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Der Besuch

Der Besuch

Titel: Der Besuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.G. Wells
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war.“
    „Vollkommen“, sagte der Kurat.
    „Ich weiß selbstverständlich, was Männer sind.“
    „Es war ein junger Mann von neunzehn oder zwanzig Jahren“, sagte der Kurat.

    „Ich kann es nicht begreifen“, sagte Mrs.
    Mendham. „Du sagst, das Geschöpf hält sich im Pfarrhaus auf?“
    „Hillyer ist einfach verrückt“, sagte der Kurat. Er stand auf und ging durchs Zimmer zur Tür, um die Stiefel hinauszustellen. „Nach seinem Benehmen zu schließen, hat er wirklich geglaubt, daß dieser Krüppel ein Engel ist.
    Sind deine Schuhe draußen, Liebling?“
    „Sie sind gleich neben dem Kleiderschrank“, sagte Mrs. Mendham. „Weißt du, er war immer ein bißchen eigenartig. Es war immer etwas Kindliches an ihm ... Ein Engel!“
    Der Kurat blieb neben dem Feuer stehen und fingerte an seinen Hosenträgern herum. Mrs.
    Mendham mochte Kaminfeuer, sogar im Sommer. „Er drückt sich vor all den ernsten Fragen des Lebens und spielt immer mit irgendeiner neuen Torheit herum“, sagte der Kurat.
    „Wahrhaftig, Engel!“ Er lachte plötzlich. „Hillyer muß verrückt sein“, sagte er.
    Auch Mrs. Mendham lachte. „Selbst das erklärt den Buckligen nicht“, sagte sie.
    „Der Bucklige muß auch verrückt sein“, sagte der Kurat.
    „Es ist die einzige Möglichkeit, es auf vernünftige Weise zu erklären“, sagte Mrs. Mendham. (Pause.)

    „Engel oder nicht“, sagte Mrs. Mendham. „Ich weiß, was mir gebührt. Auch wenn der Mann gedacht hat, er sei in Gesellschaft eines Engels, so ist das noch lange kein Grund, sich nicht wie ein Ehrenmann zu benehmen.“
    „Das ist vollkommen richtig.“
    „Du wirst natürlich dem Bischof schreiben?“ Mendham hustete. „Nein, ich werde dem Bischof nicht schreiben“, sagte Mendham. „Ich denke, es macht einen etwas verräterischen Eindruck ... Und er hat, wie du weißt, vom letzten Brief keine Notiz genommen.“
    „Aber sicher ...“
    „Ich werde Austin schreiben. Vertraulich. Er wird es, wie du weißt, sicher dem Bischof erzählen. Und du darfst nicht vergessen, meine Liebe ...“
    „Daß Hillyer dich entlassen kann, meinst du.
    Mein Lieber, dieser Mann ist viel zu schwach!
    Ich sollte da etwas zu sagen haben. Und außerdem machst du die ganze Arbeit für ihn. Eigentlich betreuen wir die ganze Gemeinde. Ich weiß nicht, was aus den Armen würde, wenn ich nicht wäre. Sie könnten morgen schon umsonst im Pfarrhaus wohnen. Da ist diese Goody Ansell ...“
    „Ich weiß, meine Liebe“, sagte der Kurat, der sich abwandte und mit dem Entkleiden fortfuhr. „Du hast mir erst heute nachmittag von ihr erzählt.“

21
    Und so kommt unsere Geschichte in dem kleinen Schlafzimmer unter dem Giebel ein erstes Mal an einen Ruhepunkt. Und da wir danach getrachtet haben, unsere Geschichte vor ihnen breit auszuführen, kann es vielleicht nicht schaden, kurz ein wenig zu wiederholen.
    Wenn Sie zurückblicken, werden Sie bemerken, wieviel bereits getan worden ist; wir beginnen mit einem Lichtschein „keinem gleichmäßigen, sondern überall durchbrochen von sich krümmenden Blitzen, so als würden Schwerter geschwungen“, und dem Klang eines gewaltigen Harfenspiels und dem Kommen eines Engels mit vielfarbigen Flügeln.
    Schnell, geschickt, wie der Leser zugeben muß, wurden die Flügel gestutzt, der Heiligenschein abgenommen, die Pracht in Rock und Hose gesteckt, und der Engel aus praktischen Überlegungen heraus zu einem Menschen gemacht, der unter dem Verdacht steht, entweder ein Irrer oder ein Betrüger zu sein.
    Sie haben auch gehört oder sind wenigstens in der Lage gewesen, zu beurteilen, was der Vikar und der Doktor und die Frau des Kuraten von diesem seltsamen Ankömmling dachten.

    Und weitere bemerkenswerte Meinungen sollen noch folgen.
    Das Abendrot des sommerlichen Sonnenunterganges im Nordwesten verdunkelt sich langsam, und der Engel schläft und kehrt im Traum zurück in die wunderbare Welt, wo es immer Licht ist und wo jeder glücklich ist, wo einen Feuer nicht verbrennt und Eis nicht frieren läßt; wo Bäche von Sternenlicht durch die amarantroten Wiesen fließen, hinaus in die Meere des Friedens. Er träumt, und es scheint ihm, als erstrahlten seine Flügel noch einmal von tausend Farben und blitzten in der kristallklaren Luft jener Welt, aus der er gekommen ist.
    So träumt er. Aber der Vikar liegt wach, zu verwirrt, um zu träumen. Am meisten beunruhigen ihn die Möglichkeiten Mrs. Mendhams; aber das Gespräch des Nachmittags hat ihn auf seltsame Gedanken

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