einer Narkose manchmal ausfällig werden. Was natürlich nichts über Ihren eigenen Charakter aussagen muss, Herr …“
„Schäfer … von der Kriminalpolizei“, antwortete Schäfer kleinlaut. „Wann kann ich ihn denn besuchen?“
„Kommen Sie nach dem Mittagessen wieder“, der Arzt öffnete die Tür zu Bergmanns Zimmer, „da geht es ihm bestimmt besser.“
„Danke … auch für die gute Behandlung … für … ja … Wiedersehen.“
Auf dem Weg ins Kommissariat fühlte er sich wie ein eingeschüchterter Schuljunge, dem der Direktor einen gerechtfertigten Rüffel erteilt hatte. Nur weil er sich davon überzeugen wollte, dass es seinem Kollegen gut ging. Ärzte … präpotente Säcke, murmelte er vor sich hin und war gleichzeitig froh, dass Bergmann von einem Mediziner betreut wurde, der sich durch einen Polizeiausweis nicht einschüchtern ließ.
An der Morgenbesprechung nahmen neben Kamp und Schäfers Gruppe auch vier Streifenpolizisten teil, die sie bei den Befragungen unterstützen würden. Schreyer war auch wieder dabei. Nachdem seine Leistungskurve unter fremder Führung in kürzester Zeit unter null gefallen war und er sich benommen hatte wie Heidi in der großen Stadt, hatte Bruckner ihn gerne wieder zurückgegeben. Jetzt saß er da und strahlte glücklich in die Runde … mein Gott, gleich wird er sich auf den Rücken werfen und erwarten, dass ich ihm den Bauch kraule, dachte Schäfer, warf Schreyer statt eines Hundekeks einen strengen Blick zu und begann seine Ausführungen.
„Das Wichtigste vorweg: Kollege Bergmann hat die Operation gut überstanden, sieht ganz danach aus, als ob wir ihn bald wieder zurückhaben. Was den Mord an Mladic betrifft, können wir frühestens heute Abend mit Ergebnissen der Spurensicherung und der Gerichtsmedizin rechnen. Bisher deutet jedoch alles darauf hin, dass wir es mit demselben Täter zu tun haben, der Born ermordet hat und bei Schröck eingebrochen hat. Der Modus Operandi ist bei Mladic zwar ein anderer, da er mit einem Herzschuss getötet wurde – das hat aber höchstwahrscheinlich damit zu tun, dass Mladic im Gegensatz zu Born einem Angreifer durchaus gefährlich werden konnte und womöglich auch eine Waffe besaß. Ein weiteres wichtiges Faktum: Ich gehe davon aus, dass Bergmann nicht nur Glück hatte, sondern dass der Täter ihn gezielt außer Gefecht gesetzt hat, ohne ihn schwer verletzen oder gar töten zu wollen. Für diese Theorie sprechen nicht nur die präzisen Schüsse, die keine inneren Organe verletzt haben, sondern auch der Umstand, dass der Täter mich weder verletzt noch irgendwelche Anstrengungen unternommen hat, mich an seiner Verfolgung zu hindern. Das Profil, das wir aus dem Mord an Born gewonnen haben, bestätigt sich also: eine genau geplante Hinrichtung, ohne das Opfer zusätzlich zu foltern oder andere Personen zu töten, dazu die Zerstörung des Gehirns durch Säure. Schön wäre natürlich, wenn wir uns um den Geisteszustand des Täters gar nicht mehr zu kümmern brauchten, weil er uns vorher schon ins Netz geht. Die Chancen dafür stehen gut, weil Bergmann ihn im Bereich des linken Schlüsselbeins angeschossen hat. Die Spurensicherung hat das Projektil nicht gefunden, also gehen wir von einem Steckschuss aus, der auf jeden Fall operiert werden muss. Eine entsprechende Meldung an alle Krankenhäuser, Apotheken und die Ärztekammer ist schon draußen. Dennoch müssen wir an jede Möglichkeit denken, wie sich der Täter helfen lassen könnte: von pensionierten Ärzten über solche, die ihre Zulassung irgendwann verloren haben, bis hin zu Veterinärmedizinern …“
„Gibt es eigentlich keine Blutspuren des Täters am Tatort?“, erkundigte sich Kovacs.
„Wissen wir noch nicht … aber wenn ja, gibt uns die Spurensicherung sofort Bescheid. Gut … was noch … ja, die Anrufe des Opfers … unglücklicherweise verfügen wir über keine Aufnahmen, da Mladic in beiden Fällen die Privatnummern gewählt hat …“
„Ich habe ein stichwortartiges Protokoll erstellt“, brachte sich Kamp ein, „das maile ich gerne weiter … allerdings mache ich mir keine großen Hoffnungen, dass sich daraus etwas ergibt … Mladic war besoffen, hat schwer gelallt und das obendrein in drei Sprachen … ‚Dabar, Dabar‘ habe ich immer wieder herausgehört … keine Ahnung, was das heißen soll …“
„Biber“, meinte Kovacs, „das ist das serbokroatische Wort für Biber … vielleicht
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