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Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe)

Titel: Der Bestatter: Thriller (Christian Beyer-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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ich die Drillinge getauft habe von den
Hubers. Siebenundsiebzig. Das war siebenundsiebzig.«
    »Genau. Da sind sie hergezogen. Mit ihrem kleinen Sohn«, bestätigte
Frau Petzold nickend. Die hagere Mittfünfzigerin saß auf der äußersten Kante
ihres mausgrauen Wohnlandschaftselements, balancierte ihre Teetasse auf den
Knien und sprach mit bewegter Mimik und konzentriertem Blick.
    »Karl«, warf Anna ein.
    Frau Petzold nickte eifrig: »Haben Sie schon mit ihm gesprochen?
Soweit ich weiß, wohnt er inzwischen in Hamburg, genau wie Sie.«
    »Ich will zuerst möglichst viele Informationen über die Ereignisse
von damals sammeln, damit ich seine posttraumatische Amnesie besser beurteilen
kann«, erwiderte Anna. »Falls Sie noch Kontakt zu ihm haben, wäre ich Ihnen
deshalb sehr verbunden, wenn Sie meinen Besuch erst mal nicht erwähnen würden.«
    Herr und Frau Petzold bedauerten den nicht vorhandenen Kontakt, was
Anna sehr erleichterte. Es galt unter allen Umständen zu vermeiden, daß irgend
jemand, vor allem Detering, von ihrem inoffiziellen Besuch hier erfuhr.
    Anna nippte an ihrem Tee und ignorierte tapfer das widerliche
Kirscharoma.
    »Was genau ist denn damals passiert?« griff sie ihr Thema wieder
auf.
    »Ausströmendes Gas. Sie sind verbrannt, völlig verbrannt. Und der
arme Junge hat es gesehen, als man sie rausgeholt hat«, meinte Walter Petzold
bekümmert und strich sich dabei über sein schulterlanges, graugelocktes Haar.
Er wirkte weitaus entspannter als seine Gattin, lehnte sich bequem an, was dazu
führte, daß seine in Filzlatschen steckenden Füße kaum den Boden berührten, so
klein war er, und hatte die Hände über seinem beträchtlichen Bauch gefaltet.
    »Das waren so nette Leute«, ergänzte Frau Petzold mit glänzenden
Augen, »er ein wirklich stattlicher Herr, verkaufte Immobilien. Er hat sein
eigenes Haus zum Musterhaus erklärt und den Kunden vorgeführt, wie schön man
darin wohnte. Ein guter Geschäftsmann.«
    »Und die Mutter? Wie war die so?« wollte Anna wissen.
    »Schwer zu sagen«, brummelte der Pfarrer. Seine Frau preßte kurz die
Lippen aufeinander und warf ihrem Mann einen trotzigen Blick zu.
    »Sie war eine ganz Gläubige, kam immer zum Gottesdienst. Obwohl die
Deterings eigentlich katholisch waren, kam sie immer in unsere Kirche. Naja,
’ne katholische gibt es hier eben nicht, und wir sind ja alle Gottes Kinder.
Nicht nur einmal die Woche kam sie, wie andere, nein, immer, wenn geläutet
wurde!« merkte Frau Petzold mit deutlich mißbilligendem Unterton an. »Also,
wenn Sie mich fragen, normal war das nicht!«
    »Wahrscheinlich hat sie das Fehlen ihres Mannes auf der Kirchenbank
überkompensiert«, brummelte Walter unzufrieden, »der kam nämlich nie.«
    »Trotzdem war er ein guter Mann«, beharrte Irmgard mit fast
kindlichem Trotz, »er hat es nämlich mit seiner Frau bestimmt nicht
leichtgehabt. Und mit dem Jungen auch nicht. Trotzdem hat er seine Frau nicht
verlassen. Und dem Karl, dem hat er hinter dem Haus einen ganz tollen
Spielplatz gebaut.«
    »Wieso denken Sie, daß er es nicht leicht mit dem Kind hatte?«
fragte Anna.
    Irmgard Petzold goß Tee nach, und alles Sträuben von Anna half
nicht. Sie mußte noch eine zweite Tasse Kirscharoma in sich hineinschlürfen.
    »Naja, der Karl war schon seltsam. Sehr schüchtern. Hat fast nie
einen Ton gesagt, er hat auch nicht mit anderen Kindern gespielt.«
    Herr Petzold zündete sich eine Zigarre an und blies nachdenklich
Kringel in die Luft: »Verstehen Sie mich nicht falsch, Frau Maybach, wer sollte
Religiosität höher einschätzen als ein Pastor? Aber meiner Meinung nach hat es
die gute Frau Detering etwas übertrieben. Das grenzte schon fast an … Wahn. Für
den Jungen war das nicht so gut, glaube ich.«
    »Wie meinen Sie das?« hakte Anna nach.
    Petzold wand sich etwas in seinem abgewetzten Sessel: »Nicht mal in
der Pubertät hat er sich für Mädchen interessiert, war immer nur an der Seite
seiner Mutter zu sehen.«
    Frau Petzold nickte eifrig: »Einmal, da war er vielleicht so zehn,
da kam er von der Schule nach Hause und war ganz schmutzig, hatte wohl wieder
im Wald gespielt. Ich war gerade auf der Straße, und da habe ich in angelacht
und gemeint, jetzt müsse er sich aber schnell noch waschen vorm Mittagessen, so
schmutzig wie er sei. Und wissen Sie, was er da zu mir gesagt hat? War ja schon
ein Wunder, daß er überhaupt was gesagt hat …«
    Anna blickte Frau Petzold gespannt an, doch die machte eine
Kunstpause, bevor

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