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Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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auf den höchsten Punkt des Ruderdecks hinauf und hob spähend die Hand über die Augen. Aus der Richtung der Stadt näherten sich Menschen zu Pferd und zu Fuß. Mythor konnte nicht erkennen, ob es sich bei den Silhouetten um Caer handelte.
    *
    Ein Dutzend Fackeln beleuchteten die wuchtige Gestalt, ließen die Kerben im Schild funkeln und strahlten aus den Augen von Chelm zurück. Ritter Coerl O'Marn hatte das Visier seines Helmes geschlossen und sagte mit dumpfer, dröhnender Stimme: »Der anbrechende Morgen ist die beste Zeit für unseren Angriff!«
    Noch herrschte nächtliche Dunkelheit. Über dem Lager und der Stadt blinkten die Sterne, über dem Land zeigte sich der erste Streifen Helligkeit. Viele Brände in Nyrngor waren erloschen oder gelöscht worden, viele neue Brände waren entstanden. Auf den Mauern wurde kaum mehr gekämpft. Der Ritter und eine Abteilung der besten Kämpfer befanden sich am Ausgang des Lagers.
    »Warum greifen wir nicht früher an?« wollte einer der Unterführer wissen. Verwundete Krieger brachten gesattelte Pferde heran. Einige schwer bewaffnete Caer saßen auf.
    »Dem Ende der Nacht zu werden die Männer müde. Unsere Truppen ebenso wie die des Gegners. Ein Vordringen zu dieser Stunde kann nur uns helfen. Sie werden vor Entsetzen gelähmt sein, denn sie denken, dass die Kämpfe bereits vorüber sind.«
    »Du hast recht. Wir werden bis Schloss Fordmore vordringen.«
    »Das ist unser Ziel.«
    Weitere Caer-Krieger schwangen sich auf die Pferde. Etwa fünfzig Reiter versammelten sich. Sie waren entschlossen, die Stadt völlig in ihre Gewalt zu bekommen, nachdem die Truppen mehrere Tore aufgebrochen und die Verteidiger zurückgeschlagen hatten.
    »Fertig?« erscholl die dröhnende Stimme.
    Bei aller Gefährlichkeit und Entschlossenheit wirkte der Ritter seltsam unbeteiligt. Er schien nie zu schlafen, niemals müde zu werden. Er hob seinen alten, zerbeulten Rundschild auf und sah sich um. »Fertig!«
    Die berittenen Krieger schwenkten ihre Fackeln und hämmerten mit ihren Schwertern gegen die Schilde. Der wuchtige Braune trabte an, der Ritter setzte sich an die Spitze seines Trupps. Sie passierten die Lagerwachen, fielen in einen langsamen Galopp und bildeten einen lang auseinandergezogenen Keil. O'Marn ritt ganz vorn, hatte sein Schwert gezogen und es quer über den Sattel gelegt.
    Tote Caer und zerbrochenes Belagerungsmaterial lagen rechts und links des Weges. Das Hafentor mit den zerschmetterten Torflügeln zeigte die Spuren von Bränden, von Beschuss und wütenden Kämpfen. In dem Haufen der Quader war ein schmaler Durchgang geschaffen worden. Dicht vor dem Tor hob O'Marn das Schwert, stieß einen Schrei aus und gab dem Braunen die Sporen.
    Die Caer schlossen auf und brachen durch die Toranlage. Der Braune setzte mit einem weiten Sprung über die blutbesudelten Quader. Einige Pfeile zischten an Coerl O'Marn vorbei. Die Krieger hinter ihm ritten durch die Passage, sprangen über tote Verteidiger, sammelten sich wieder auf dem trümmerübersäten Platz vor dem Tor.
    »Geradeaus! Hinter mir her!« schrie der Ritter.
    Durch die Öffnungen seines Visiers sah er die gewohnten Bilder einer eroberten Stadt. Verbrannte Häuser, eingestürzte Dächer, Berge von Steinen und eine Unmenge zerbrochener Waffen und Ausrüstungen. Aus leeren Fensterhöhlen starrten ihn weinende Frauen an. Rechts von ihm schleuderte ein Mann einen Speer und flüchtete dann in ein windschiefes Haus. Das Geschoß fuhr zwischen zwei Reitern hindurch und blieb in einer Wand stecken. Eine breite, fast leere Straße erstreckte sich vom Tor bis zu einem Gebäude, das im ersten Morgenlicht rötlich aufleuchtete.
    Coerl zügelte sein Pferd, stellte sich in den Steigbügeln auf und schaute hinter sich. Seine Krieger füllten mit stampfenden Pferden den Raum zwischen den Mauern. Sie schienen vollzählig zu sein. »Vorwärts!«
    Rauchwolken zogen durch die schmalen Gassen. Hier und dort brannte es. Durch das dumpfe Trommeln der Pferdehufe hörten sie Waffengeklirr, Schreie und Stöhnen. Ein Stein traf einen Caer und schleuderte ihn aus dem Sattel.
    Ein Stück weiter verbreiterten sich die Straßen zu einem Platz. Einige Bäume schoben sich ins Blickfeld. Dann öffnete sich in der glatten Front ein Tor. Ein Durchgang folgte, geformt wie ein gemauerter Tunnel. Coerl preschte hindurch und hielt seine Waffe schlagbereit.
    Er sprengte durch den Hof und hielt das Pferd vor den Stufen einer breiten Treppe an. Chelm drehte sich zweimal um

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