Der beste Karlsson der Welt
streckte einen warnenden Zeigefinger in die Höhe.
«Bedenke, daß es hier am Tisch den einen oder anderen Dickwanst gibt, der abmagern muß. Genau gesagt, zwei Stück. Ich nenne keinen Namen, aber ich bin das nicht und dieser kleine spillrige Kerl da auch nicht», sagte er und zeigte auf Lillebror.
Fräulein Bock kniff den Mund noch fester zusammen und sagte noch immer nichts.
Lillebror schaute ängstlich zu Onkel Julius hinüber, der hatte aber offenbar nichts gehört. Er hielt sich nur polternd darüber auf, wie schlapp die Polizei in dieser Stadt sei. Er hatte sie angeläutet und den Einbruch gemeldet, das hätte er sich aber ebensogut sparen können. Sie hätten dreihundertfünfzehn Diebstähle liegen, die zuerst bearbeitet werden müßten, sagte man, und wieviel denn übrigens gestohlen worden sei, wollte man wissen.
«Da habe ich ihnen aber erklärt», sagte Onkel Julius, «es wäre einem sehr mutigen und erfinderischen kleinen Jungen zu verdanken, daß die Diebe ohne irgendwelche Beute wieder abziehen mußten.»
Er guckte beifällig zu Karlsson hin. Karlsson spreizte sich wie ein Pfau, und er versetzte Fräulein Bock einen triumphierenden Puff.
«Was sagst du nun? Der beste Karlsson der Welt, verscheucht Diebe mit der Pistole», sagte er.
Onkel Julius war allerdings auch über die Pistole erschrocken. Zwar hatte er sich gefreut und war dankbar gewesen, daß er seine Brieftasche und seine Uhr zurückbekommen hatte, aber es war ihm trotzdem nicht recht, daß kleine Jungen mit Schußwaffen herumlaufen durften, und als Fille und Rulle mit solcher Geschwindigkeit die Treppen hinuntergerannt waren, brauchte Lillebror lange Zeit, um Onkel Julius endlich davon zu überzeugen, daß es nur eine Spielzeugpistole sei, mit der Karlsson sie erschreckt hatte.
Nach dem Essen ging Onkel Julius ins Wohnzimmer, um seine Zigarre zu rauchen. Fräulein Bock spülte das Geschirr, und offenbar konnte nicht einmal Karlsson ihr auf die Dauer die Laune verderben, denn sie fing wieder von neuem an: «Ach Frieda, das war sicher das beste für dich...»Da merkte sie plötzlich, daß sie keine Handtücher zum Abtrocknen hatte, und nun wurde sie wieder ärgerlich.
«Kann mir einer sagen, wo die Handtücher alle hingekommen sind?» fragte sie und sah sich empört in der Küche um.
«Ja, einer kann das, nämlich der beste Handtuchfinder der Welt», sagte Karlsson. «Wie wäre es denn, wenn du ihn immer fragen würdest, wenn du irgendwas nicht weißt, du Dummerchen, du!»
Karlsson lief in Lillebrors Zimmer und kam mit so vielen Handtüchern in den Armen wieder, daß man von Karlsson selbst gar nichts sah. Es waren aber lauter ungewöhnlich schmutzige und staubige Handtücher, und Fräulein Bock wurde noch ärgerlicher.
«Wie sind denn die Handtücher so schmutzig geworden?» rief sie.
«Die Märchenwelt hatte sie sich ausgeliehen», sagte Karlsson. «Und siehst du, da fegen sie unter den Betten nie auf!»
So vergingen die Tage. Es kamen Karten von Mama und Papa. Sie hatten es herrlich auf ihrer Kreuzfahrt, und sie hofften, Lillebror gehe es auch gut und Onkel Julius sei gesund und vertrage sich gut mit Lillebror und Fräulein Bock.
Von Karlsson vom Dach stand nichts auf der Karte, und darüber ärgerte Karlsson sich maßlos.
«Ich würde ihnen eine Karte schicken, wenn ich nur fünf Öre für eine Briefmarke hätte», sagte er. «Und dann würde ich schreiben: So ist es richtig, was kümmert’s uns, ob es Karlsson gutgeht und ob er sich mit dem Hausbock verträgt, daran kehrt euch bloß nicht, und dabei ist er es, der alles regelt und alle Diebe mit der Pistole verscheucht und alle Handtücher findet, die weggekommen sind, und für euch den Hausbock beaufsichtigt und all dergleichen.»
Lillebror war froh, daß Karlsson die fünf Öre für eine Briefmarke nicht hatte, denn er fand, es sei nicht gerade günstig, wenn Mama und Papa eine solche Karte bekämen. Lillebror hatte sein Sparschwein leer gemacht und Karlsson alles geschenkt, was darin war. Das hatte Karlsson aber verbraucht, und jetzt war er böse.
«Das ist doch wirklich allerhand», sagte er. «Da geht einer herum und ist zehntausend Kronen wert und hat nicht mal fünf Öre für eine Briefmarke! Was meinst du, würde Onkel Julius vielleicht meinen großen Zeh kaufen?»
«Ganz gewiß nicht», meinte Lillebror.
«Wenn er nun aber gerade so furchtbar entzückt von mir ist?» drängte Karlsson weiter. Lillebror meinte, daß er es trotzdem nicht tun würde, und da
Weitere Kostenlose Bücher