Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)
überquellenden Aschenbecher. Sie blickte mit
gemischten Gefühlen hinüber in ein modernes, recht geräumiges Büro mit einer
kleinen Sitzecke, die geradezu einladend wirkte.
»Warum redest du nicht selbst mit ihm?« wandte sich Anna flüsternd
an Christian.
»Pete ist Psychologe, und Volker bringt selbst einen Stein zum
Weinen. Außerdem soll er nicht das Gefühl haben, er sei wichtig genug für den
Chef.« Christian knackte mit jedem einzelnen seiner Finger, eine deutliche
Übersprungshandlung, die zeigte, wie wichtig dieses Verhör war. Es konnte sie
einen entscheidenden Schritt nach vorne bringen oder alle bisherigen Theorien
in Frage stellen und sie zu einem Neustart zwingen.
Auf der anderen Seite betraten Volker, Pete, Detering und ein
gutgekleideter, selbstbewußt wirkender Mittfünfziger den Raum. Pete bat sie,
Platz zu nehmen.
Über ein verstecktes Mikro konnte man im Raum nebenan mithören.
Christian sah Anna fragend an. Sie nickte: »Kein Zweifel: Das ist er.«
»Schön, daß Sie uns helfen wollen. Wir sind Ihnen sehr dankbar«,
eröffnete Pete das Gespräch, nachdem alle sich gesetzt hatten. Nur Volker blieb
mit dem Rücken zum Fenster im Gegenlicht stehen. Pete stellte einen Rekorder
auf den Tisch. »Ich nehme an, das stört Sie nicht. Die lästige Bürokratie, Sie
verstehen.«
»Ich bin überrascht, daß Sie Zeit finden, mit mir zu reden«, wandte
sich Detering spöttisch an Volker.
Sofort schaltete sich Deterings Anwalt ein: »Wir wären Ihnen sehr
verbunden, wenn Sie das Gespräch kurz halten würden. Daß wir überhaupt hier
sind, an einem Samstagnachmittag, geschah auf den Wunsch meines Mandanten, der
seiner Bürgerpflicht nachkommen will, selbst wenn ihm nicht klar ist, auf
welche Weise er Ihnen helfen könnte. Ich habe ihm abgeraten. Und der Rekorder
dürfte nicht nötig sein. Ich dachte, dies hier ist ein inoffizielles Gespräch
auf freiwilliger Basis.«
»Freiwillig ja, aber inoffiziell natürlich nicht. Wir müssen uns an
unsere Vorschriften halten«, warf Volker so desinteressiert wie möglich ein.
»Ist schon gut, Werner«, meinte Detering zu seinem Anwalt, »ich habe
nichts zu verbergen.« Der Anwalt warf seinem Mandanten einen warnenden Blick zu
und schnaubte unwillig.
Pete schaltete den Rekorder ein, nahm Zeit, Ort und Personalien der
Anwesenden auf und vermerkte, daß die Zeugenbelehrung stattgefunden hatte. »Wir
werden Ihre kostbare Zeit nicht allzu lange in Anspruch nehmen, Herr Dr. Blei.«
Er wandte sich an Detering: »Wie schon erwähnt, geht es bei dieser Befragung um
Ihre Reisen, die Sie als Immobilienmakler durch ganz Deutschland führen. Sie
sind häufig in Düsseldorf?«
Detering nickte: »Ich arbeite eng mit einem dort ansässigen Makler
zusammen.«
»Makeln Sie auch in Holland?«
Eine Millisekunde schien Detering irritiert, doch er antwortete klar
und knapp: »Nie. Nur in Deutschland.«
Ruhig, fast blasiert schaltete sich Blei ein: »Würden Sie uns
freundlicherweise endlich sagen, worum es genau geht?«
Pete sah Blei nicht an und erklärte Detering, daß er sich zufällig
zum Todeszeitpunkt der vier bislang aufgefundenen Kinder in der Nähe der
Fundorte aufgehalten hatte. Blei runzelte die Stirn: »Wollen Sie damit sagen,
daß mein Mandant verdächtig ist?«
Pete ignorierte die Frage und fixierte Detering: »Sie werden
verstehen, daß wir jeder Spur nachgehen müssen. Und es macht Ihnen doch sicher
nichts aus, uns Einblick in Ihre Termine zu geben, die Sie am Osterwochenende
nach Berlin, vom 24. bis 27. Mai nach München und vom 22. bis 24. Juni nach
Saarbrücken geführt haben.«
Detering bückte sich nach der Aktentasche, die er neben sich
abgestellt hatte. Sachlich antwortete er Pete: »Ich habe, da Sie in meinem Büro
ja schon Terminfragen andeuteten, meine Agenda mitgebracht.«
Während er beinahe gemütlich in seinem Kalender blätterte, redete er
so entspannt weiter, als säße er mit seinen Kumpels beim sonntäglichen
Stammtisch: »Was halten Sie von der Chaostheorie? Die besagt doch, daß nichts
rein zufällig ist, oder? Ich verstehe ja diesen Käse nicht. Aber meiner Frau
ist das auch schon aufgefallen. Sie sieht viel fern, unter anderem täglich
mehrfach Nachrichten. Als hätte sie kein eigenes Leben. Jedenfalls sagte sie
kürzlich, als ich aus Saarbrücken kam …«
Er blickte triumphierend von seinem Kalender hoch: »… gefunden! Das
war am Freitag, dem 24. Juni am späten Abend, da sagte sie zu mir, daß schon
wieder ein totes Kind
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