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Der Beutegaenger

Titel: Der Beutegaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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bescheren könnten. Aber irgendwann . . .«, sie legte das Schwämmchen, mit dem sie die Scheiben gereinigt hatte, beiseite und rupfte ein paar welke Blätter aus dem Schwimmpflanzendickicht nahe der Oberfläche, »... irgendwann werden sich die alten Krusten lösen, und die Karten werden neu verteilt. Und wenn ich in den vergangenen sieben Jahren eines gelernt habe, dann ist es Geduld, weiß Gott « Sie schob den Arm fast bis zur Achsel in das Becken und rammte eine entwurzelte Pflanze wieder in den lockeren Kies neben der Mangrovenwurzel. »Na, wenigstens dieser Werneuchen scheint ganz nett zu sein. Ich meine, ich dachte ja erst, er will mich verarschen, als er mich fragte, ob ich meinen Schreib... Oh nein «, unterbrach sie sich selbst. »Nicht meinen Schreibtisch Ob ich den Schreibtisch des Allmächtigen gefunden hätte. Aber später stellte sich dann heraus, dass er gar nicht den Tisch an sich meinte, sondern dieses komische Welcome-Survival -Paket, das er mir hingelegt hatte ... Wie? Was das sein soll?« Sie grinste. »Na ja, eine Packung Tee und ein eigener Becher dazu und so ein ziemlich geschmackloses Poster mit Polizistenwitzen drauf. Und eine Tüte Karamellbonbons. Du weißt schon, diese ganz besonders sahnigen, die dir sämtliche Zähne ziehen, wenn du nicht aufpasst ... Ja, das ist nett, nicht wahr? ... Und... Hey Aua Wenn du bitte etwas sanfter sein könntest, ja? Wie hältdenn deine Holde das aus, wenn du so wild bist?« Sie trat einen Schritt zurück und sah sich nach Despina, Da Pontes Gefährtin, um, die zu ihrer Freude bereits mit Feuereifer die Hohlräume unter der Mangrovenwurzel erkundete. Sie hatte sich ganz bewusst gegen eine Harems- und für eine Paarhaltung ihrer beiden Paradiesfische entschieden und beobachtete seither mit Stolz deren harmonisch-monogames Zusammenleben. »Ja doch, mein Dicker«, flüsterte sie, als Papageno, ihr dreijähriger Antennenharnischwels, nach vorn an die Scheibe kam. »Irgendwann sehen wir uns auch noch nach einer Gefährtin für dich um, was? Aber da sollten wir wirklich nichts überstürzen, weißt du ... Ich meine, du kennst dich, nicht wahr? Es ist nicht leicht, mit dir auszukommen, und ... Ja, klar, Da Ponte ist auch nicht immer pflegeleicht, das stimmt schon. Aber Paradiesfische sind nun einmal keine solchen Einzelgänger wie ihr Welse und... Ja doch, ich weiß, dass ihr nicht besonders gut miteinander auskommt, Da Ponte und du, aber so ist das nun mal im Leben. Man kann sich die Gesellschaft, in die man gerät, leider nicht immer aussuchen.« Sie bückte sich auf Augenhöhe zu ihrem Wels hinunter und lächelte. »Sollen wir denn mal nachsehen, ob wir im Gefrierfach noch ein paar Erbsen für dich finden? Sollen wir?« Sein Einverständnis voraussetzend, kramte sie eine Packung mit Tiefkühlerbsen aus dem Eisfach ihres Kühlschranks und warf eine Handvoll ins Wasser. Dann klappte sie den Deckel des Beckens zu und setzte sich auf ihren Beobachtungshocker.
    Irgendwann merke ich das nicht mehr, dachte sie bei sich, während sie Papageno beim Fressen zusah. Irgendwann vergesse ich, dass ich nie eine Antwort bekomme. Irgendwann kommt der Tag, an dem ich mich endgültig mit der Stille, die mich umgibt, abgefunden habe. An dem ich meine eigenen Gedanken für Gespräche halte. Dieser Tag war gefährlich,dessen war sie sich durchaus bewusst. Aber sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte, um ihn abzuwenden. Haben Sie jemanden, mit dem Sie reden können?, hatte Dr. Zilcher, ihr Therapeut, sie bei ihrem Abschied aus der Institution, die sich selbst euphemistisch ein »privates Sanatorium« nannte, gefragt. Jemanden, der Ihnen zuhört, wenn Sie Probleme haben?
    »Tj a, ich schätze, das mit dem Zuhören ist nicht das Problem, was, Jungs?«, sagte sie laut, halb an sich selbst, halb an ihre Mitbewohner gewandt, wobei sie automatisch mit dem allabendlichen Durchzählen ihrer Zwergfadenfische begann, die die dritte und letzte Fischart stellten, die sie in ihrem Aquarium hielt. Dabei fiel ihr auf, dass ein paar dieser an und für sich überaus ruhigen und freundlichen Beckenbewohner sich irgendwie merkwürdig verhielten. Anders als sonst. Sie rückte ihren Hocker noch ein Stück näher heran und begann von Neuem zu zählen.
    »Okay, da haben wir Willi, Wendelin und ... ja, ich sehe Werner ... Wichtelmann, Wladimir und ... Hallo, John!« John Sinclair war der mit Abstand aufgeweckteste und selbstbewussteste Vertreter seiner Art, weshalb sie es als durchaus angemessen

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