Der beste Karlsson der Welt
erstes den Pfirsichkern heraus, um nachzusehen, wieviel der gewachsen war. Dann aber ging erregeimäßigzu dem alten Spiegel, der über Lillebrors Kommode hing. Es war kein großer Spiegel, aber Karlsson flog lange davor hin und her, um so viel wie möglich von sich selbst sehen zu können. Der ganze Karlsson hatte nicht Platz im Spiegel.
Er summte und sang, während er flog, und man konnte hören, es war ein selbstgemachtes kleines Loblied auf sich selbst.
«Der beste Karlsson der Welt — hm-ti-ti-hm — zehntausend Kronen wert — verscheucht Diebe mit der Pistole — was für ’n elender Spiegel hi-i-ier — man sieht nicht grade viel — vom besten Karlsson der Welt darin — doch, was man sieht, ist schön — hm-ti-ti-hm — und gerade richtig dick, ja ja — und in jeder Wei-ei-heise in Ordnung.»
Lillebror pflichtete ihm bei. Er fand, Karlsson sei in jeder Weise in Ordnung. Und das Komische war, daß selbst Onkel Julius richtig von ihm angetan war. In Wirklichkeit war es ja Karlsson, der seine Brieftasche und seine Uhr wieder ans Tageslicht gefördert hatte. So etwas vergaß Onkel Julius nicht so schnell. Fräulein Bock dagegen war nach wie vor sauer auf ihn, aber das störte Karlsson keineswegs, wenn er nur zur festgesetzten Zeit Essen bekam, und das bekam er.
«Krieg’ ich nichts zu essen, dann mach’ ich nicht mit», das hatte er klar und deutlich zu verstehen gegeben.
Nichts anderes in der Welt wünschte Fräulein Bock mehr, als daß Karlsson nicht mehr mitmachen würde. Was nützte das aber, wenn er Lillebror und Onkel Julius auf seiner Seite hatte! Jedesmal, wenn er angewetzt kam und sich gerade, wenn sie essen wollten, am Tisch niederließ, knurrte Fräulein Bock. Sie konnte aber gar nichts dagegen tun, und wo Karlsson saß, da saß er.
Er hatte damit nach der Nacht mit Fille und Rulle angefangen, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit der Welt. Einem Helden wie ihm sollte nicht einmal der böseste Hausbock etwas abschlagen dürfen, der Meinung war er wohl.
Karlsson war sicherlich von all der Schnarchforschung und allem Geschleiche und Geschieße in dieser Nacht müde geworden, denn am folgenden Tag kam er erst um die Abendbrotzeit in Lillebrors Zimmer geflogen und stellte sich hin und schnupperte, ob er irgendeinen verheißungsvollen Essensgeruch aus der Küche wahrnehmen konnte.
Lillebror hatte ebenfalls lange und in mehreren Portionen geschlafen — mit Bimbo neben sich im Bett. Man wurde wirklich müde, wenn man sich nachts mit Dieben herumschlug, und er war eben wieder wach geworden, als Karlsson kam. Was ihn geweckt hatte, war ein ungewohnter und abscheulicher Lärm, der aus der Küche herüberdrang. Es war Fräulein Bock, die aus vollem Halse sang. Das hatte Lillebror bisher noch nie bei ihr erlebt, und er hoffte innig, daß sie damit aufhörte, denn es klang wenig schön.
Aus irgendeinem Grunde war sie gerade heute ungewöhnlich guter Laune, war vormittags kurz bei Frieda in der Tulegata gewesen. Vielleicht war es das, was sie ermuntert hatte, denn sie sang, daß es schallte.
«Ach Frieda, das war sicher das beste für dich...» sang sie. Was aber für Frieda das beste war, das erfuhr man nicht, denn Karlsson sauste in die Küche und schrie:
«Halt! Halt! Die Leute müssen ja sonst denken, daß ich dich verhaue, wenn du dermaßen schmetterst.»
Da verstummte Fräulein Bock und stellte unwirsch das Frikassee auf den Tisch, und Onkel Julius kam, und alle setzten sich und aßen und unterhielten sich über die schauerlichen Ereignisse der Nacht und fühlten sich richtig behaglich, fand Lillebror. Und Karlsson war zufrieden mit dem Essen und lobte Fräulein Bock.
«Manchmal gelingt es dir tatsächlich ganz aus Versehen, ein gutes Frikassee zu machen», sagte er anerkennend.
Fräulein Bock gab darauf keine Antwort. Sie schluckte nur ein paarmal und kniff die Lippen zusammen.
Den Schokoladenpudding in den Schälchen, den sie zum Nachtisch gemacht hatte, mochte Karlsson ebenfalls gern. Er hatte ein Schälchen voll verschlungen, bevor Lillebror auch nur einen Löffel Pudding in den Mund gesteckt hatte, und dann sagte er:
«Ach ja, so ein Pudding, das ist was Gutes, aber ich weiß was, das ist doppelt so gut!»
«Was denn?» fragte Lillebror.
«Zwei solche Puddings», sagte Karlsson und schnappte sich noch ein Schälchen. Was zur Folge hatte, daß Fräulein Bock keins bekam, denn sie hatte nur vier Schälchen voll gemacht. Karlsson merkte, daß sie ungehalten war, und er
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