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Der Besuch der alten Dame

Der Besuch der alten Dame

Titel: Der Besuch der alten Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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wiedergegeben werden, mit Trauer, nicht mit Zorn, doch auch mit Humor, denn nichts schadet dieser Komödie, die tragisch endet, mehr als tierischer Ernst.

    Geschrieben 1956 für die Erstausgabe, Verlag der Arche, Zürich 1956.

    Anmerkung II

    Vom Besuch der alten Dame gibt es zwei Fassungen. 1959 hatte mich das Atelier-Theater gebeten, zu Ehren seines Direktors, Paul Alster, der vor 25 Jahren als Emigrant nach Bern gekommen war, meine Komödie zu inszenieren, die alte Dame sollte Hilde Hildebrand spielen, den Ill Alster.
    Ich schaute mir die Bühne an. Als Bühnenbildner war mir Ary Öchslin vorgeschlagen worden, der mir kurzerhand auf meine Bedenken geantwortet hatte, auf jeder Bühne ließe sich alles machen. Trotzdem war ich ziemlich ratlos, als ich mir die kleine Bühne anschaute: Sie befand sich in einem Keller und besaß weder eine Neben- noch eine Hinterbühne, dafür wies die Bühne eine große Versenkung auf; sie war in der Mitte der Bühne und im Verhältnis zu dieser ungemein groß. Ich sagte darauf sogleich zu. Ich wußte nun, wie ich das Stück zu inszenieren hatte: Ich ließ Claire Zachanassian von unten auftreten, als käme sie durch eine Unterführung vom Bahnsteig zum Bahnhof hinauf, wie das in vielen Bahnhöfen der Fall ist. Ich mußte die Personen für die Aufführung reduzieren, auch veränderte ich den 2. Akt, für ihn schrieb ich die Szene, wie Ill die alte Dame mit dem Gewehr bedroht; die übrigen Balkonszenen strich ich; im 3. Akt vereinfachte ich die Ladenszene. Ich gebe sie hier anschließend wieder.
    Im übrigen erwies sich Hilde Hildebrand als eine der besten alten Damen, die ich je sah, als eine der glaubhaftesten: Man glaubte ihr ihr Schicksal. Nach der Premiere gab die Stadt eine große Feier, der Stadtpräsident, welcher als Stadtrat der Polizei vorstand, verlas feierlich das Strafregister Alsters, das sich in 25 Jahren Emigrantendasein zusammengeläppert hatte, und dann wurde dieser zum bernischen Stadtburger ernannt.

    Geschrieben 198o für die vorliegende Ausgabe.

    Dritter Akt: Szene >Ills Laden<
    Fassung Atelier-Theater Bern

    Vorhang oder Verwandlung. Ills Laden. Die Projektion deutet den neuen Laden an: Neue Inschrift usw.
    Neuer blitzender Ladentisch in der Mitte, neue Kasse, kostbarere Ware. Tritt jemand durch die fingierte Tür: pompöses Geklingel. Hinter dem Ladentisch Frau Ill. Von rechts kommt der Zweite als arrivierter Metzger, einige Blutspritzer auf der neuen Schürze.

    DER ZWEITE Das war ein Fest. Ganz Güllen sah auf dem Münsterplatz zu.
    FRAU ILL Klärchen ist das Glück zu gönnen nach all der Misere.
    DER ZWEITE Filmschauspielerinnen als Brautjungfern. Mit solchem Busen.
    FRAU ILL Heute Mode.
    DER ZWEITE Aus der ganzen Welt sind die Journalisten gekommen.
    FRAU ILL Wir sind einfache Leute, Herr Helmesberger. Bei uns suchen sie nichts.
    DER ZWEITE Zigaretten.
    FRAU ILL Die Grünen?

    55
    DER ZWEITE Camel.
    FRAU ILL Aufschreiben?
    DER ZWEITE Aufschreiben. Und ein Beil.
    FRAU ILL Ein Schlachtbeil?
    DER ZWEITE Exakt.
    FRAU ILL Bitte, Herr Helmesberger.
    DER ZWEITE Schöne Ware. Wie geht's im Geschäft?
    FRAU ILL Macht sich.
    DER ZWEITE Kann auch nicht klagen. Personal angeschafft.
    FRAU ILL Stelle auch ein am Ersten.
    DER ZWEITE Schreiben Sie das Beil auf, Frau Ill. Er nimmt das Beil zu sich.

    Der Erste, nun ein soignierter Geschäftsmann, kommt. Grüßt.

    FRAU ILL Grüß Gott, Herr Hofbauer.

    Eine Frau - Erste oder Zweite Frau - geht elegant gekleidet vorüber. Der Erste, noch im Ladeneingang, schaut ihr nach.

    DER ERSTE Die macht sich saubere Illusionen, sich so zu kleiden.
    FRAU ILL Schamlos.
    DER ERSTE Glaubt wohl, die Hochkonjunktur stehe vor der Tür. Saridon. Die Nacht gefeiert bei Stockers.

    Frau Ill reicht dem Ersten ein Glas Wasser und das Mittel.

    DER ERSTE Alles voll Journalisten.
    DER ZWEITE Schnüffeln im Städtchen herum.
    DER ERSTE Eben interviewen sie den Pfarrer.
    DER ZWEITE Der wird nichts ausplaudern, hat immer ein Herz für uns arme Leute gehabt.
    DER ERSTE Chesterfield.
    FRAU ILL Aufschreiben?
    DER ERSTE Aufschreiben. Wo ist Ihr Mann denn, Frau Ill? Sah ihn lange nicht.
    FRAU ILL Oben.

    Alle horchen nach oben.

    DER ZWEITE Schritte.
    FRAU ILL Ich weiß nicht, was der Mann hat. Er geht im Zimmer herum. Seit Tagen. Es ist mir ganz unheimlich mit ihm zumut.
    DER ERSTE Das schlechte Gewissen.
    DER ZWEITE Und nach Australien wollte er auch auswandern.
    DER ERSTE Als ob wir die reinsten Mörder wären. Feuer, Frau Ill.
    FRAU ILL Bitte

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