Der Bienenfresser
la marinera‹, den Reiseintopf nach Fischermannsart. Die anderen Gäste bestellten das Gleiche, etwas anderes gab es auch gar nicht.
Es schmeckte hervorragend. »Wenn du noch mal in diese Gegend kommst«, hatte Kapuste zu mir gesagt, »dann geh in die Cala Mastella zu Don Bigote, der Schnauzbart macht den besten Fischeintopf der Insel.«
Keine Übertreibung. Auch Cetin war begeistert.
»Und jetzt?«, wollte er wissen.
»Jetzt besuchen wir den Mann, der mir den Tipp verraten hat und der mir vielleicht auch in anderen Dingen einen guten Rat geben kann.«
»Uns, Chefe.«
»Uns!«
Wir fuhren zurück zur Landstraße, dann entlang der Küste durch Buschland und Garigue mit gelegentlichen Ausblicken aufs Meer. Auf Höhe der vorgelagerten Insel Tagomago verließen wir die Küstenstraße, eine Viertelstunde ging es über Steine und Baumwurzeln einen kaum erkennbaren Weg bergauf.
Schon von weitem rochen wir den Rauch. Als wir über den Scheitelpunkt der Anhöhe kamen, sahen wir den dunklen Fleck in der Landschaft. Mittendrin und umgeben von verkohlten Pinienstümpfen die Rohrkonstruktion des Wohnwagens, in dem ich bei meinem ersten Ibiza-Besuch übernachtet hatte.
»Sieht nicht gut aus«, sagte Cetin.
Wir blickten uns um. Die nicht brennbaren Teile des Wohnwagens bildeten zusammen mit angekokelten Büchern und Bildern und zerborstenen Flaschen ein einziges Wirrwarr.
Etwas abseits stand ein unversehrter Liegestuhl. Von dem Mann, der darin lag, konnten wir nur die Hosenbeine und die dicken Wanderschuhe mit den Schafwollsocken sehen.
Kapuste.
Er schlief. Oder er tat nur so. Denn als wir uns näherten, hob er die Hand, schaute gegen die Sonne und sagte: »Noch keine vier Uhr.«
Ich machte ihn und Cetin miteinander bekannt und hatte das Gefühl, dass sie sich auf Anhieb mochten.
»Ja, gestern«, antwortete Kapuste auf meine Frage. »Was nicht verbrannt ist, hat das Löschflugzeug zerstört. Kam gerade nach Hause und hab noch gesehen, wie es die Bauchklappe öffnete – wie ein Block stürzte das Wasser vom Himmel herab.
Die Guardia Civil meint, ein Flaschenboden im Gras könnte den Brand ausgelöst haben. Oder eine weggeworfene Zigarettenkippe. Dann müssen aber vier Leute gleichzeitig geraucht haben, hab ich denen gesagt und auf die
verschiedenen Brandherde gezeigt. Um ein Haar hätten sie mich mitgenommen, naseweise Ausländer sind nicht gern gesehen.«
»Also Brandstiftung, aber warum?«
»Spekulanten. Der ganze Küstenstrich hier rundherum gilt als grüne Zone und darf nicht bebaut werden. Ist das Gelände aber erst mal abgebrannt, sieht die Sache anders aus. Oder der Anschlag hat mir gegolten.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Na ja, ich hab heute Morgen das hier gefunden.«
Er führte uns zu einer Pinie. Am geschwärzten Stamm hing in Augenhöhe ein leuchtend bunter Vogel, jemand hatte die gespreizten Flügel angenagelt. Das rotschwarzgelbe Köpfchen mit dem spitzen Schnabel war auf die blau gefiederte Brust gesackt. Selten hatte ich ein so trauriges Bild gesehen.
»Sieht aus wie so ein Voodoo-Scheiß«, sagte Cetin.
»Ein Bienenfresser, die kommen in Schwärmen von Afrika, einige brüten hier.« Kapuste beugte sich nach vorn. »Sie sind das Markenzeichen dieser Typen, vor ein paar Tagen waren sie bei mir.«
»Die Kerle, die hier mal umhergestrichen sind, mit Jagdgewehr und Rottweiler?«
Kapuste nickte. »Das Unterholz sei so trocken, haben sie gesagt, ob ich nicht Angst hätte, dass da mal ein Brand ausbricht.«
»Was soll das?«
»Ich glaube, sie haben mir meine Nachforschung wegen Kristines Tod übel genommen – und meinen Umgang mit Ihnen.«
»Tut mir Leid.«
Kapuste winkte ab. »Mir tut Leid, dass ich euch nichts anbieten kann.« Er machte eine Armbewegung in die Runde.
»Meine Spritvorräte futsch, die Farben weg, die Bilder verbrannt, aber nicht alle, einige hängen zum Glück in einer Kneipe in San Antonio.«
Er fasste in seine Hosentasche, legte nacheinander Zigarettenpapier, Feuerzeug, ein Stück Pappe und eine Plastiktüte mit Marihuana vor sich auf die Liege. »Eigener Anbau, von der Lichtung da hinten.« Mit dem Kinn wies er an dem Wohnwagengerippe vorbei in den Wald. »Nun guckt mal nicht so mitleidig. Manchmal ist so was auch eine Art Befreiungsschlag. Hatte sich sowieso schon wieder zu viel angesammelt.« Während er sich einen Joint baute, fragte er:
»Was haben Sie denn nun so vor, Schlömm?«
»Ich dachte, dass wir zu dem Institut fahren und nach Dora fragen.«
»Einfach
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