Der Bestienhelm
sich selbst, als der Rest der Reiterei in den Schlosshof hereindrängte. Einige Dienerinnen drückten sich ängstlich in die Ecken. Es gab nicht das geringste Zeichen für Gegenwehr oder für versteckte Verteidiger. Nicht einmal ein Pfeil wurde auf sie abgeschossen.
Coerl O'Marn schob mit der Linken das Visier hoch. »Eine Vierfachwache ans Tor. Niemand darf herein, keiner hinaus. Eine zweite Wache bleibt im Hof.«
»Verstanden!«
Männer sprangen von den Pferden und rannten mit klirrenden Waffen an ihre Plätze. O'Marn schwang sich aus dem Sattel, riss eine Fackel aus der Hand des ihm zunächst stehenden Caer und rannte einige Stufen hinauf. »Ihr folgt mir. Ich weiß, wen ich suche. Vielleicht finden wir sie hier.«
»Wir kommen.«
Ein schneller Rundblick zeigte dem Ritter über dem Ausschnitt des Hofes den heller werdenden Himmel. Viele Fenster, Erker und Kanzeln blickten in den Hof. Nur hinter wenigen Fenstern schimmerte Licht.
Die Caer-Krieger stürmten die Freitreppe hinauf und sprangen nach rechts und links auseinander. Sie rechneten fest damit, dass es im Schloss von Männern wimmelte, die ihre Königin verteidigten. Natürlich kannte Coerl O'Marn die Absicht der Dämonenpriester, Elivara durch das tödliche Geschenk des Bestienhelmes langsam umzubringen. Ihn interessierte diese magische Aktivität der Priester nur am Rande, seine Aufgaben waren der Kampf und der Sieg. Dämonen kümmerten ihn nicht. Er rannte durch eine halb offene Tür in einen verlassen wirkenden Korridor hinein.
Im Korridor herrschte Dämmerlicht. In wenigen kleinen Nischen brannten Öllampen. Die Krieger rissen rechts und links jede Tür auf und stürmten in die Räume hinein. Sie stöberten hier einen halbblinden Diener auf, rieben dort einige Mägde auseinander, die sich zitternd zusammengedrängt hatten, durchstreiften leere Zimmer und dunkle Säle. Am Ende des Ganges trafen sie wieder zusammen und sahen sich erstaunt an.
»Sucht weiter!« drängte O'Marn.
Sie schwärmten sofort wieder aus. Aber sie fanden niemanden, der in der Lage gewesen wäre, sich ihnen entgegenzustellen. Raum um Raum in jedem Stockwerk wurde abgesucht. Nach einem wilden, aber ereignislosen Rennen und Hasten durch fast das gesamte Schloss Fordmore rammte Coerl ein Portal auf.
Er stand im Eingang eines großen Saales. In einem prächtigen Kamin brannten die Reste eines Feuers. Waffen und Schilde hingen zwischen Teppichen an den Wänden. Auf den wenigen Stufen, die zu einer Art Thron hinaufführten, standen eine Menge tönerner Lampen, deren Dochte im Öl schwammen. Der Ritter hob die Klinge und stürmte bis in die Mitte des Saales, dann blieb er stehen und schob das Visier des Helmes hoch. Langsam ging er auf die schmale, bewegungslose Gestalt zu, die vor lern Thron auf den Fellen kauerte und sich an die Beine des Sessels lehnte.
»Caers Blut!« stieß O'Marn aus.
Vor dem Thron blieb er stehen. Er blickte in ein flaches, ausdrucksloses Gesicht, das einem etwa siebzehnjährigen Jungen gehörte, der nur noch das linke Auge besaß. Der schmächtige Körper war in reich verzierte Kleidung aus schillernder Seide gehüllt.
»Du musst Hester, der halbblinde Bruder der Königin, sein«, murmelte O'Marn verblüfft.
Der Junge stammelte etwas und wischte sich in einer ungeschickten Bewegung den Speichel von den Lippen. Dann kicherte er übergangslos und blinzelte den Ritter an. Caer-Krieger kamen waffenklirrend durch das Portal und durch zwei andere Eingänge, die sie aufgebrochen hatten.
»Erschreckt ihn nicht!« dröhnte O'Marns Stimme durch den Saal. »Er hat nur ein Auge und redet irre.«
Ein Krieger blieb neben dem Ritter stehen und sagte halblaut: »Coerl! Drudin hat beschlossen, dass ein Mitglied der Familie von König Carnen die Stadt regieren soll. Eine Magd hat zugegeben, dass Elivara geflohen ist.«
Keiner der Krieger wusste, wie das dröhnende Gelächter des Ritters zu deuten war.
»Caer beherrscht die Stadt«, sagte schließlich der mächtige Anführer aller Caer-Krieger, unter dessen Gelächter sich der Junge zwischen die Beine des Thrones verkrochen hatte, »und wenn wir diesen armen Einäugigen als König ausrufen, wird kein Nyrngorer gegen uns rebellieren. Das Schloss ist leer?«
»Wir haben keinen einzigen Krieger gefunden. Nur Verletzte, Diener und Mägde. Fordmore ist kampflos in unsere Hand gefallen«, lautete die Antwort.
O'Marn schob sein Schwert bedächtig in die Scheide zurück. »Die Hälfte meiner Truppe bleibt hier. Richtet euch
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