Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
Schränke nach etwas Essbarem zu durchstöbern. Sie mussten bereits so viel aufräumen, rekonstruieren, erklären, reparieren. Eigentlich hätte
die Produktion letzte Nacht beendet sein sollen. Es gab keine Erklärung dafür, warum sie so lange dauerte, es war einfach saumäßiges Pech. Bis heute war Mann der Überzeugung gewesen, dass jeder seines Glückes Schmied ist, dass man sein Schicksal selbst in den Händen hält. Doch inzwischen war sie sich da nicht mehr so sicher.
Sie nahm einen letzten Schluck warmes Wasser und verzichtete auf ein weiteres Glas. Mit einem weichen FrotteeHandtuch wischte sie die Finger- und Lippenabdrücke vom Glas, bevor sie es zu den anderen in den Schrank zurückstellte.
Je länger sie auf ihrem Posten blieb, desto länger schob sie das Unvermeidliche hinaus — den Bericht ans Büro von Industry, den Antrag auf ein zusätzliches Budget für die Aufräumarbeiten, das über das hinausging, was bereits veranschlagt war.
Sie holte ihr Handy hervor und wählte die Nummer von DG & A.
Vielleicht wollte man sie vom Job heute Nacht abziehen. Aber sie hatte noch einen Trumpf im Ärmel: Die andere Produktion lief bereits und konnte nicht mehr abgeblasen werden. Sie davon abzuziehen, wäre kurzsichtig und sinnlos. Sie hatte die Sache geplant; sie musste vor Ort sein, um sie erfolgreich durchzuführen.
Ob das reichte?
Sie würde es bald erfahren.
O’Neal stöpselte den Funkscanner vom Armaturenbrett ab und hakte ihn unter seinem Gürtel ein. Im Haus gab es keinerlei Anzeichen für weitere Leichen, und das fing an, ihm
Kopfschmerzen zu bereiten. Die Rettungskräfte hätten inzwischen etwas finden müssen. Selbst wenn es sich um zwei gerillte Leichen handelte.
Allerdings hatten er und A. D. auch nichts gefunden, als sie das ganze Haus durchsucht hatten. Sie waren zwar von Hardie unterbrochen worden, aber trotzdem — sie hätten sie finden müssen . Was hatten sie übersehen? Was passte nicht ins Bild?
Ein kleiner, paranoider Bereich von O’Neals Gehirn fragte sich, ob die Schauspielerin überhaupt im Haus gewesen war. Er hatte sie seit der Verfolgungsjagd durch den Canyon nicht mehr zu Gesicht bekommen. Mann hatte angeblich ihre Stimme gehört, mithilfe eines superstarken Kugelmikrofons, doch das könnte auch was anderes gewesen sein. Jemand anderes.
War sie wirklich im Haus gewesen?
Oder war sie ihnen schon vor Stunden entwischt?
Verdammt, er hoffte, dass dieser beschissene Tag bald vorbei war. Die ursprüngliche Produktion wäre innerhalb weniger Sekunden beendet gewesen. Doch inzwischen hatte sie sich zu dieser riesigen, ausufernden, endlosen Angelegenheit ausgewachsen — zu einer Produktion, wie sie schlimmer nicht sein könnte. Er hatte auch früher schon den einen oder anderen chaotischen Auftrag erlebt, aber nichts Vergleichbares wie das hier.
Tja, ihm blieb nichts anderes übrig, als die Ohren aufzusperren. Vielleicht bekäme er auf ein paar Fragen eine Antwort, sobald er auf dem Dach dieses Schlosses war.
O’Neal wollte gerade aus dem Lieferwagen steigen, als die vordere Haustür aufgestoßen wurde und zwei Feuerwehrmänner
herausgestürzt kamen. Sie machten einen verwirrten Eindruck, als hätten sie die letzten paar Minuten in einem Gruselkabinett verbracht, sich anschließend durch eine kleine Tür gezwängt und wären in Poughkeepsie, New York, gelandet.
Hinter den Feuerwehrleuten waberte Rauch ins Freie; es schien, als wäre das gesamte Erdgeschoss davon erfüllt.
Stand das Schlösschen etwa auch in Flammen?
Nein. Das konnte nicht sein, es sei denn, ein schmales Band aus Feuer hätte den Alta Brea Drive übersprungen und wäre wie ein lodernder Meteor auf das Dach von Smileys Schloss gekracht. Langsam setzten sich die Rädchen in O’Neals Kopf in Bewegung, und nach ein paar Sekunden kapierte er plötzlich, was es mit dem Feuer auf sich hatte und warum sie bislang keine Leichen gefunden hatten. Er knallte die Autotür zu, legte einen anderen Gang ein, bretterte die Auffahrt zurück und raste den Durand Drive wieder hinauf.
»Mann, ich glaub, ich weiß, wo sie sind.«
Ein lautes Knarzen dröhnte in seinem Ohr. »Bist du dir sicher?«
O’Neal erzählte ihr kurz von seiner Beobachtung, und was er vermutete.
»Wie zum Henker konnten wir das übersehen?«, fragte Mann.
»Keine Ahnung, aber das ist die einzig sinnvolle Erklärung.«
»Ich bin gleich oben.«
»Das dauert zu lang. Bin schon unterwegs.«
Während Hardie die Kreuzung Durand und Heather
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