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Der Besucher - Roman

Der Besucher - Roman

Titel: Der Besucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Waters
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Großteil ihrer Benzinration; und gleich danach setzten wieder so starke Regenfälle ein, dass man auf den schlecht ausgebauten Landstraßen nur noch schwer vorankam. Aus Sorge um ihre Gesundheit hielt sich Mrs. Ayres bei dem schlechten Wetter lieber drinnen auf. Caroline dagegen machte der ständige Regen ruhelos; sie zog sich Ölzeug und Gummistiefel über und erledigte allerlei Arbeiten auf dem Gut. Sie verbrachte ein paar Tage mit Makins auf dem Hof und half bei der ersten Aussaat. Dann widmete sie sich dem Garten, reparierte mit Barrett den zerbrochenen Zaun und versuchte ihr Möglichstes, das verstopfte Regenrohr wieder zu richten. Diese letzte Arbeit war jedoch ein ziemlich entmutigendes Unterfangen, denn als sie die Stelle näher untersuchte, sah sie, wie stark das Wasser schon ins Mauerwerk gedrungen war. Nachdem sie das Regenrohr gereinigt hatte, überprüfte sie alle Zimmer auf der Westseite des Hauses auf Schäden. Ihre Mutter begleitete sie, und im Speisesaal und in der »Stiefelkammer« fanden sie ein paar kleinere feuchte Stellen. Dann wandten sie sich dem Saal zu.
    Nur sehr widerstrebend öffneten sie die Tür. Am Morgen nach der unglückseligen Abendeinladung im Oktober hatten Mrs. Bazeley und Betty versucht, die Blutspuren vom Teppich und vom Sofa zu entfernen. Sie hatten bestimmt zwei oder drei Stunden geschrubbt und einen Eimer nach dem anderen mit trübem rötlichem Wasser aus dem Saal getragen. Doch danach hatte angesichts der niedergeschlagenen Stimmung und der Sorge um Rods Zustand niemand mehr den Mut gehabt, noch einmal hineinzugehen, und der Saal war mehr oder weniger verschlossen worden. Selbst als Caroline das Haus nach Gegenständen durchsucht hatte, die sie zum Verkauf anbieten konnte, hatte sie diesen Raum übergangen – fast wie in einer Art Aberglauben, dass es schlecht sein könnte, seine Ruhe zu stören.
    Doch als sie nun die quietschenden Fensterläden zurückklappten, verwünschten Caroline und ihre Mutter sich, dass sie nicht schon eher einen Blick in den Saal geworfen hatten. Der Raum wies sehr viel größere Schäden auf, als sie befürchtet hatten; die prunkvolle Decke hatte sich so mit Wasser vollgesogen, dass sie regelrecht durchhing. An anderen Stellen war der Regen einfach durch Ritzen in der Stuckdecke gedrungen und ungehindert auf den Teppich und die Möbel getropft. Das Cembalo hatte glücklicherweise keine großen Schäden erlitten, doch das Gobelinpolster eines der Regency-Stühle war ziemlich ruiniert. Und überraschenderweise hatte sich auch die gelbe Chinoiserie-Tapete von den rostigen Stecknadeln gelöst, mit denen Caroline sie befestigt hatte, und hing in zerrissenen Streifen herab, so dass man den feuchten Putz dahinter sah.
    »Na ja«, meinte Caroline seufzend, während sie die Verwüstung betrachtete, »wir hatten schon unsere Feuerplage. Wahrscheinlich hätten wir damit rechnen müssen, nun auch noch vom Wasser heimgesucht zu werden.«
    Sie riefen Betty und Mrs. Bazeley herbei und befahlen ihnen, ein großes Feuer im Kamin anzuzünden; sie schalteten den Generator an, trugen elektrische Heizgeräte und Ölöfen in den Saal und waren den ganzen Rest des Tages und auch den nächsten damit beschäftigt, das Zimmer zu lüften und zu trocknen. Ihnen war klar, dass sie für die Decke nichts mehr tun konnten. In den Kristallkelchen des Kronleuchters stand trübe verfärbtes Wasser, und es zischte und knackte beunruhigend, als sie versuchten, ihn anzuschalten; daher ließen sie lieber die Finger davon. Auch die Tapete war ruiniert, doch sie hofften, wenigstens den Teppich noch retten zu können. Die Möbelstücke, die zu groß waren, um sie zur Einlagerung fortzutragen, wollten sie reinigen und dann einpacken oder abdecken. Caroline machte selbst bei der Arbeit mit, zog ein paar alte Drillichhosen an und band sich das Haar mit einer Schnur zurück. Mrs. Ayres’ Gesundheitszustand hatte wieder einen kleinen Rückschlag erlitten; daher konnte sie nicht viel mehr tun, als unglücklich zuzuschauen, wie das Zimmer leer geräumt wurde und seinem Charakter immer mehr verlor.
    »Das hätte deiner Großmutter das Herz gebrochen!«, stellte sie am zweiten Tag fest, während sie ein paar seidene Vorhänge untersuchte, die bizarre, ineinander verlaufende Wasserflecken aufwiesen.
    »Das ist jetzt auch nicht mehr zu ändern«, erwiderte Caroline ungehalten. Die lange, anstrengende Arbeit hatte erste Spuren bei ihr hinterlassen. Sie kämpfte mit einem aufgerollten Filzballen,

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