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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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sie mit wichtiger Miene weitererzählte: »Warum waschen, hat
er gesagt und dabei ganz erwachsen getan. ›Der Körper ist immer schmutzig. Mit
Bazillen und bösem Blut und Kot innen drin. Nur die Seele ist rein.‹ Das hat er
gesagt.« Frau Petzold lehnte sich zufrieden nickend zurück.
    »Verstehen Sie jetzt, was ich meine?« mischte sich der Pfarrer ein.
»Das ist doch nicht gesund, wenn eine Mutter ihrem Kind so was in den Kopf
setzt.«
    Walter nickte. Auch Anna nickte. Langsam bekam sie das Gefühl, von
einem im Pfarrhaus grassierenden Nick-Virus infiziert zu sein.
    »Das klingt alles ein wenig düster«, befand Anna vorsichtig.
    »Trinken Sie Ihren Tee, der wird ja kalt«, schalt Frau Petzold
beiläufig ihren Gast. »Nein, so düster war das nicht. Die Deterings hatten
immer viel Besuch, allein schon wegen der Kundschaft für die Häuser. Aber sie
hatten auch viele Freunde, also sie nicht, aber er . Er war ja mehr der gesellige Typ. Feine Leute gingen da
ein und aus. Herren, verstehen Sie? Und Damen! Im Pelzmantel.« Frau Petzolds
Blick verlor sich schwärmerisch in einer fernen Vergangenheit: »Ich hätte
damals auch gerne einen Pelzmantel gehabt … Aber so was steht der Frau eines
Pastors nicht zu.«
    Walter nickte wieder und blickte philosophisch in die Glut seiner
Zigarre: »Besitz besitzt.«
    Anna mußte schmunzeln. Wahrlich, sie saß hier vor einem sehr »modern
eingestellten« Pfarrerspärchen. Walter Petzold kam ihr vor wie der Prototyp des
Alt-68ers, nur daß er sich im Gegensatz zu einigen seiner früheren
Gesinnungsgenossen Gott zugewandt hatte statt einer zynischen Karriere in
Wirtschaft oder Politik. Anna fragte sich, was Walter wohl von Fischer, Schily
und Konsorten halten mochte.
    »Der Kleine wollte dann ja auch Pfarrer werden«, erwähnte Irmgard
plötzlich. »Sie hat ihn immer mit zum Gottesdienst genommen, und es schien ihm
gut zu gefallen. Er saß ganz still neben seiner Mutter, irgendwo hinten, sie
hat sich nämlich nie nach vorne gesetzt, und schaute und schaute. Besonders gut
hat ihm wohl unser Jesus am Kreuz gefallen.«
    »Aber nach dem Brand war alles anders«, ergänzte Walter.
    Anna wurde noch aufmerksamer: »Inwiefern?«
    »Das war eine schreckliche Nacht«, nahm Irmgard ihren engagierten
Erzählstil wieder auf, »wie aus heiterem Himmel brach das Unglück über die
Familie herein. Wir sind erst wach geworden, als die Feuerwehr mit Sirene in
die Straße einbog, und dann haben wir auch schon den Rauch gerochen. Natürlich
sind wir sofort rausgelaufen. Das Haus brannte lichterloh, die meisten Nachbarn
waren schon auf der Straße, wir kamen etwas später als die anderen, verstehen
Sie, weil wir den Rauch nicht so schnell bemerkt haben und das Geprassel auch
nicht. Sie haben ja keine Vorstellung, wie laut das ist, wenn es richtig
brennt. Naja, jedenfalls, wir dachten nur, o mein Gott, o mein Gott,
hoffentlich sind die Deterings nicht mehr drin. Aber dann wurden die Leichen
schon rausgebracht, total verkohlt und qualmend. Das war … das war …
gespenstisch war das!«
    Irmgard Petzold brach bedrückt ab.
    »Drei Leichen waren es. Deswegen dachten alle zuerst, der Karl sei
auch drin gewesen. Aber dann sehe ich ihn plötzlich an der Ecke stehen, vorne
links, etwas verdeckt, neben dem Eingang zu unserem Garten. Er starrte ins
Feuer, unbeweglich wie Frau Lot …«
    Frau Petzold hatte sich wieder gefasst und führte fort: »… und dann
hat er sich plötzlich umgedreht und ist weggelaufen. Der Schock, verstehen
Sie?«
    »Vorher hat er noch in Irmgards frisch angelegtes Veilchenbeet
gekotzt«, fügte Walter Petzold hinzu.
    »Karl ist doch dann verschwunden gewesen. Wann ist er wieder
aufgetaucht? Wo war er denn hin? Und wer war die dritte Leiche?« Annas Fragen
kamen einen Ton zu investigativ. Sie nahm sich vor, ab sofort mehr Anteilnahme
in ihre Stimme zu legen.
    »Das war ein obdachloser Junge, den Frau Detering an dem Tag
aufgenommen hatte, um ihn zu speisen und einzukleiden und ihm mal eine
Badewanne und ein sauberes Bett zu bieten. Sie war eben christlich und meinte
es gut. Daß der arme Kerl in der Nacht zu Tode kommt, das war wohl Gottes
unerforschlicher Wille.« Herr Petzold legte seine Zigarre ab, nippte am Tee.
    Wie unter Zwang nahm Anna ebenfalls einen Schluck Tee.
    Irmgard sah es mit Wohlwollen: »Schmeckt gut, nicht wahr? Karl ist
erst am nächsten Nachmittag wieder aufgetaucht. Da stand es schon in allen
Zeitungen. Ach, was für ein blöder Ausdruck, es gibt bei uns ja nur

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