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Der Bestienhelm

Der Bestienhelm

Titel: Der Bestienhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Eine deutliche Spur von Ruhe und Würde zeichnete sich ab, das glatte Gesicht bekam tiefe Falten, die Lider legten sich über die blutunterlaufenen Augen. Tatsächlich sah Aerinnen, der Dämonenpriester, im Licht der brennenden Dochte überraschend menschlich aus.
    Für einen Augenblick standen sie alle schweigend und betroffen da.
    Dann ertönte ein überlautes Kreischen und Fauchen. Über dem Körper des Toten oder Sterbenden bildete sich wieder ein Nebel. Er nahm flüchtig die Umrisse eines Menschen an, jedenfalls eines Wesens mit Kopf, Leib und überlangen Gliedmaßen. Die Laute, die der entweichende Dämon ausstieß, ließen die Decke zittern. Elivara sprang von ihrem Lager auf und wich bis in die Ecke zurück. Das nebelhafte Etwas drehte und wand sich. Es schien sich gleichermaßen aufzulösen und durch alle möglichen Ritzen und Spalten aus dem Raum zu fliehen.
    »Der Dämon«, sagte Kalathee tonlos, »kehrt zurück in die Schattenzone. Zum erstenmal in seinem Leben ist der Dämonenpriester nichts anderes als ein normaler Mensch.«
    »Ein toter, um es genau zu sagen«, knurrte Nottr. »Königin Elivara! Mir scheint, du bist wieder lebendig.«
    »Ich fühle mich, als erwachte ich aus einem langen Traum«, sagte sie und schlug beide Hände vor ihr Gesicht. Mit den Fingerspitzen tastete sie die Haut ab.
    Mythor öffnete die Tür. »Wir bringen ihn hinaus«, keuchte er und sog die kalte Luft tief ein.
    Nottr packte die Beine des Toten und zerrte ihn aus dem Raum. Mythor packte Aerinnen unter den Achseln. Sie schleppten ihn an Deck, ließen ihn hinunter in den Sand und legten ihn zwischen die Felsen. Sie fanden im ersten grauen Licht des Morgens Steine und schichteten sie über ihn.
    »Wir sollten in See stechen«, drängte Nottr.
    Ohne dass sie es bemerkt hatten, war der Wind stärker geworden. Die Schaumkämme auf den Wellen waren weiß und breit. Hier zwischen den Felsen herrschte fast Windstille. Draußen, über der See, zeichnete sich ein breiter grauer Streifen ab.
    »Noch nicht. Sehen wir erst nach Elivara«, schlug Mythor vor. »Die Kurnis ist seeklar?«
    »Ich verstehe nicht viel von Schiffen«, entgegnete Nottr.
    »Es schwimmt, die Ruder sind fest, das Segel ist heruntergelassen.«
    Der Bann war von Elivara genommen worden. Ihr Gesicht war frei, die maskenhafte Kruste verschwunden. Sie stand neben Kalathee und wischte sich immer wieder mit dem feuchten Tuch über die Wangen. Ihr Atem ging stoßweise, und langsam kehrte die Farbe auf ihre Stirn zurück.
    »Mythor!« flüsterte sie und versuchte ein zögerndes Lächeln. »Ich danke dir.«
    »Alles ist vorbei«, sagte er beschwichtigend. »In kurzer Zeit bringen wir die Kurnis auf Kurs.«
    Kalathee sank aufstöhnend in den Sessel. Nottr und Sadagar zeigten schweigende Erleichterung. Mythor schüttelte den Kopf und versuchte, die Eindrücke der letzten Stunden loszuwerden. Er spürte, dass seine Caer-Kleidung noch immer nass und klebrig und voller Salzspuren war.
    »Es sind alle unsere Vorräte an Bord, Mythor!« bestätigte Nottr. »Kann ich etwas tun? Brauchst du meine Hilfe?«
    »Ja. Du könntest mir die Kleidung von König Carnen bringen. Ich will diese Fetzen loswerden.«
    »Einverstanden. Nichts lieber als das.«
    Kalathee hatte einen Krug gefunden, daraus einen Becher gefüllt und gab ihn der Königin. Elivara trank den Wein in großen, gierigen Schlucken.
    Auf den Stufen zum Niedergang trocknete sich Mythor ab, nachdem er die Caer-Ausrüstung ausgezogen und ins Wasser geschleudert hatte. Er holte aus dem feuchten Wams das Pergament hervor, schlug es aus dem Leder und betrachtete es schweigend. Es war nur an den Rändern feucht geworden. Langsam zog er die Ausrüstung an, die ihm Elivara gegeben hatte. Als Kalathee an Deck kam und ihm schweigend einen Becher Wein in die Finger drückte, nickte er ihr dankend zu und trank ihn leer.
    Sie setzte sich neben ihn auf die Stufen. »Ich bin sicher, dass sich Elivara in ganz kurzer Zeit erholt haben wird, Mythor«, sagte sie.
    Bis auf den Helm und den Schild hatte Mythor die Kleidung Carnens angelegt und zog den schweren Pelzmantel um seine Schultern. Er fühlte, wie die Wärme und in gewisses Wohlbehagen in seinen Körper zurückkehrten. »Das glaube ich auch«, sagte er. »Aber ob wir bei Sklutur dem Beinernen die Hilfe finden, um die Stadt zurückzuerobern, ist ungewiss.«
    Er hob den Kopf. Ihm war, als habe er weit hinter sich Hufschlag und menschliche Stimmen gehört. Mythor sprang auf, glitt die Stufen

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