Der Besucher - Roman
ich hinter unserem Haus auf den Feldern spielte.
Ich merkte, dass Betty und Mrs. Bazeley mich beobachteten und sich womöglich über mein Zögern wunderten. Ich neigte den Kopf zu der Muschel herunter … Aber genau wie Caroline hörte ich nichts, nur das schwache Sausen des Blutes in meinem Ohr – ein Geräusch, das ein überreiztes Gemüt natürlich leicht zu etwas Unheilvollerem umdeuten konnte. Während ich mich wieder aufrichtete, musste ich über mich selbst lachen.
»Ich glaube, Miss Caroline hatte schon recht mit ihrer Vermutung«, sagte ich. »Dieses Sprachrohr muss mindestens sechzig Jahre alt sein. Wahrscheinlich ist der Schlauch längst verrottet; der Wind kann eindringen und verursacht diese Geräusche. Ich möchte fast behaupten, dass der Wind auch das Läuten der Dienstbotenklingeln verursacht hat.«
Mrs. Bazeley wirkte nicht überzeugt. Mit einem Seitenblick auf Betty sagte sie: »Ich weiß nich, Herr Doktor. Dieses Kind sagt schon seit Monaten, dass irgendwas Merkwürdiges im Haus is. Angenommen …«
»Dieses Haus fällt allmählich auseinander«, entgegnete ich mit fester Stimme. »Das ist traurig, aber wahr, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
Und um die Diskussion zu beenden, tat ich, was Mrs. Bazeley und Caroline längst selbst hätten tun können, wären sie nicht so durcheinander gewesen: Ich riss die Elfenbeinpfeife von der Kette ab, steckte sie in meine Westentasche und verschloss die Muschel stattdessen mit einem Korken.
Ich hatte angenommen, die Angelegenheit sei damit ein für alle Mal erledigt, und einige Tage herrschte wohl auch Ruhe im Haus. Doch am folgenden Samstagmorgen kam Mrs. Bazeley wie gewöhnlich in die Küche und bemerkte, dass das Geschirrhandtuch, das sie nach meinem Besuch wieder über die Sprechmuschel gehängt hatte und das seitdem ungestört dort gehangen hatte, irgendwie auf den Boden hinuntergefallen war. Sie nahm an, Betty sei dagegengestoßen oder es sei durch einen Luftzug aus dem Korridor hinuntergeweht worden, daher hob sie es mit spitzen Fingern auf und hängte es an seinen Platz zurück. Eine Stunde später bemerkte sie, dass das Geschirrtuch wieder auf dem Boden lag. Inzwischen hatte Betty ihre Arbeiten im Obergeschoss beendet und war ebenfalls in der Küche; diesmal hob sie das Handtuch auf und hängte es wieder über die Sprechmuschel. Dabei achtete sie besonders darauf, es fest in den Spalt zwischen der Holzhalterung und der Wand zu stecken, wie sie mir später mit ernsthafter Miene erzählte. Doch wieder löste sich das Tuch, und dieses Mal sah Mrs. Bazeley es von ihrem Platz am Küchentisch aus dem Augenwinkel fallen. Sie sagte, es sei keineswegs geflattert, wie von einem Luftzug bewegt; stattdessen sei es senkrecht auf den Boden gefallen, so als ob jemand es heruntergezogen hätte.
Inzwischen war sie ihrer eigenen Angst überdrüssig, und der Anblick des Geschirrtuchs brachte sie allmählich zur Verzweiflung. Sie hob es vom Boden auf und warf es auf eine Ablage, dann baute sie sich vor dem zugekorkten Rohr auf und schüttelte drohend die Faust.
»Mach nur so weiter!«, rief sie. »Du grässliches altes Ding! Das kümmert uns überhaupt nicht! Hörst du!« Sie legte Betty die Hand auf die Schulter. »Schau gar nicht hin, Betty. Komm, wir beachten ihn gar nicht. Wenn er weiter seine kindischen Faxen machen will, soll er doch ruhig! Ich habe genug!« Und dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ging zum Küchentisch zurück.
Sie hatte kaum zwei oder drei Schritte gemacht, als sie hörte, wie etwas mit einem leisen Ploppen auf den Küchenboden fiel. Sie drehte sich um und sah, dass der Korken, den ich eine Woche zuvor so fest in die Elfenbeinmuschel gesteckt hatte, herausgezogen oder -gestoßen worden war und zu ihren Füßen auf dem Boden rollte.
Und da verließ sie all ihr Mut. Sie stieß einen Schrei aus und stürmte zu Betty hinüber, die den Korken ebenfalls fallen gehört hatte, obwohl sie nicht gesehen hatte, wie er über den Boden gerollt war, und die beiden rannten aus der Küche und knallten die Tür hinter sich zu. Einen Augenblick verharrten sie zu Tode erschrocken im Gewölbegang; dann hörten sie Bewegung aus dem Stockwerk über sich und hasteten gemeinsam die Treppen hinauf. Sie hofften darauf, Caroline zu finden, und auch ich wünschte, sie wären lieber ihr begegnet. Ihr wäre es sicher gelungen, die beiden zu beruhigen und die Aufregung in Grenzen zu halten. Doch Caroline war unglücklicherweise bei Babb auf der Baustelle,
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