Der Besucher - Roman
das Ehepaar Baker-Hyde eingefunden. Man sah sie häufiger in der Gegend; Mrs. Ayres begegnete auf einer ihrer seltenen Einkaufstouren in Leamington der Ehefrau, Diana, und fand sie genauso reizend, wie sie es sich erhofft hatte. Unter dem Eindruck dieser Begegnung kam ihr jedenfalls die Idee, auf Hundreds ein »kleines geselliges Beisammensein« zu veranstalten, um die Neulinge in der Gegend willkommen zu heißen.
Das muss Ende September gewesen sein. Sie erzählte mir von ihren Plänen, als ich nach Rods Behandlung mit ihr und Caroline beisammensaß. Die Vorstellung, dass Hundreds Hall plötzlich irgendwelchen Fremden offenstehen sollte, beunruhigte mich ein wenig, was sich wohl auch in meinem Gesichtsausdruck zeigte.
»Ach, wissen Sie, früher haben wir hier zwei oder drei Feste im Jahr gegeben«, sagte sie. »Sogar während des Krieges ist es mir noch gelungen, regelmäßig ein Abendessen für die Offiziere zu veranstalten, die hier bei uns stationiert waren. Aber damals bekam man auch noch mehr für seine Lebensmittelkarten. Heute könnte ich kein Abendessen mehr auf die Beine stellen. Aber immerhin haben wir noch Betty. Ein Dienstbote macht bei solchen Veranstaltungen wirklich viel aus, und inzwischen kann man ihr ja so gerade eben zutrauen, mit einer Karaffe herumzugehen. Ich dachte da an eine Art kleinen Empfang, ein paar Getränke, nicht mehr als zehn Personen. Vielleicht die Desmonds und die Rossiters …«
»Sie müssen selbstverständlich auch kommen, Dr. Faraday«, sagte Caroline, nachdem der Satz ihrer Mutter unvollendet in der Luft hängen blieb.
»Ja ja, natürlich«, sagte Mrs. Ayres da, »natürlich müssen Sie auch kommen.«
Sie sprach durchaus herzlich, jedoch mit einem kaum wahrnehmbaren Zögern, und ich konnte es ihr kaum verdenken, denn obwohl ich inzwischen ein regelmäßiger Besucher des Hauses war, konnte man mich wohl kaum als Freund der Familie bezeichnen. Doch da sie mich nun mal eingeladen hatte, zog sie die Sache unverdrossen durch. Mein einziger freier Abend war der Sonntag; normalerweise verbrachte ich ihn bei den Grahams. Doch Mrs. Ayres meinte, dass der Sonntag genauso gut geeignet sei wie jeder andere Abend, holte gleich ihren Kalender und schlug ein paar Termine vor.
Weiter kamen wir an jenem Tag nicht, und als sie die Feier bei meinem nächsten Besuch nicht mehr erwähnte, fragte ich mich schon, ob das ganze Vorhaben bereits im Sande verlaufen sei. Doch ein paar Tage später, als ich wieder einmal meine Abkürzung durch den Park nahm, traf ich Caroline. Sie teilte mir mit, dass nach eifrigem Briefwechsel zwischen ihrer Mutter und Diana Baker-Hyde endlich ein Abend festgelegt worden sei, der Sonntag in drei Wochen.
Da sie ziemlich wenig Begeisterung zeigte, meinte ich: »Sie klingen nicht besonders erbaut.«
Sie schlug den Kragen ihrer Jacke empor und zog sich die Ecken bis zum Kinn.
»Ach, ich füge mich einfach ins Unvermeidliche«, sagte sie. »Die meisten Menschen halten Mutter für furchtbar verträumt, aber wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, lässt sie sich nicht mehr davon abbringen. Rod meint, eine Abendgesellschaft sei bei dem momentanen Zustand des Hauses ungefähr so, wie wenn Sarah Bernhardt die Julia einbeinig spielen würde, und ich finde, er hat recht. Vielleicht bleibe ich an dem Abend einfach mit Gyp im kleinen Salon und höre Radio. Das erscheint mir viel unterhaltsamer, als mich für ein paar Leute in Schale zu werfen, die wir noch nicht mal kennen und wahrscheinlich gar nicht mögen werden.«
Sie wirkte unsicher und gehemmt, als sie das sagte, doch ihr ablehnender Tonfall kam mir nicht ganz ehrlich vor. Trotz ihres anhaltenden Murrens wurde deutlich, dass sie sich in gewisser Weise auf die Feier freute, denn während der nächsten Wochen war sie emsig damit beschäftigt, Hundreds Hall zu putzen und aufzuräumen. Oft band sie sich das Haar unter einen Kopftuchturban und begab sich gemeinsam mit Betty und der Zugehfrau, Mrs. Bazeley, auf Hände und Knie, um den Boden zu schrubben. Jedes Mal wenn ich das Haus besuchte, wurden Teppiche ausgeklopft, Bilder erschienen auf vormals leeren Wänden, und verschiedene Möbelstücke tauchten wieder aus der Einlagerung auf.
»Man könnt meinen, Seine Majestät persönlich kommt!«, sagte Mrs. Bazeley zu mir, als ich an einem Sonntag in die Küche ging, um etwas Salzlösung für Rods Behandlung vorzubereiten. Die Zugehfrau war außer der Reihe einbestellt worden. »So ’n Theater. Ich weiß ja nich
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