Der Bestseller
erschüttert, der das große Wunder enthüllt. Es ist ein gewaltiger und überwältigender Augenblick — oder ein enttäuschender und deprimierender, was, von der anderen Seite betrachtet, dasselbe ist... Dies, und nicht der Orgasmus, ist der Augenblick der Vereinigung und der Bestätigung, daß wir den anderen gewonnen haben.
Ich hätte es nicht besser ausdrücken können, nicht einmal, wenn ich Psychologe wäre.
Ich ging in den Verlag und fand, daß es an der Zeit war, mich wieder einmal mit Joe Scanlon zu beraten.
»Nick«, sagte er, als ich ihn am Apparat hatte, »ich wollte Sie schon anrufen. Ich habe ein paar interessante Informationen.«
»Dann sind wir schon zu zweit.«
Kaum eine Stunde später saß Scanlon mir gegenüber und hielt einen Becher Kaffee in der Hand. Auf meinem Schreibtisch stand dampfend ein ähnlicher Becher, auf dem das von David Levine verewigte Profil von Mark Twain prangte.
»Also, was haben Sie herausgefunden, Joe?«
»Zunächst mal, daß Parker Foxcroft in letzter Zeit ausgesprochen viel Geld hatte. Essen in den teuersten Restaurants der Stadt. Wochenendtrips nach Atlantic City und hohe Wetten in Belmont Park. Eine zehntägige Karibik-Kreuzfahrt, im vergangenen Frühjahr. Ziemlich hohe Rechnungen von Paul Stuart und Ralph Lauren.«
»Das ist nichts Neues«, sagte ich. »Parker hat immer einen teuren Lebensstil gepflegt, und es war allgemein bekannt, daß er sich von allen möglichen Leuten Geld lieh.«
»Dieser Lebensstil könnte in den letzten Monaten aber noch aufwendiger geworden sein.«
»Und das heißt?«
»Vielleicht Erpressung«, sagte Scanlon. »Möglicherweise hat er die Finger in irgendwelchen dunklen Geschichten gehabt.«
»Was für welche?«
»Es ist nur eine Möglichkeit, für die einiges spricht. Bis jetzt habe ich allerdings nicht herausfinden können, wer ihm das Geld in die Sparbüchse gesteckt hat.«
»Was gibt es Neues von Ihrem Sergeant Falco? Verfolgt er irgendwelche Spuren?«
»Ich hab bis jetzt nichts aus ihm herauskriegen können, aber ich arbeite daran. Mal sehen, was sich ergibt.«
Ich erzählte Scanlon von Judith Michaelson. »Was sollte ich Ihrer Meinung nach tun?«
Er schnaubte, als wäre die Frage so dumm, daß er sie nicht ernst nehmen konnte. »Mit ihr reden natürlich!«
»Ja, aber wie? Wie soll ich an sie herankommen?«
»Soll ich Ihnen meine Marke leihen?«
»Hören Sie auf, Joe. Nein, im Ernst: Wie soll ich das machen?«
Scanlon nahm die Pose von Rodins Denker ein. Als er schließlich sprach, tat er es stockend, als suche er angestrengt nach den richtigen Worten. Ich hatte das Gefühl, daß er mich an seinem Denkprozeß teilhaben ließ.
»Sie haben doch Zugang zu Foxcrofts Rolodex?«
»Ja.«
»Diese Frau wäre doch nicht zu seiner Beerdigung gegangen, um das zu tun, was sie getan hat, wenn sie ihn nicht gut gekannt hätte... oder?«
»Stimmt.« Ich kam mir wie ein Papagei vor.
»Dann ist ihre Telefonnummer wahrscheinlich dort notiert. Rufen Sie sie an. Sagen Sie ihr, daß Sie dabei sind, mit allen Mitarbeitern und Autoren von Foxcroft in Verbindung zu treten, und fragen Sie, ob Sie sie besuchen dürfen. So etwas in der Art. Okay? Sie sind Verleger, sie waren Parkers Chef. Sie haben einen Grund, mit ihr zu reden.«
»Ja, Joe.« Nicht zum erstenmal war ich beeindruckt von Joes Professionalität. Wer war ich, daß ich glaubte, Detektiv spielen zu können? Ich war Verleger und sonst gar nichts.
Joe hatte recht: In Parkers Rolodex fand sich unter »M« der Name Michaelson, allerdings nicht Judith, sondern Alexander. Interessant. Offenbar der Ehemann von Judith und ebenso offenbar ein Schriftsteller.
»Hallo?«
»Mrs. Michaelson?«
»Ja. Und wer sind Sie?«
»Nicholas Barlow. Der Verleger.«
»Ich weiß, was Sie sind, Mr. Barlow.«
Kein verheißungsvoller Anfang, aber ich marschierte tapfer weiter. Ich durfte Joe Scanlon nicht enttäuschen.
»Ich würde gerne mit Ihrem Mann sprechen. Ich nehme an, er ist Schriftsteller, einer von Parker Foxcrofts Autoren.« Soviel ich als Verleger von Parkers Büchern wußte, hatte er einen Autor namens Michaelson nie erwähnt, doch vielleicht hatte er mal mit ihm gesprochen, ihn aber nicht unter Vertrag genommen.
Ihre Stimme deutete eine Temperatur an, die irgendwo beim absoluten Nullpunkt lag. »Mein Mann ist tot, Mr. Barlow.«
»Oh. Das tut mir sehr leid.«
»Und er war ganz sicher nicht einer von Parker Foxcrofts Autoren.« Kein Anzeichen für Tauwetter in Mrs. Michaelsons
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