Der Besucher - Roman
Hochzeit ins Herrenhaus zu ziehen. Er wirkte überrascht, ja geradezu betroffen. Er habe angenommen, so sagte er, dass Caroline Hundreds verlassen würde; dass sie und ich in Gills Haus leben oder uns gemeinsam ein hübscheres Zuhause suchen würden. Am Ende erwiderte ich ihm, dass »noch nichts konkret« sei, dass Caroline und ich noch »die verschiedensten Möglichkeiten« durchspielen würden.
Etwas ganz Ähnliches sagte ich auch jetzt:
»Die Dinge werden sich schon irgendwie von selbst lösen. Du wirst sehen. Es wird sich schon alles klären, das verspreche ich.«
Sie wirkte frustriert, erwiderte jedoch nichts. Sie ließ sich wieder in meine Umarmung ziehen, doch ich merkte, wie sie angespannt zum Herrenhaus hinüberstarrte. Und nach einem Moment löste sie sich aus meinen Armen und ging schweigend weiter.
Wahrscheinlich hätte ein Mann mit mehr Erfahrung in Frauendingen anders gehandelt; ich weiß es nicht. Ich dachte mir immer, dass sich schon alles von allein lösen würde, wenn wir erst mal verheiratet wären. Ich knüpfte große Hoffnungen an diesen Tag. Caroline dagegen sprach von der Hochzeit – sofern sie überhaupt darüber sprach – immer noch mit einer befremdlichen Unbestimmtheit. Sie versäumte es, Kontakt mit Helen Desmond aufzunehmen; schließlich musste ich es doch für sie erledigen. Helen war hocherfreut, doch die lebhaften Fragen, die sie mir über unsere Hochzeitsplanungen stellte, machten mir erst klar, wie viel noch vorbereitet werden musste, und als ich das nächste Mal mit Caroline sprach, wurde mir mit Schrecken bewusst, dass sie sich bisher noch keinerlei Gedanken darüber gemacht hatte, was sie zur Hochzeit anziehen würde. Ich schlug ihr vor, sie solle sich doch von Helen beraten lassen, doch sie erwiderte nur, dass sie »keinen solchen Aufstand« wolle. Ich bot ihr an, sie nach Leamington zu fahren – was ich ja ohnehin schon länger vorgehabt hatte –, um ihr neue Kleidung zu kaufen, worauf sie sagte, ich dürfe mein Geld nicht verschwenden und sie würde schon »etwas aus den Dingen zusammenstellen«, die sie noch »oben in den Schränken« hätte. Ich stellte mir ihre unvorteilhaften Kleider und Hüte vor und schauderte innerlich. Also sprach ich im Vertrauen mit Betty und bat sie, mir ein paar von Carolines Kleidern zu bringen; und nachdem wir dasjenige herausgesucht hatten, das ihr unserer Meinung nach am besten passte, nahm ich es heimlich mit nach Leamington zu einer Damenschneiderei und fragte das Ladenmädchen, ob man mir dort ein Kostüm in der gleichen Größe anfertigen könne.
Ich erklärte ihr, das Kostüm sei für eine Dame, die in Kürze heiraten wolle, aber leider im Augenblick unpässlich sei und daher nicht selbst kommen könne. Das Mädchen rief noch zwei Kolleginnen hinzu, und die drei holten aufgeregt Schnittmusterbücher, rollten Stoffballen auseinander und gingen Knopfmodelle durch. Mir wurde klar, dass sie sich die Braut als eine Art romantische Invalide im Rollstuhl vorstellten. »Wird die Dame denn laufen können?«, fragten sie mich zaghaft, und: »Kann sie Handschuhe tragen?« Ich musste an Carolines stämmige Beine und ihre kräftigen, wohlgeformten Hände denken. Wir einigten uns auf ein schlichtes, schmal geschnittenes Kleid aus einem beigen Stoff, von dem ich hoffte, dass er ihrem braunen Haar und ihren haselnussbraunen Augen schmeicheln würde; dann bestellte ich noch einen schlichten Strauß aus blassen Seidenblumen und passenden Kopfschmuck aus den gleichen Seidenblumen. Das ganze Ensemble kostete gut elf Pfund, und ich musste dafür meine gesamten Kleiderbezugsscheine einlösen. Doch als ich erst einmal angefangen hatte, Geld auszugeben, fand ich plötzlich einen eigenartigen Gefallen daran. Ein paar Häuser neben dem Damenschneider befand sich Leamingtons bester Juwelier. Ich trat ein und ließ mir die Kollektion von Eheringen zeigen. Sie hatten nicht allzu viel Auswahl; die meisten waren Allerweltsringe, neun Karat, von heller blassgelber Farbe, die aussahen, als kämen sie von Woolworth. Von einem Tablett mit teureren Exemplaren wählte ich schließlich einen schlichten goldenen Trauring aus, schmal, aber schwer, für fünfzehn Guineas. Mein erstes Auto hatte mich weniger gekostet. Ich unterschrieb den Scheck mit schwungvoller Geste und versuchte trotz meiner Nervosität den Eindruck zu vermitteln, dass ich jeden Tag solche Summen ausgab.
Ich konnte den Ring nicht sofort mitnehmen, sondern musste ihn ein wenig weiten lassen, so
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