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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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geglitten, wie…
    wie… hört sich komisch an.«
    »Sag schon!«
    »Wie ein Pizzafladen, du weißt, am Bahnhof gibt’s einen Italiener, der hinter dem Fenster den Teig dreht und in die Luft wirft.«
    »Den Kerl konnte ich noch nie leiden«, sagte ich und hörte sie lachen. »Ohne Scherz, alles in Ordnung, außer dass mir etwas fehlt. Rat mal, was.«
    »Wann kommst du?«
    »In drei Tagen.«
    »Ich freue mich auf dich.«
    »Ich auch.«
    Jetzt ging es mir schon besser.
    33.
    Von der Terrasse der Villa hatte man einen berauschenden Blick auf Es Vedra. Einer Kathedrale gleich hob sich die Insel aus dem tiefblauen Wasser, graubraun, baumlos, schroff und wohl an die vierhundert Meter hoch. Sie lag etwa drei Kilometer südlich der Cala d’Hort, einer traumhaften Bucht, die mein Gastgeber als Baugrund für seine Villa gewählt hatte, zu einer Zeit, als hier noch gebaut werden durfte. Inzwischen, so hatte ich gehört, stand der gesamte Küstenabschnitt unter Naturschutz. Das bedeutete Baustopp für immer. Oder eben genau bis zu dem Tag, an dem Interessenvertreter die Genehmigung für einen Golfplatz durchgedrückt haben würden.
    Die Gäste verteilten sich um das Schwimmbecken. Sie standen in Grüppchen, hielten ihr Glas in der Hand und hörten dem jeweils Lautesten in der Runde zu, hatten dabei jedoch ein Auge auf die anderen Gruppen und auf Neuankömmlinge, um gegebenenfalls den Standort zu wechseln. Nur nichts verpassen. Don Jaime, der Villenbesitzer, war, wie ich aus den Gesprächen der Gäste mitbekam, bekannt für seinen einflussreichen Bekanntenkreis.
    Ich stellte mich in den Schatten einer Säule und hörte zwei ältere Frauen raunen, das Haus sei nach biblischer Vorlage gebaut. Dabei blickten sie in die Wolken, als hätte der Herr im Himmel den Zeichenstift persönlich geführt. Das Anwesen stünde auf phönizischen Grundmauern, der Garten sei maurischen Ursprungs und der Springbrunnen in der Eingangshalle ein frühchristliches Taufbecken, gemeißelt aus einem einzigen Marmorblock. Sie sprachen von Statuen, die entweder aus griechischen oder römischen Zeiten stammten, so genau wussten sie das nicht, waren sich aber in einem ganz sicher, dass nämlich der gesamte Komplex von illegalen marokkanischen Arbeitern errichtet worden war.
    »Ja, auch das angebaute Haremshäuschen, das einzig und allein mit dem Schlafzimmer des Hausherrn verbunden ist, süß, nicht wahr?«
    Den Hausherren hatte ich bislang noch nicht zu Gesicht bekommen. Dafür kam Bodo Quast auf mich zu. Ein
    babyblauer Safari-Anzug spannte sich über seinem Bauch:
    »Schön, dass Sie gekommen sind. Schampus? Caipirinha? Zu essen gibt es drüben im Kreuzgang.«
    »Bratheringe und Dinkelbrot?«
    »Wäre zu schade, das war nur für engste Freunde bestimmt.
    Im Ernst: Gambas vom Bratblech, Tintenfisch, Salate, Schinken – die üblichen Vorspeisen. Nachher gibt es kubanisches Schwein, in einer Sandgrube gebacken, eine Spezialität aus Seefahrerzeiten. Entschuldigen Sie mich, aber ich mache für Don Jaime den Empfang, er kommt erst später.«
    Mit ausgebreiteten Armen ging Quast neuen Gästen
    entgegen, unter ihnen eine große Frau in blauem Glitzerkleid.
    Ihre beiden Begleiter waren einen halben Kopf kleiner als sie, trugen weiße Leinenanzüge und schwarze Brillen.
    Den Getränketresen teilte ich mit einer blondierten Afrikanerin, einem auf edel getrimmten Punk und einem Zopfträger, der das Elend der Dritten Welt auf Johannes Gutenberg schob: »Ohne die Erfindung des Buchdrucks gäbe es heute in Afrika paradiesische Zustände.« Die Schwarze schien da so ihre Bedenken zu haben, was wohl mit dem Nachschub an Haarfarbe zu tun hatte. Der Punk machte den Mund auf, zeigte eine durchstochene Zunge und erwiderte dem Zopfträger: »Norbert, du hast sie ja nicht mehr alle!«
    Ein Mann in gelben Pluderhosen trat hinzu und warnte vor Essen aus Aluminiumtöpfen: »Schutt Cola in ‘nen Alutopf und in null Komma nix haste Silberbronze, mit der du Ofenrohre anstreichen kannst.« Mit Coca-Cola bekäme man jede Kultur kaputt, warf der Zopfträger ein.
    Nun wäre es an mir gewesen, vor Rockern und Rattenfallen zu warnen. Ich ließ es bleiben, füllte ein Glas mit Mineralwasser und bewegte mich zum Schwimmbecken.
    Hier lagerte eine Gruppe von Residenten, erkennbar an den Sorgen, die sie teilten: »Mein Nachbar, ein Amerikaner aus Oregon, hat als Erstes ein Fernrohr aufgestellt; angeblich, um Ufos zu beobachten, die um die Insel Vedra kreisen. In Wirklichkeit guckt er in

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